Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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rohe und wüste Gesellschast, die noch nicht ganz die 
Zeiten, in denen der Sklavenhandel hier im höchsten 
Schwunge war und ebenso wie der früher sehr be- 
deutende Elfenbeinhandel große Verdienste abwarf, 
vergessen kann. Sie werden sich allmählich auch an 
Zucht und Ordnung gewöhnen müssen. Die Polizei- 
abtheilung muß deshalb und auch der großen Aus- 
dehnung der Stadt wegen eine starke sein. 
Die Araber und die anderen Händler in Udjidji 
sowie die Eingeborenen haben die endliche Begrün- 
dung einer deutschen Station am Tanganyika mit 
Freuden begrüßt, weil sie nun ein Wiederaufblühen 
des Handels erwarten. 
Die Belgier haben zur Zeit drei Stationen am 
Tanganyika. Mtoa ist die Hauptstation und besetzt 
mit vier Europäern und etwa 100 Soldaten. Im 
Süden haben sie die Station Mpusto, wo ein Euro- 
päer mit wenigen Soldaten ist. Die dritte Station 
ist am Nordende des Tanganyika, in Uvira, ganz in 
der Nähe unserer Grenze; die Station ist besetzt mit 
zwei Europäern und 100 Mann und heißt Unjam- 
njanda oder Luwenga; detachirt von hier ist ein 
Posten von 7 Mann an der Lussisifähre. 
Ich bin dabei, die zerstreut wohnenden Wabwari, 
die mir wesentlich intelligenter und bildungsfähiger 
zu sein scheinen als die Wadjidji und Warundi und 
aus denen sich vielleicht tüchtige Soldaten machen 
lassen, zu sammeln und hier in der Nähe der Station 
anzusiedeln. 
Alle Sultane und Häuptlinge, mit denen ich 
durch Boten oder sonst welche Gelegenheit habe in 
Berührung zu treten, sind entweder selbst hergekommen 
oder haben Abgesandte hergeschickt. Aus allen Theilen 
des sehr stark bevölkerten Urundi, aus der ganzen 
Landschaft Udjidji, aus Uvinsa, aus Ukaranga, selbst 
aus einzelnen Theilen von Uha sind Gesandtschaften 
mit zum Theil ansehnlichen Elfenbeingeschenken hier 
gewesen. 
Ganz ablehnend verhalten sich nur die beiden 
Sultane Mtan und Luassa. Ersterer wohnt in 
Uvinsa, am Malagarassi und an dessen rechtem Neben- 
fluß Rutschugi, Letzterer wohnt in dem an Udjidji# 
grenzenden Theil von Uha. Beide sind berüchtigte 
und gefürchtete Straßenräuber, deren Rugarnga llei- 
nere und unbewaffnete Karawanen übersallen und 
ausplündern. Ich habe Beiden noch drei Monate 
Bedenkzeit gegeben und werde dann, falls sie auf 
ihrer Weigerung, sich zu unterwerfen, beharren 
sollten, ihre Bestrafung vornehmen. Beide haben 
nur geringen Anhang; wahrscheinlich hält nur ihr 
böses Gewissen und ihre Furcht sie ab, hier zu 
erscheinen; man muß mit diesen Leuten etwas Ge- 
duld haben. » 
Die französischen Missionare führen Klagen über 
einige Watonguesultane. 
Der Handel von Udjidji ist gegen früher er— 
heblich zurückgegangen; der Sklavenhandel hat ganz 
aufgehört und der Elfenbeinhandel liegt danieder, 
  
seitdem die Belgier die Elfenbeinausfuhr aus ihrem 
Gebiet nach dem deutschen Gebiet nach Möglichkeit 
zu verhindern suchen. 
Manyema und Uvira sind die beiden Haupt- 
elsenbeingebiete; während in Manyema fast nur 
Stoffe (Salz) zum Elfenbeinhandel gebraucht werden, 
sind im Norden des Tanganyika (Uvira, Usige, 
Nordurundi) nur kleine rothe Perlen (simsim) ver- 
käuflich, etwas Kupfer und Messingdraht. 
Der zweite und außerordentlich wichtige Handels- 
artikel ist das weit und breit berühmte Salz aus 
Uvinsa. Von hier wird fast ganz Manyema, die 
ganze West-, Nord= und Ostlüste des Tanganyika, 
ganz Urundi, ganz Uha, Uvinsa, Ukaranga, Utongue, 
Ufipa, Uniamwesi bis Tabora hin mit Salz ver- 
sorgt. Das Salz wird aus Salzquellen am Rut- 
schugi kurz vor seiner Einmündung in den Mala- 
garassi und an diesem selbst als fast reines Kochsalz 
gewonnen. Die Angaben über die jährlich ge- 
wonnenen Salzmengen gehen weit auseinander; die 
Angaben der intelligenteren Leute schwanken zwischen 
10 000, 50 000, 100 000, 500 000 vihiga;, b. h. 
Lasten von 25 bis 30 Pfund. Jedenfalls sind es 
ganz ungeheure Mengen. In der Trockenzeit, vom 
Juni bis zum Anfang der Regenzeit (November) 
strömen an dem Rutschugi Tausende von Menschen 
aus allen Himmelsrichtungen zusammen, um Salz 
zu kochen; in der Regenzeit, wenn der Rutschugi 
steigt, stehen die Salzquellen unter Wasser. Bis 
jetzt erhoben drei Sultane abwechselnd — jeder 
zwei Jahre — einen Salzzoll von den Eingeborenen. 
In der Annahme, daß dem Boden entstammende 
Reichthümer Eigenthum des Staates sind, und um 
dem Staat Einnahmen zu schaffen, habe ich im 
Namen des Gouvernements von den Salzquellen 
Besitz genommen und dort den Feldwebel Köhler 
mit 20 Askaris stationirt. Er hat den Befehl 
erhalten, für das Gonvernement eine Salzsteuer zu 
erheben. 
Wenn vielleicht in diesem Jahre die Salz- 
gewinnung nicht die gleich große sein wird wie 
sonst, so liegt das an der Furcht und dem Miß- 
trauen der Eingeborenen vor Neueinrichtungen und 
vor der Station. Die Salzkocher werden sich aber 
bei richtiger und vorsichtiger Behandlung, die ich 
dem Feldwebel vor allen Dingen zur Pflicht gemacht 
habe, bald daran gewöhnen, die Steuer an die 
Station abzuliefern, zumal sie bisher die gleiche 
Steuer an die Sultane haben abliefern müssen. 
Ich hoffe, daß durch diese Einrichtung dem 
Gonvernement ein sehr bedeutender Nußen erwachsen 
wird. Die ungefähre Höhe der Einnahmen wird 
erst nach der Salzkampagne, wenn ich mich so aus- 
drücken darf, zu schätzen sein. Der Vortheil wird 
noch erheblich größer, wenn es gelingt, das Salz 
den Malagarassi abwärts nach hier zu transportiren; 
ich hoffe dann auch für Udjidji einen lebhaften
	        
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