Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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Handelsverkehr; alle Händler müßten dann ihr Salz 
von hier holen. 
Eine regelmäßige Postverbindung mit Tabora, 
monatlich zweimal, ist wie befohlen 
worden. Da die Straße durch das Gebiet des 
unbotmäßigen Sultans Mtan noch nicht sicher ist, 
gehen jetzt immer vier bewaffnete Postboten zu- 
sammen. 
eingerichtet 
Sie erhalten als Lohn für Hin= und 
Rückmarsch je ein Gora Gamti = 7 Rupien und 
Wegzehrung (Poscho). 
Der Gesundheitszustand ist ein sehr wenig be- 
friedigender; die Europäer und Askari haben viele und 
heftige Fieber, was bei einem Neubau nicht anders zu 
erwarten ist. Inwieweit die örtlichen Verhältnisse dabei 
in Frage kommen, wird die Zukunft lehren. 
Das Klima ist im Allgemeinen sehr angenehm; 
eine besondere Hiße verspüren wir eigentlich nicht, 
obwohl jetzt die trockene Zeit ist, dagegen ist es 
morgens empfindlich kalt. In diesen Monaten wehl 
regelmäßig von vormittags 9 bis 10 Uhr bis 
nachmittags 5 bis 6 Uhr eine starke Süd= und 
Südwestbrise; des Abends und während der Nacht 
bis zum anderen Morgen weht eine weniger heftige 
Ostbrise. 
Am 24. Juni fuhr ich mit 30 Askaris, dem 
Unteroffizier Ullmann und 30 Trägern in der 
schönen Stationsdhau von Udjidji ab. Bei dem 
jetzt herrschenden starken Süd= und Südwestwinde 
kam ich nach dreitägiger schöner Fahrt in Usige 
bezw. bei dem Sultan Kiogoma an. Abends wurde 
an einer geschützten Stelle vor Anker gegangen und 
alle Leute wurden an Land gesetzt, um bequemer 
abkochen zu können. Da der See überall bis dicht 
an Land sehr tief ist, kann die Dhau sehr nahe an 
Land heran und das Aus= und Einschiffen machte 
keine Schwierigkeiten. Beim Morgengrauen ging 
es weiter, zunächst mit dem nachts und morgens 
bis 9 und 10 Uhr herrschenden Ostwinde. 
In Kiogomas Dorf, wo wir famos ausgenommen 
wurden und riesige Mengen von Lebensmitteln 
(Bananen, Schafe, Ziegen, Mehl, Hühner, Eier, 
Honig und gute Bananenpombe Insogas) bekamen, 
schlichtete ich einige schwebende Streitigkeiten. 
Am 28. Juni marschirte ich am Tanganyika 
entlang nach der Grenzlandschaft Kafagga und 
passirte dabei den Punkt, an dem Dr. O. Bau- 
mann bei seiner Nilquellen-Entdeckungsreise den 
Tanganyika erreichte. 
Auf dem Marsch wurden wir von mehreren 
Hundert bewaffneter Warundi und von dem Sultan 
(mami = König) Kiogoma begleitet; die ganze Gesell- 
schaft war in sehr lustiger Stimmung und während 
des ganzen Marsches wurde gesungen und getanzt. 
In Kafagga regiert der junge, sehr nette Sultan 
Tfimpa, ein Freund des Kiogoma; Kafagga wird 
im Westen von dem Lussisi begrenzt und ist die 
eigentliche Grenzlandschaft; hier wiederholte sich der 
großartige Empfang. In dem Dorf des Tsimpa, 
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dessen Vater auf Anstiften des Sultans Kianamsango 
von den Belgiern hingerichtet worden ist, ist ein 
sehr großer Markt (soko), auf dem sich täglich 
morgens und abends Hunderte von Männern, 
Weibern und Kindern versammeln und ihre Bedürf- 
nisse einkaufen; feilgehalten wird Alles, was die 
Leute hier zu ihrer Nahrung, Kleidung, zu ihrem 
Schmuck, zu ihrer Arbeit 2c. brauchen: Palmöl, 
Butter, alle Feldfrüchte, Rindenstoffe, Hacken, Netze, 
Ziegen, Schafe, Hühner, Fische, einheimische Medi- 
kamente und Gewürze, Waffen, kurz Alles, was des 
Negers und der Negerin Herz begehrt. Zahlung 
wird fast ausschließlich mit kleinen rothen Perlen 
(simsim) geleistet. Diese Perlen bilden den Haupt- 
schmuck der Warundimänner und Frauen und Manche 
tragen in kurzen und langen Ketten um den Hals 
  
  
  
und um Brust und Schultern mehrere Pfund Perlen 
am Leibe. Die hellrothen Perlen sehen übrigens 
auf den blanken, schwarzen Körpern ganz nett aus. 
Zum Detailhandel werden die Perlen auf Fäden 
gezogen; eine halbe Armlänge, die einen Werth von 
1 Pesa hat, heißt Hembe oder Kute, zehn solche 
Reihen zusammen 10 Pesa heißen: Tschumi oder 
Fundo. 
Außer den Perlen tragen alle Leute (Männer, 
Frauen und Kinder) an Armen und Beinen dicke 
und dünne Messing-, Kupfer= und Eisenringe, die 
mitunter sehr schön gearbeitet sind. 
Urundi ist ein Staatenbund; alle Sultanc bezw. 
Könige (mami) gehorchen dem obersten Mami 
Muéêsi. Nach dem, was ich während dieser Reise 
habe in Erfahrung bringen können, lebt der Mussi: 
er wohnt in den hohen Bergen östlich von Kiogoma 
und heißt auch Kissauv. Mir ist gesagt warden, 
daß Kiogoma sehr befreundet mit ihm ist. 
Vor etwa vier Jahren war vom Kivusee ein 
Mann Kianamsango mit einem kleinen Anhang von 
Waniambungu ins Land gekommen und hatte sich 
mit Hülfe des Sultans Russavia von Usumbura 
zum Sultan gemacht, dann zum Mussi erklärt 
und nach und nach einen großen Anhang gewonnen. 
Einige Sultane, wie Tfimpas Vater und Kiogomas 
Bruder von Uramata, wurden auf sein Anstiften von 
den Belgiern aufgehängt; das Land derselben nahm 
er in Besitz und vertheilte es an seine Söhne, Ver- 
wandten und Waniamparas. In den vier Jahren 
hat Kianamsango 21 große Elfenbeinzähne an die 
Belgier abgeliesert, um sich deren Freundschaft und 
Unterstützung zu sichern. 
Von allen Seiten wurde ich gebeten, den ge- 
fürchteten Psendo-Mucsi Kiniamsango aus dem 
Lande zu jagen. Ich habe es auch gethan mit 
Hülfe der Sultane Kiogoma, Tfimpa, Kakale von 
Uganda und einigen anderen, die in Summa mit 
etwa 1000 Kriegern mitzogen. Den richtigen Mussi 
hatte ich benachrichtigen lassen. Vor dieser großen 
Macht hielt natürlich Kiniamsango nicht Stand und 
floh; damit war der Zweck erreicht. Sein Vieh
	        
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