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Weiber, Nichtkrieger in den Bergen versteckt; sämmt-
liche Krieger im Kriegslager südwestlich Iringas
um Quawa konzentrirt.
Eine halbe Stunde vor Iringa zogen sich die
Patronillen, als ich Schauri anzuknüpfen versuchte,
johlend in die Stadt zurück; hinter den Mauer-
trümmern und Büschen westlich derselben lanerlen
bewaffnete Abtheilungen.
Trotzdem hielt ich die Truppe zurück, mußte
jedoch, um Schauri zu ermöglichen, selber unbewaffuct
und allein an die Krieger herangehen, an dieser
Stelle theilweise „Gesandte“, die vor Kurzem noch
in Dar-es-Saläm und Kilossa gewesen.
Ich habe alles Friedliche versucht. Zehntägige
Schauris blieben erfolglos. Der Quawa schickte eine
Menge aufgeputzte Wassagira, durch die er Zeug
und Gewehrc „erbitten“, mir den baldigen Abmarsch
aus Uhehe anheimstellen und seine Erlaubniß zur
Stationsanlage unweit Marore (eine Dornenwüste)
übermitteln ließ.
Auf die von mir zur Beseitigung seines angeb-
lichen Mißtrauens vorgeschlagene Blutsfreundschaft
verzichtete er; sein Vater habe auch nicht mit Euro-
päern verkehrt.
Meine Erlaubniß, für seine Person fern zu
bleiben und zum Verkehr mit mir, bis er sich von
europäischer Loyalität überzeugt, sich vermittelnder
Wassagira zu bedienen, nahm er scheinbar an. Ich
ließ eine für Station günstige Stelle zwei bis drei
Stunden östlich Iringas erkunden und schaffte die
vielen Lasten dahin. Während er aber die Rückkehr
der Leute bis zum 31. versprach, schaffte er Weiber
und Vieh derselben, theilweise mit Gewalt, nach
dem 35 Stunden entfernten Ubenalande und schickte
mir erst dann, wie zum Hohne, Kilossaboten zu,
die jene Station am 3. August mit der Post des
Kaiserlichen Gouvernements über Iringa an den
Lieutenant Graf Fugger gesandt und die er seit
dem 8. August festgenommen hatte. Ich erwähne
noch, daß die vom Araberwali Kondoas seinerzeit
gehißte Flagge an einem krummen Holze weit von
der Residenztembe in kothigem Gebüsch wehte, wäh-
rend auf dem eigentlichen hohen Flaggenhügel, den
der Quawa vor seiner Tembe hat aufwerfen lassen,
ein Geschützsattel der Zelewskiexpedition prangte.
Als mittags des 31. Ueberläufer, deren Weiber
gebunden fortgeschleppt worden waren und die selber
wegen Verdachts der Friedensliebe hatten getödtet
werden sollen, zu mir flüchteten, marschirte ich augen-
blicklich mit fünf Europäern, 113 Mann, zwei
Maxims ab, sprengte gleich vier Stunden westlich
Iringas ein gut ausgebautes Lager von mindestens
6000 Mann (der äußere Doppelhüttenring hatte
allein 1600 Schritt Umfang), jagte sie in die wil-
deste Flucht, schloß sofort energische Verfolgung der
Hauptspuren an, lagerte am 1. September in der
Haupttembe Mpangires, Bruders des Quawa, passirte
am 2. September in Mbueni zwei weitere Lager für
je 700 bis 1000 Mann, Ubenakontingent, war am
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Vormittag des 3. September in Kidunda, riesige
Haupttembe (etwa 3 km Umfang) des Quawa in
Ubena fast 40 Stunden südwestlich Iringas, schickte
hier die Truppe in verschiedenen Abtheilungen los
und hatte bis zum Abend des 4. September über
2000 Stück Vieh aufgespürt und erbentet.
Hierbei ist es zu einseitig blutigen Zusammen-
stößen zwischen Wahehe und Truppe gekommen; die
Schnelligkeit unserer Märsche, die völlig über-
raschenden Angrisse jagten dem numerisch kolossal
überlegenen Feind panischen Schrecken ein.
Damit war, obgleich ich es damals nicht wissen
konnte, die Angelegenheit in der Hauptsache erledigt.
Schon von Perondo aus hatte ich Station Langen-
burg mitgetheilt, daß Gerüchte gingen, der Quawa
wolle, wenn er hier nicht reüssire, im Süden Ubenas
ausbrechen und sich mit Mharule (Magwangwara)
vereinigen, mit welchem er seit Jahr und Tag
Gesandtschaften und Geschenke (Elfenbein, Vieh) aus-
getauscht hat.
Noch am 24. August, also während meiner
Iringaverhandlungen, sind zwei Wassagira mit
Elfenbein über Mbyeras zu Mharule abgegangen,
um Unterstützung gegen uns in Ubena zu erbitten
und mitzutheilen, daß, wenn der Kampf ungünstig
ausfiele, Quawa mit Kind und Kegel des reinen
Wahehestammes zu ihm auswandern würde.
Ich hatte am 6. August auf zwei verschiedenen
Wegen Botschaft an Langenburg geschickt, mit der
Bitte, einen Europäer, dreißig Hinterlader an der
Durchbruchsstelle zu posliren, wohin ich gleichzeitig
Kiwanga mit fünf Soldaten und einigen Hundert
seiner und Jagamangas Leute als Wache entsandte.
Desgleichen bat ich, die Küste des Nyassa zu über-
wachen, da die Wangoni des Tutu auf englischer
Seite mitbetheiligt sein sollten; ebenso bei Mharule
durch Raschid bin Massand, an den ich gleichfalls
Warnung für ersteren richtete, Schritte zu thun.
Da ich von Langenburg nichts hörte, wiederholte
ich am 6. September von Ubena aus jene Bitte in
Form einer Requisition und schickte Antrag nach
Kilimatinde um 1 bis 2 Europäer, 60 Mann,
1 Maxim. Ich selber sandte gleich Lieutenant Graf
Fugger mit 1 Unteroffizier, 38 Mann, 1 Maxim
in die Durchbruchsgegend. Mit dem Rest der
Truppe trieb ich das Vieh unter großen Schwierig-
keiten bis Mbueni, 20 Stunden westlich Iringa,
wohin ich den Feldwebel Spiegel mit 30 noch
marschfähigen Soldaten aus Iringa kommen ließ.
Während ich am 15. Lieutenant v. Stocki mit
Arzt Dr. Stierling und 52 Mann ebenfsalls in
die Durchbruchsgegend sandte, trieb ich mit Feld-
webel Spiegel, Unteroffizier Hammermeister,
1 Magxim und dem Rest der Mannschaft das Vieh,
zu dem noch einige Hundert hinzugekommen, eiligst
nach Iringa, um die Verhältnisse daselbst zu erfahren.
Am 17. erhielt ich über Perondo, Iringa Mit-
theilung Langenburgs, daß meinen Bitten Folge
geleistet sei: Wache am Ameliabai Feldwebel Hägele