Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

Verhältniß zur gewonnenen Faser ein enormes Ge— 
wicht haben, und daß es sehr bedeutender Arbeits- 
kräfte bedarf, diese Massen nach der Maschine zu 
befördern. Ohne eine Bahn ist es gar nicht zu 
bewerkstelligen und deshalb soll man eine Pflanzung 
von Sisalhanf möglichst in ganz ebenem Gelände an- 
legen. Auf den Bahama soll man neuerdings 800 
bis 1000 Pflanzen Sisalhauf auf 1 Aere, also 
2000 bis 2500 Pflanzen auf 1 ha pflanzen. Jede 
Pflanze soll 1 kg Faser im Jahre liefern, das 
wären 2000 bis 2500 kg auf 1 ha. Ich habe 
diese Zahlen aus dem „Kew Bulletin“ entnommen, 
füge aber hinzu, daß die Engländer in allen solchen 
Fällen mir stark zu übertreiben scheinen. Semler 
giebt das Durchschnittserträgniß einer Pflanze im 
Jahre auf ¾ kg an. 
haben in 13 Jahren von 340 bis 1120 Mark die 
Tonne geschwankt. 
Fourcroya gigantca (Mauritiushauf). 
Unter diesem Namen befindet sich in dem bota- 
nischen Garten eine agavenähnliche Pflanze von 
kolossalen Dimensionen, deren Blätter jedoch nicht, 
wie Semler angiebt, „gleichmäßig schmal“, sondern 
mehr länglich lanzettlich, und auch nur im oberen 
Drittel ohne Stacheln, sonst aber am Rande 
mit wenigen großen unregelmäßigen, buchtigen, 
scharfen nach vorwärts gekrümmten Stacheln besetzt 
sind. Auch die Abbildung, die Semler von der 
„Cajun" giebt, stimmt nicht mit der Fourcroya des 
botanischen Gartens überein. Die Blätter sind ähn- 
licher denjenigen der „Sacci“, die Semler gleich- 
falls abbildet, jedoch kann es diese auch nicht sein, 
da die Blätter nicht bläulich bereift sind, und auch 
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Die Preise von Sisalhanf 
  
der Habitus durchaus ein anderer ist. In einem 
Katalog von Orottawa auf Teneriffe befindet sich eine 
Abbildung der Fourcroya gigantea, in welcher 
man auf den ersten Blick die Pflanze des botanischen 
Gartens in Victoria wiedererkennt. In der nächsten 
Blüthezeit wird sich die Frage, ob es Fourcroya ist, 
entscheiden lassen. Die Blätter der Pflanze werden 
bis 2 m lang. Sie wächst in dem fruchtbaren 
Boden von Victoria sehr rasch und dürfte mit zwei 
Jahren die ersten erntefähigen Blätter liefern. Die 
Vermehrung geschieht durch junge Pflanzen, die aus 
Bulbillen entstehen. Im botanischen Garten befinden 
sich etwa 20 ältere und 500 junge Exemplare 
Die Pflanzweite müßte 4 m wenigstens nach einer 1 
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Richtung betragen. Auf den Hektar könnte man 
daher etwa 625 Pflanzen rechnen, welche jährlich 
625 kg Faser liefern. Merkwürdigerweise hat noch 
keine der Pflanzen im botanischen Garten einen 
langen endständigen Blüthenschaft gebildet, sondern 
es treten öfters seitlich am Stamme kleine Blüthen= 
schäfte hervor, an denen sich zahlreiche junge Pflanzen 
bilden, ohne daß dabei die Mutterpflanze abstirbt, 
wie es bei der Bildung eines endständigen langen 
Blüthenschaftes der Fall ist. Neuerdings sollen 
Maschinen erfunden sein, welche den Sisal= wie 
Mauritiushauf befriedigend entfasern. Weichers 
Maschine soll 10 000 bis 12 000 kg grüne Blätter 
am Tage zu 560 bis 670 kg Faser verarbeiten. 
Der „Raspador" in Mukatan, bedient von zwei 
Leuten, soll täglich 200 kg trockene Faser liefern. 
Die Mauritiusmaschine, gleichfalls von zwei Leuten 
bedient, soll aus Fourcroyn 107 kg Faser pro Tag 
gewinnen. Die Fasern der Fourcroyn sind grob, 
aber fest. Sie werden meist zur Papierfabrikation 
benutzt. 
Sanseviera guineensis (Vogenstranghanf. 
Diese Pflanze wächst an mehreren Stellen im 
botanischen Garten. Die Blätter werden bis 1,80 m 
lang. Sie ist geradezu unverwüstlich und pflanzt 
sich durch unterirdische Ausläufer sort, so daß sie 
ein gefürchtetes Unkraut ist. Mit dieser Art hat 
die Firma Woermann u. Co. in Kamerun an 
mehreren Stellen Anbauversuche gemacht, welche 
jedoch wieder eingestellt worden sind. Die Kultur 
dieser Pflanze ist sicherlich einfacher und müheloser 
als diejenige von Sisal= und Mauritiushauf, des- 
gleichen die Ernte bequemer, da die Blätter stachel- 
los sind. Eine Tonne grüner Blätter giebt nach 
einer Notiz im „Kew Bulletin“ ungefähr 20 kg 
trockener Faser. Das ist verhältnißmäßig wenig, 
wenn man dagegen den Sisalhanf vergleicht, jedoch 
ist der Preis der Faser ein höherer und die Pflanze 
wächst schneller als die Agaven. Nach Semler 
sollen 40 Blätter ½ kg reiner Faser liefern und 
von einem Hektar sollen 1600 kg Faser gewonnen 
werden können. Die Richtigkeit der letzteren Ziffer 
bezweifelt jedoch Semler selbst. 
Im botanischen Garten wird neben der 8. gui- 
neensis noch eine zweite Art kultivirt unter dem 
Namen 8S. latifolia. Sie besitzt breitere, aber kür- 
zere Blätter als die S. guineensis, weche auch 
nicht so lebhaft gefärbt sind wie diejenigen dieser Art. 
Ananas (Ananassa sativa). 
Die Ananas wird in der Regel nur der Frucht 
wegen kultivirt, und die Blätter erreichen hierbei 
nicht die Länge, welcher zur Produktion einer guten 
Faser erforderlich ist. Geht man darauf aus, die 
Pflanze nur der Blätter bezw. Faser wegen zu 
züchten, so pflanzt man sie in niedrigen Busch und 
Unkrant, wo sie schattiger steht und im Ringen nach 
Luft bedeutend längere Blätter entwickelt. Ananas- 
hauf wird besonders auf Formosa und der Insel 
Hainan in China gewonnen, wo er zu Unterkleidern 
und zu dem Kleidungsstück verarbeitet wird, welches 
die Landleute als einziges bei warmem Wetter 
tragen. Im botanischen Garten gedeiht die Ananas 
sehr üppig und entwickelt an sandigen Standorten 
Blätter von 1 m bis 1,70 m Länge. Etwa zehn 
Ananasblätter wiegen 1 Pfund, eine Tonne enthält 
also 20 000 Blälter; sie liefert 25 bis 30 kg Faser. 
Die Tonne Faser kostet 1200 bis 1600 Mark. 
Semler giebt an, die kultivirte Ananas gebe nur
	        
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