rung ihrer Pläne bei den höchsten Würdenträgern
des Staates unterstützte, eine der dunkelsten Seiten
der Geschichte der englischen Kolonialentwickelung.
Solchen wilden Auswüchsen gegenüber macht sich die
in einem folgenden Kapitel gegebene Darstellung der
fast ungestörten ruhigen Thätigkeit der Hudsonsbay
Company, welche von 1690 bis 1800 ihren glück-
lichen Antheilhabern eine jährliche Durchschnittsdivi-
dende von 60 bis 70 péCt. auszahlte, beinahe wie
ein Idyll.
Die Kämpfe Englands mit Frankreich um Canada,
welche schließlich nur durch die Siege Friedrichs des
Großen für England einen günstigen Ausgang nah-
men, trugen nicht unwesentlich dazu bei, die Spannung
zwischen den nordamerikanischen Kolonien und dem
Mutterlande zu vermehren, da erstere während dieses
Krieges die Franzosen in Canada durch Zufuhr von
Vorräthen mit der Entschuldigung, es sei verdienstlich,
dem Feinde so viel Geld wie möglich abzunehmen,
unterstützt hatten. Hätte nicht Pitt eine so maßvolle
und versöhnliche Haltung den Kolonien gegenüber
verfolgt, so wäre wohl damals schon der definitive
Bruch eingetreten. Dieser erfolgte erst, wie im
vierten Theile dargelegt wird, nach dem Sturze Pitts,
als Georg III. und sein der Verhältnisse in Nord-
amerika völlig unkundiger Minister Grenville alle
widerstrebenden Einflüsse brechen und für den damals
sehr geldbedürftigen Staat möglichst viel Geld aus
den Kolonien ziehen wollten. In dem nunmehr
entbrennenden Unabhängigkeitskampfe, aus dem die
Kolonien ohne die reichliche materielle Unterstützung,
die sie bei Frankreich fanden — wofür dieses aber
schließhlich wenig Dank erntete —, wohl schwerlich
siegreich hervorgegangen wären, zeigt sich die Un-
fähigkeit der damaligen englischen Regierung und
ihr gänzlicher Mangel an Verständniß für die
Sachlage. Bei dem jämmerlichen Zustand des ame-
rikanischen Milizheeres würde es bei einer energi-
scheren Führung den englischen Streitkräften wohl
leicht geworden sein, den Aufstand zu überwinden.
Aber auch das Bild, welches man von einem der
hervorragendsten Männer in diesem Kampfe, von
Benjamin Franklin, gewinnt, ist kein ganz ungetrübtes.
Dieser bei uns fast nur als Erfinder des Blitzablei-
ters bekannte englische Generalpostmeister für Amerika
und Agent von Pennsylvanien und anderen Kolonlen
in London ist von gewissen Zweideutigkeiten nicht
freizusprechen (S. 395, 428). Die in unseren Tagen
oft bemerkte Rücksichtslosigkeit der amerikanischen
Staatsmänner trat schon beim endlichen Friedensschluß
Frankreich gegenüber sehr zu Tage.
Die Kolonisationsversuche in Westafrika waren
im Allgemeinen in jener Periode der englischen Ko-
lonialgeschichte nicht von Erfolg begleitet; die ver-
schiedenen nacheinander gegründeten Companyen ar-
beiteten meist mit Verlust. Das Hauptobjekt des
Handels bildeten stets die Negersklaven. In dem
berüchtigten mit Spanien 17 13 geschlossenen Assiento-
Vertrag erwarb England das Recht, im Laufe von
304
–
30 Jahren 144 000 Sklaven nach den spanischen
Besitzungen zu liefern. Seit 1750 begann die Be-
wegung gegen den Sklavenhandel, der 1776 zuerst
im britischen Parlament zur Sprache kam.
Die Fortschritte der englischen Herrschaft in Ost-
indien waren langsame. Zunächst hatte die ostindische
Company weitere langwierige Kämpfe um ihr Mo-
nopol zu bestehen, dann gewannen die Franzosen in
Südindien das Uebergewicht und erst der Pariser
Friede machte dem lange unentschiedenen Kampfe um
Indien zu Gunsten Englands ein Ende. Der Ge-
schichte der Gründung des indischen Reiches unter der
ebenso energischen wie rücksichtslosen Führung von
Clive und Warren Hastings sind die letzten Kapitel
des Buches gewidmet. Die allgemeine Lage der
Company und des Landes am Schlusse dieser Periode
charakterisirt sich am besten durch die Schlußworte
des Buches: „1785 erreichten die Erträgnisse des
Reiches am Ganges die Höhe von 5 315 000 Ffd.
Sterl., die Ausgaben die von 4 312 000 Pfd. Sterl.
Diesem Ueberschuß im Vergleich zu 1771 stand aber
ein Anwachsen der Schuldenlast in Eugland um
15 Millionen, in Indien um 10 Mill. Pfd. Sterl.
gegenüber. Im Ganzen sind während Hastings“
Thätigkeit die Schulden der Gesellschaft um 12½
Mill. Pfd. Sterl. gewachsen. Die Bevölkerung weiter
Gebiete Indiens war in tiesstem Elend, den Vortheil
zog eine Anzahl überaus hoch bezahlter, gut prote-
girter Angestellter der Company. Die sechs Leiter
des Salzamtes in Bengalen bezogen z. B. jährlich
zusammen 72 800 Pfd. Sterl. Der Vorsteher erhielt
außerdem noch 18 400 Pfd. Sterl. Gehalt. Beim
Zollamt in Kalkutta hatten drei Beamte eine ge-
meinsame Einnahme von 23 000 Pfd. Sterl.“
Paul Langhans: Justus Perthes' Deutscher
Marine-Atlas. Gotha. Justus Perthes.
Der hübsche handliche Atlas ist in der Art des
kleinen deutschen Kolonial-Atlas, den die Kolonial=
gesellschaft ins Leben gerufen hat, gearbeitet. Außer
einer Darstellung aller Marine= und Kohlenstationen,
der Reisen und des Wirkens deutscher Schiffe enthält
der Atlas sehr lehrreiche Darstellungen der Be-
sestigungen der deutschen Küsten sowie Karten aller
deutschen Schutzgebiete.
Rudolf Zabel: Cuba. Die wirthschaftliche, soziale
und politische Entwickelung der Insel. Zweite
Auflage. Berlin und Leipzig 1898. F. Luckhardt.
Waldemar Miller: Cuba. Seine Geschichte,
wirthschaftliche und handelspolitische Entwickelung.
Mit einer Karte. Berlin 1898. Richard Schröder.
Die beiden vorliegenden, mit Rücksicht auf den
gegenwärtigen Krieg um Cuba verfaßten Schriften
bringen vielerlei lehrreiches und interessantes Mate-
rial zur Beleuchtung der Zustände der großen An-
tilleninsel und der spanischen kolonialen Mißwirth-
schaft bei.