Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

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kannt ist und ungeheuren Schaden verursacht hat. 
Die Pflanzer waren also gern bereit, ihre Kraft 
einem neuen Produkt zuzuwenden, von dem man sich 
einen erheblichen Nutzen versprach. Die Kulturen 
des brasilianischen Kautschukbaumes gediehen hier 
wie an anderen Stellen über alles Erwarten, die 
Zeit der Ausbeutung nahte heran, aber der erwartete 
Erfolg blieb vollkommen aus, denn die Bäume er- 
wiesen sich als nahezu sastlos. Seaton machte in 
Tenarserim eine Anzapfung an 42 Bäumen und 
gewann von ihnen nur ein halbes Pfund Milch. 
Die größten Hoffnungen hatte man auf eine 
Pflanze gesetzt, welche in dem brasilianischen Staate 
Cearäá einen ganz guten Kautschuk, die sogenannten 
Ceard scrips, lieferte. Sie gehört wie der bra- 
silianische Kautschukbaum in die natürliche Familie 
der Wolsfsmilch-Gewächse und führt den Namen 
Manihot Glaziovil, zu Ehren Glaziovis, des um 
die Kenntniß der brasilianischen Flora so hochver- 
dienten Direktors der öffentlichen Gärten in Rio de 
Janeiro. Die Pflanze machte bald ihre Runde um 
die gesammte Erde; überall freudig empfangen, zeigte 
sie ein beispielloses Wachsthum, so daß sie in Kaffee- 
und Kakaoplantagen schon als Schattenbaum mit 
Willkommen ausgenommen wurde. Da sich noch 
außerdem die Hoffnung an sie knüpfte, daß man aus 
ihr das werthvollste Handelsprodukt der Gegenwart 
gewinnen sollte, so nimmt es nicht Wunder, daß vor 
etwa 8 bis 10 Jahren aus allen Kolonialblättern 
der Name Manihot Glazioviül entgegenschallte. 
Indeß hielt auch dieser Baum keineswegs, was er 
versprach; entweder gab er überhaupt keine nennens- 
werthen Mengen des Milchsaftes, oder das aus dem 
letzteren gewonnene Produkt war, wie ich mich selbst 
an einer aus Kaiser Wilhelmsland mir zur Begut- 
achtung übersandten Probe überzeugte, eine ganz 
werthlose, graue, lederartige und zerreißbare Waare, 
welche niemals einen Preis erzielen konnte. 
Man kann nicht anders sagen, als daß die Er- 
folge dieser Kulturbestrebungen geradezu trostlos sind; 
es liegt in ihnen ein neuer Beweis für die That- 
sache vor, daß die Sekrete oder Ausscheidungsprodukte 
vieler Pflanzen durchaus an ganz bestimmte Orts- 
verhältnisse gebunden sind. Der Baum z. B., welcher 
das wohlriechende Styrax-Harz liesert, ist ein Ge- 
wächs, das früher, in der unserer Gegenwart zunächst 
vorausliegenden Erdepoche, im Tertiär, über die 
ganze nördliche Erdhälfte verbreitet war, denn die 
Blätter sind noch, in Thonlagern aufbewahrt, von 
Amerika bis Sachalin und Japan reichlich verstreut 
erhalten. In Europa ist er völlig ausgestorben, 
dagegen ist er noch in den nordamerikanischen Frei- 
staaten bis Mexiko, auf Formosa und in Süd-China 
sowie in Kleinasien und zwar hier sehr beschränkt 
verbreitet. Den wohlriechenden Styraxbalsam erhält 
man aber nur in den letzteren Landschaften, während 
der amerikanische Baum jenes Kaugummi (Sweetgum) 
liefert, welches in so ungeheuren Quantitäten von 
den Amerikanern konsumirt wird. Nicht minder ist 
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bekannt, daß der Hanf nur in den sehr heißen Ge- 
genden der Erde, zumal in Indien jenes stark nar- 
kotische Harz liefert, welches als die Gesundbeit 
schwer schädigendes Genußmittel Verwendung findet. 
Die gleiche Eigenthümlichkeit ist uns noch von anderen 
Pflanzen bekannt, den vollen Ertrag an bestimmten 
Stoffen liefern dieselben nur an ganz bestimmten 
Oertlichkeiten, werden sie verpflanzt, so vermindern 
sich jene häufig bis zum vollkommenen Verschwinden. 
Sollen nun die Versuche, die Kautschukbäume zu 
kultiviren, fernerhin ausgegeben werden? Ich meine 
nicht! Der endliche Erfolg, ein gewinnbringender 
Anbau, würde zumal für unsere Kolonien von viel 
zu großer Bedeutung sein, der Nutzen wäre ein viel 
zu erheblicher, als daß man von weiteren Versuchen 
vollkommen Abstand nehmen sollte. Man muß aber 
danach trachten, die Pflanzen unter diejenigen Be- 
dingungen zu bringen, welche sie in der Heimath 
haben. Bei dem brasilianischen Kautschukbaum würde 
vor allen Dingen darauf Bedacht zu nehmen sein, 
daß er periodischen Ueberschwemmungen ausgesetzt ist, 
wie in Brasilien, und dann sollten nur solche Land- 
schaften gewählt werden, welche die gleichen meteoro- 
logischen Verhältnisse in den gleichen Jahreszeiten 
besitzen. Manihot Glaziovül ist, so viel wir wissen, 
eine Steppenpflanze, und deshalb wird man ver- 
muthen dürfen, daß sie in den mit übermäßiger 
Feuchtigkeit bedachten Gebieten kaum die angemessenen 
Bedingungen ihrer Existenz finden wird. Für sie 
sind vielleicht die regenarmen Distrikte mit Steppen- 
charakter die geeigneten Wohnplätze. Es ist durchaus 
nicht undenkbar, daß bei der gehörigen Berück- 
sichtigung aller einschlagenden Verhältnisse doch noch 
ein günstiger Ausgang der Untersuchungen erhofft 
werden kann. 
—.. . 
Ausbreitung der RZinderpest. 
Nach Mittheilungen der „British Central Africa 
Gazette“ ist die Rinderpest jetzt in den Distrikten 
West-Schire und Ruo aufgetreten. Auch das Wild 
wird von ihr ergriffen. 
— — 
Einwanderungsverbot in ##caragua. 
Durch Gesetz vom 23. Oktober 1897 hat die 
Republik Nicaragua die Einwanderung von Chinesen 
durchaus verboten. 
  
Titterakur-Verxeichniß. 
Die Seeinteressen des Deutschen Reiches. Zu- 
sammengestellt auf Veranlassung des Reichs-Marine= 
Amts. 80. (VI, 130 S.) Mk. 1,—. ç 
E. S. Mittler & Sohn, Berlin. 
Paul,. C.: Die Mission in unseren Kolonien. 
1. Heft: Togo und Kamerun. Neue Folge der Dietel- 
schen Missionsstunden. 80. (IV, 215 S.) Mk. 2,50. 
Fr. Richter, Leipzig.
	        
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