Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Erhebung einer kommunalen Gebäudesteuer mit einem 
jährlichen Ertrag von 650 Pfd. Sterl. beschafft. 
Der ganze Bericht läßt deutlich die Befriedigung 
über die günstige Entwickelung erkennen und bedauert 
nur, daß nicht mehr Kapital sich der Kolonie zu- 
wendet. 
Ueber die portugiesischen Rolonien in Westafrika 
hat der portugiesische Marineminister die nachstehende 
Denkschrift veröffentlicht: 
Meine Herren: Seit der vor wenigen Monaten 
erfolgten Uebernahme der Geschäfte des Marine- 
ministeriums habe ich es als eine meiner Haupt- 
aufgaben angesehen, mit allen Kräften nachhaltig zur 
Entwickelung unserer Kolonien beizutragen. Wie ich 
damals überzeugt war, so bin ich es jetzt noch viel 
mehr, daß die Vereinigung alles guten Willens und 
aller Anstrengungen von vaterländischer Hingebung 
beseelt, ohne Schwierigkeit im Stande ist, die Wieder- 
holung aller Geld= und Wirthschaftskrisen durch eine 
kräftige Entwickelung unserer Kolonien von Portugal 
fern zu halten. 
Dazu ist indessen unabweislich, daß diese Ueber- 
zeugung sich dem ganzen Lande mittheile und daß 
nicht mit jener infolge der einen oder der anderen 
Einzelthat entstehenden Bewunderung und nicht mit 
verrauschender Begeisterung, sondern mit andauernder 
Antheilnahme und mit allen des Erfolges sicheren 
Grundlagen gearbeitet werde. - 
In der Absicht, nach und nach geeignete Vor- 
schläge zu machen, habe ich Nachrichten und statistische 
Angaben zu sammeln gesucht. Leider sind die Vor- 
arbeiten dieser Art, die eine genaue Werthung 
unserer Kolonien bezüglich der Bodenkunde, des 
Ackerbaues und des Klimas ermöglichen, bis jetzt 
nur sehr dürftig. 
Gewiß ist es nicht leicht, in einem so ausge- 
dehnten Kolonialgebiet von so verschiedenem Klima, 
von solchen Abweichungen der natürlichen, wirth- 
schaftlichen und politischen Verhältnisse plötzlich zu 
einer vollkommenen Verwaltungseinrichtung zu ge- 
langen, die das erforderliche statistische Material zu 
liefern vermöchte, da solches zuweilen in viel ent- 
wickelteren Ländern fehlt. Gleichwohl muß es als 
Pflicht betrachtet werden, hier und in den Kolonien 
Einrichtungen zu treffen, durch die dem Lande ge- 
naue Kenntniß über unsern überseeischen Besitz zu- 
geführt wird. 
Die Dürftigkeit der erwähnten statistischen An- 
gaben wäre für mich eine Entschuldigung gewesen, 
von dem vorliegenden Berichte abzusehen, indeß 
bewogen mich zwei gewichtige Gründe zur Vorlage. 
Einmal halte ich die Aufklärungen, so lückenhaft 
sie sein mögen, nicht für nutzlos, weil sie zeigen, 
wie groß der Reichthum und die Ertragsfähigkeit 
unseres Kolonialbesitzes ist und wie in verhältniß- 
mäßig kurzer Zeit, ohne besonders hervorragende 
Opfer des Mutterlandes eine recht beachtenswerthe 
  
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Entwickelung zu verzeichnen ist, und dann meine ich 
auch, daß eine aufrichtige und ehrliche Darstellung 
über unsere Kolonien, die unsere Hoffnung und eine 
werthvolle Bürgschaft unserer künftigen Weiter- 
entwickelung sind, der Volksvertretung und dem 
Lande eine Andeutung geben wird von dem, was 
unsere werthvollen Kolonien an Eigentrieb und 
gutem Willen erfordern. 
Ich erfülle daher eine Pflicht, wenn ich den 
Volksvertretern über den gegenwärtigen Zustand 
unserer Kolonien Aufklärung gebe und alle Kräfte 
auffordere, mitzuwirken, damit unser überseeischer 
Besitz den Grad von Entwickelung und Fortschritt 
erreiche, den wir von ihm erhoffen dürfen und der 
der sicherste und werthvollste Bestandtheil unserer 
wirthschaftlichen und finanziellen Wiedergeburt sein 
wird und uns die Beachtung verschaffen soll, auf 
die wir unter den zivilisirten Völkern ein Recht 
haben. 
Unter den Schriftstücken, auf die für die vor- 
liegende Arbeit zurückgegriffen werden konnte, waren 
es namentlich die Berichte, die die Marineminister 
Visconde de Castellöes am 15. März 1850 
und Antonio Aluizio Jervis de Athouguia 
am 22. Juli 1852 mit Gesetzes= und Budget- 
vorschlägen den Kammern vorgelegt haben, und die 
wegen ihrer amtlichen Eigenschaft und ihrer Voll- 
ständigkeit am meisten Vertrauen verdienen. 
In diesen Schriftstücken wurden die Einnahmen 
der überseeischen Besitzungen für das Wirthschafts- 
jahr 1852/53 folgendermaßen berechnet: 
Cabo Verdie . 89 754,625 Dollar 
S. Thom e Principe 25 033,500 
Angola 237 570,9900 - 
Mozambique 82 170,731 
India 275 552,680 = 
Macau 35 667,800 = 
Timor e Solor 6 683,040 = 
  
Zusammen 752 433,366 Dollar. 
Damals etwa 3 384 000 Mark. 
Diese Zahlen ermöglichen ein Urtheil über die 
koloniale Entwickelung in den seit jener Zeit bis 
heute verflossenen 44 Jahren. 
Für das abgelaufene Wirthschaftsjahr 1896/97 
waren die Einnahmen folgendermaßen berechnet: 
Cabo Verde 267 530,000 Dollar 
Gunkk 58 118,000 
S. ThomE e Principe 300 900,000 = 
Angola 1 374 429,335 = 
Mozambiqne . 3594 234,342 
India 873 118,8000 = 
Macau e Timor 497 315,040 
Zusammen 6 963 645,517 Dollar. 
Heute etwa 21 000 000 Mark. 
Danach haben sich die Einnahmen der Kolonien 
in diesem Zeitraume mehr als verneunfacht.?) 
*) Wobei aber die mittlerweile eingetretene Ent- 
werthung deo portugiesischen Geldes nicht berücksichtigt ist.
	        
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