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Vor der Betrachtung jeder einzelnen Kolonie
mögen noch einige die Gesammtheit des Besitzes
betreffende Erwägungen Platz finden.
Läßt sich auch unser Kolonialbesitz an Größe
nicht mit den von unseren heldenhaften Vorfahren
eroberten weiten Gebieten vergleichen, so ist er
immer noch ausgedehnt genug, um uns unter die
ersten Kolonialmächte einzureihen und uns hervor-
ragende Bestandtheile zur Macht und Größe zu
liefern.
Wir haben in Afrika, Asien und Australien mehr
als 2 Millionen Quadratkilometer Besitzungen mit
einigen Millionen Einwohnern; einigen Besitzungen
führt ihre Lage die Durchfuhr aus ausgedehnten
Gebieten zu, die auf unsere dort liegenden Häfen
angewiesen sind.
Freilich entsteht uns neben bedeutendem Vortheil
auch manche Schwierigkeit der Verwaltung aus der
geographischen Vertheilung unseres Besitzes, was
wir nicht vergessen dürfen. So läßt sich ohne
Uebertreibung sagen, daß nicht zwei unserer Kolonien
nach denselben Grundsätzen verwaltet und aus-
gebeutet werden können, so verschieden sind deren
geographische, geologische, ethnographische und poli-
tische Verhältnisse: Macao läßt sich nicht wie
S. Thomé, Timor nicht wie Cap Verde, Angola
nicht wie Mozambique verwalten, obgleich diese zum
Theil in derselben geographischen Zone liegen.
4 Daher muß die Bedeutung jeder einzelnen ge-
prüfst und müssen ihre Erfordernisse ermittelt werden,
um festzustellen, was sich zu ihrer Entwickelung von
amtlicher und privater Seite am besten für sie eignet.
Die Kürze der Zeit hat für jetzt nur die Be-
arbeitung der in Westafrika gelegenen Besitzungen
zugelassen, die übrigen sollen in der nächsten Tagung
einer Betrachtung und darauf die Gesammtheit einer
Beurtheilung unterzogen werden.
Cap Verde.
Diese Provinz unterscheidet sich von den übrigen
Besiungen Afrikas auffällig durch ihre geographische
Lage, die klimatischen Verhältnisse, die geologischen
Eigenheiten und durch die Umstände, die nach und
nach das Wesen der Bevölkerung geändert haben.
Die Nähe vom Mutterlande, wodurch sie zur
erste Station der gesammten westafrikanischen
Kolonialbewegung wird, und die Vortheile, die sie
us Anlaufhafen der transatlantischen Schifffahrt
etet, sind ihrer wirthschaftlichen Entwickelung über-
aus günstig.
Ihr Klima, das gesunder als das des benach-
ansn Festlandes ist, begünstigt die Kolonisirung
drh uropuer. Die Dürftigkeit des Bodens und
beeie angel an Pflanzenwuchs sind dagegen Nach-
Üarwn Uise Andeutungen reichen hin, um zu er-
da " aß die Entwickelung Cap Verdes hinter
n kwartungen zurückgeblieben ist.
ber Es hat 3822 dkm Oberfläche und besteht aus
gigen, vulkanischen Inseln, die wegen des Mangels
an Bewässerung pflanzenarm sind. Die Aufgabe,
hier durch künstliche Abhülfe Wandel zum Besseren
zu schaffen, ist zwar nicht leicht, aber wenigstens
müßten die regelmäßig als große Landplage so ver-
nichtend auftretenden Folgen der Dürre mit allen
Hülfsmitteln, die die Wissenschaft bietet, bekämpft
werden.
Im Wirthschaftsjahr 1896/97 hatte Cap Verde
eine Einnahme von 267 530 Dollar (etwa
801 000 Mk.), und zwar 20 200 Dollar direkte,
157 600 Dollar indirekte und 10 700 Dollar ver-
schiedene Steuern. Wie in allen Ländern mit gering
entwickeltem Ackerbau und wenig Gewerbe, wo die
Haupteinnahme aus den Zollerträgen fließt, über-
wiegen auch auf Cap Verde die indirekten Steuern.
1896/97 hatte die Inselgruppe folgende Handels-
bewegung: Einsuh
Einfuhr:
Dollar
1 048 009,801
14 207,465
Ausfuhr:
Dollar
52 512,594
69 190,145
S. Vincente
Santo Antäo
Paul 540,100 —
S. Nicolau 17 857,880 330,500
Boa Vista 6 634,480 1 108,650
Sal. 9947,630 5 928.720
Praia 315 258,670 175 160,234
Brava 41 458,690 3 077,020
Fogo 23 056,359 8 869,330
Maia 924,580 660.710
Tarrafal 261,500 6 895,200
1508227,555 321 033,133
Zusammen 1 833 260,688 Dollar.
Ungefähr 5 500 000 Mk.
Den bedeutendsten Verkehr hat hiernach S. Vin-
cente und zwar größtentheils infolge der Lieferung
von Kohlen an die hier anlaufenden Dampfer, denen
1897 für 718 959,958 Dollars verkauft wurden,
so daß sich die Gesammtausfuhr, genau genommen,
um diesen Betrag erhöht und mit etwa 1043 Contes
berechnet werden muß.
Aus der Einfuhr hatte S. Vincente
eine Einnahme von 75 168,265 Dollrr.
Die Entwickelung des Schiffsverkehrs im diesem
Hafen zeigt folgende Uebersicht: Es liefen ein ohne
1897
Küstenfahrzenge:
1851 153 Fahrzeuge
1861. 237 OD
1871 556 -
1881 1 158 -
1891 1 282 -
1896 1564 -
Besonderen Einfluß auf die Schiffsbewegung in
S. Vincente haben von jeher die Kanarischen Inseln
gehabt, die wegen ihrer geographischen Lage gleich-
falls ausgezeichnete Anlaufhäsen für den trans-
atlantischen Verkehr sind. Dieser wurde in S.
Vicente um so kleiner, je größer die Bequemlich=
keiten waren, die man den Schiffen auf den Kana-