morgens die Anker gelichtet wurden, namentlich da
die Verpflegung überraschend gut war. Die Fahrt
ging nun bei herrlichem Wetter durch dichten Urwald
auf dem breiten Strome mit einer Geschwindigkeit
von 8 Knoten vorwärts. Hochinteressante Scenerie:
hohe starke Bäume mit dichtem Unterholz, Alles mit-
einander durch riesige Lianen verschlungen, hier und
da Palmen zwischen dem Laubholz, Alles mit Moosen
Farren und anderen Schmarotzern überwachsen.
Weiter stromaufwärts viel Schilf und Rohr am
Ufer. Große und kleine Vögel flogen über den Fluß
oder spielten an den Ufern, z. B. Nashornvögel,
Tauben, kleine weiße Reiher, die Paddybirds (Reis-
kornvögel) genannt werden, auch ganz kleine Vögel,
wie unsere Sperlinge und Singvögel. Dann und
wann sah man eine Gruppe rother, brauner oder
schwarzer Affen in den Zweigen springen. In diesem
Gebiete giebt es auch Elephanten, von denen wir
aber eben so wenig sahen wie von den Krokodilen,
von denen der Fluß wimmeln soll. Ueberhaupt
blieb die Büchse unseres Advokaten, der auf
etwas Sport gerechnet hatte, ohne Beschäftigung.
Borneo gilt zwar bei Jägern für einen ausgezeich-
neten Jagdgrund und ist schon manchmal das Ziel
großer Sportreisen gewesen. Außer Elephanten und
Rhinozerossen giebt es den wilden Büffel, ein kolos-
soles Thier, tambadan oder seladang genannt,
Rehwild, Schweine, Bären und Orang-Utangs als
Jagdwild. Namentlich der Elephant ist aber so
selten, daß es wünschenswerth erschienen ist, ihn, sei
es als Eigenthümlichkeit des Landes, sei es für
spätere Nutzbarmachung, zu erhalten. Unter dem
1. August v. Is. hat der Gouverneur eine Verordnung
eor the preservation of large game" erlassen,
wonach das Schießen auf Elephonten, Rhinoceros,
wildes Rindvieh, Schweine oder Rehwild ohne Jaad-
schein (permit), außer im Falle der Selbstwertheidi-
gung oder zur Verhütung schweren Schadens, ver-
boten wird; und der Beweis für das Vorhandensein
soicher Ausnahmegründe ist dem Schützen ausferlegt.
Die Jagderlaubniß wird ertheilt unter der Bedingung,
daß für jeden männlichen Elephanten, der erlegt in,
200 Dollars zu zahlen sind, während für das Tödten
einer Elephantenkuh eine Strase von 1000 Dollars
angedroht wird. Die Erlaubniß zum Jagen von
Rhinoceros und Büffeln wud gegen eine jährliche
Abgabe von 50 Dollars ertheilt. Für das Tädten
weiblichen Viehes sind 10 Dolars Strafe zu zahlen.
Für die Erlaubniß zum Schießen von Schweinen
und Rehwild ist eine Jahresabgabe von 5 Dollars
zu entrichten.
Um 11 Uhr vormittags erreichten wir (nach
fiebenstündigem Dampfen stromaufwärts) die erste
menschliche Nederlassung nahe einer verlassenen
Pflanzung. Um 12 Uhr gingen wir vor einer
anderen Ansiedelung, einem von Suluinsulanern be-
wohnten Dorfe vor Anker, um Ladung zu löschen
und einige Passagiere abzusetzen. Die Häuser waren
im gewöhnlichen malayischen Stile von Stämmen
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der Nibongpalme zusammengesetzt, mit Attapp gedeckt,
meist fast ohne jegliches Mobiliar, außer etwa
einigen Matten zum Schlafen, kahl, schmutzig und
erbärmlich. Um das Dorf herum war der Wald
etwa in einer Entfernung von einem Kilometer im
Umkreise gelichtet und mit Kokosnüssen, Bananen,
ein wenig Reis und anderen tropischen Früchten be-
pflanzt. Der eigentliche Erwerb der Leute besteht
aber im gelegentlichen Einsammeln und Verhandeln
von Waldprodulten. Im Allgemeinen leben sie ar-
beitslos dahin. Nach anderthalb Stunden ging die
Fahrt weiter, und gegen 5 Uhr nachmittags erreichten
wir die erste große Pflanzung „Koyah Estate“ der
London Amsterdam Borneo Tobacco Company, deren
Hauptverwalter, ein Engländer namens Lease, leider
gerade auf einer anderen Pflanzung weiter stromauf
(Lamang) abwesend war. Da wir hier einigen Auf-
enthalt mit Löschen hatten, so wurde es zum Weiter-
fahren zu spät, und wir mußten hier übernachten.
Der Arzt der Plantage, ein Holländer, zeigte uns
die Wohnhäuser der Europäer sowie der chinesischen
Arbeiter, die Fermentirscheunen und das Hospital
und bewirthete uns in freundlicher Weise. Von der
Plantage selbst konnten wir nichts sehen, weil in der
unmittelbaren Umgebung der Wohngebäude nicht ge-
pflanzt wird. Ich habe einen großen Theil der
Felder aber später vom Flusse aus gesehen. Um
5¼ Uhr am nächsten Morgen (7. September) fuhren
wir weiter. Um 8 Uhr erreichten wir eine Außen-
station der Batu Putch Estate, wo wieder gelöscht
wurde, und um 10 Uhr, nach weiterer einstündiger
Fahrt, das Wohnhaus des Hauptverwalters. Hier
verließ ich das Schiff, das weiter stromaufwärts
nach Lamag ging, um bis zu seiner Rückkehr hier
zu bleiben. Herr Paul Breitag, der Hauptver-
walter, nahm mich freundlich auf, führte mich auf
der Pflanzung herum und erklärte m## Alles, was
mir neu war. Die Pflanzung gehört einem hol-
ländisch-englischen Syndikat; neben dem deutschen
Hauptverwalter sind darauf noch zwei französische
Assistenten angestellt. In Borneo ist jeder Europäer
gewissermaßen Landsmann, und Eifersüchtelei zwischen
den Nattionalitäten ist unbekannt. Ich besichtigte mit
Herrn Breitag zunächst die in der Nähe seines
Wohnhauses gelegenen Gebäude, von denen mur die
Fermentirscheunen das Interessanteste waren. Hier
fuhrt Herr Breitag selbst die Aussicht, indem er
täglich die Temperatur des Tibaks in den verschie-
denen Stapeln von Blättern nußt und notirt, und
danach die weitere Behandlung anordnet. Es war
schon ein Theil der Ernte des Jabres in der Fer-
mentirsohenne, und Herr Breitag war sehr zufrieden
mit der Länge und Feinheit des Blattes; er hoffte
danach auf eine recht gute Oualität seiner Ernte
überhaupt. Wir gingen dann auf die eiwa eine
halbe Stunde entfernten, auf der anderen Seite des
Flusses liegenden Felder hinaus, durch die wir wohl
eine Stunde lang dahinschritten. Obwohl schon ein
großer Theil der Ernte geschnitten und in die