Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

morgens die Anker gelichtet wurden, namentlich da 
die Verpflegung überraschend gut war. Die Fahrt 
ging nun bei herrlichem Wetter durch dichten Urwald 
auf dem breiten Strome mit einer Geschwindigkeit 
von 8 Knoten vorwärts. Hochinteressante Scenerie: 
hohe starke Bäume mit dichtem Unterholz, Alles mit- 
einander durch riesige Lianen verschlungen, hier und 
da Palmen zwischen dem Laubholz, Alles mit Moosen 
Farren und anderen Schmarotzern überwachsen. 
Weiter stromaufwärts viel Schilf und Rohr am 
Ufer. Große und kleine Vögel flogen über den Fluß 
oder spielten an den Ufern, z. B. Nashornvögel, 
Tauben, kleine weiße Reiher, die Paddybirds (Reis- 
kornvögel) genannt werden, auch ganz kleine Vögel, 
wie unsere Sperlinge und Singvögel. Dann und 
wann sah man eine Gruppe rother, brauner oder 
schwarzer Affen in den Zweigen springen. In diesem 
Gebiete giebt es auch Elephanten, von denen wir 
aber eben so wenig sahen wie von den Krokodilen, 
von denen der Fluß wimmeln soll. Ueberhaupt 
blieb die Büchse unseres Advokaten, der auf 
etwas Sport gerechnet hatte, ohne Beschäftigung. 
Borneo gilt zwar bei Jägern für einen ausgezeich- 
neten Jagdgrund und ist schon manchmal das Ziel 
großer Sportreisen gewesen. Außer Elephanten und 
Rhinozerossen giebt es den wilden Büffel, ein kolos- 
soles Thier, tambadan oder seladang genannt, 
Rehwild, Schweine, Bären und Orang-Utangs als 
Jagdwild. Namentlich der Elephant ist aber so 
selten, daß es wünschenswerth erschienen ist, ihn, sei 
es als Eigenthümlichkeit des Landes, sei es für 
spätere Nutzbarmachung, zu erhalten. Unter dem 
1. August v. Is. hat der Gouverneur eine Verordnung 
eor the preservation of large game" erlassen, 
wonach das Schießen auf Elephonten, Rhinoceros, 
wildes Rindvieh, Schweine oder Rehwild ohne Jaad- 
schein (permit), außer im Falle der Selbstwertheidi- 
gung oder zur Verhütung schweren Schadens, ver- 
boten wird; und der Beweis für das Vorhandensein 
soicher Ausnahmegründe ist dem Schützen ausferlegt. 
Die Jagderlaubniß wird ertheilt unter der Bedingung, 
daß für jeden männlichen Elephanten, der erlegt in, 
200 Dollars zu zahlen sind, während für das Tödten 
einer Elephantenkuh eine Strase von 1000 Dollars 
angedroht wird. Die Erlaubniß zum Jagen von 
Rhinoceros und Büffeln wud gegen eine jährliche 
Abgabe von 50 Dollars ertheilt. Für das Tädten 
weiblichen Viehes sind 10 Dolars Strafe zu zahlen. 
Für die Erlaubniß zum Schießen von Schweinen 
und Rehwild ist eine Jahresabgabe von 5 Dollars 
zu entrichten. 
Um 11 Uhr vormittags erreichten wir (nach 
fiebenstündigem Dampfen stromaufwärts) die erste 
menschliche Nederlassung nahe einer verlassenen 
Pflanzung. Um 12 Uhr gingen wir vor einer 
anderen Ansiedelung, einem von Suluinsulanern be- 
wohnten Dorfe vor Anker, um Ladung zu löschen 
und einige Passagiere abzusetzen. Die Häuser waren 
im gewöhnlichen malayischen Stile von Stämmen 
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der Nibongpalme zusammengesetzt, mit Attapp gedeckt, 
meist fast ohne jegliches Mobiliar, außer etwa 
einigen Matten zum Schlafen, kahl, schmutzig und 
erbärmlich. Um das Dorf herum war der Wald 
etwa in einer Entfernung von einem Kilometer im 
Umkreise gelichtet und mit Kokosnüssen, Bananen, 
ein wenig Reis und anderen tropischen Früchten be- 
pflanzt. Der eigentliche Erwerb der Leute besteht 
aber im gelegentlichen Einsammeln und Verhandeln 
von Waldprodulten. Im Allgemeinen leben sie ar- 
beitslos dahin. Nach anderthalb Stunden ging die 
Fahrt weiter, und gegen 5 Uhr nachmittags erreichten 
wir die erste große Pflanzung „Koyah Estate“ der 
London Amsterdam Borneo Tobacco Company, deren 
Hauptverwalter, ein Engländer namens Lease, leider 
gerade auf einer anderen Pflanzung weiter stromauf 
(Lamang) abwesend war. Da wir hier einigen Auf- 
enthalt mit Löschen hatten, so wurde es zum Weiter- 
fahren zu spät, und wir mußten hier übernachten. 
Der Arzt der Plantage, ein Holländer, zeigte uns 
die Wohnhäuser der Europäer sowie der chinesischen 
Arbeiter, die Fermentirscheunen und das Hospital 
und bewirthete uns in freundlicher Weise. Von der 
Plantage selbst konnten wir nichts sehen, weil in der 
unmittelbaren Umgebung der Wohngebäude nicht ge- 
pflanzt wird. Ich habe einen großen Theil der 
Felder aber später vom Flusse aus gesehen. Um 
5¼ Uhr am nächsten Morgen (7. September) fuhren 
wir weiter. Um 8 Uhr erreichten wir eine Außen- 
station der Batu Putch Estate, wo wieder gelöscht 
wurde, und um 10 Uhr, nach weiterer einstündiger 
Fahrt, das Wohnhaus des Hauptverwalters. Hier 
verließ ich das Schiff, das weiter stromaufwärts 
nach Lamag ging, um bis zu seiner Rückkehr hier 
zu bleiben. Herr Paul Breitag, der Hauptver- 
walter, nahm mich freundlich auf, führte mich auf 
der Pflanzung herum und erklärte m## Alles, was 
mir neu war. Die Pflanzung gehört einem hol- 
ländisch-englischen Syndikat; neben dem deutschen 
Hauptverwalter sind darauf noch zwei französische 
Assistenten angestellt. In Borneo ist jeder Europäer 
gewissermaßen Landsmann, und Eifersüchtelei zwischen 
den Nattionalitäten ist unbekannt. Ich besichtigte mit 
Herrn Breitag zunächst die in der Nähe seines 
Wohnhauses gelegenen Gebäude, von denen mur die 
Fermentirscheunen das Interessanteste waren. Hier 
fuhrt Herr Breitag selbst die Aussicht, indem er 
täglich die Temperatur des Tibaks in den verschie- 
denen Stapeln von Blättern nußt und notirt, und 
danach die weitere Behandlung anordnet. Es war 
schon ein Theil der Ernte des Jabres in der Fer- 
mentirsohenne, und Herr Breitag war sehr zufrieden 
mit der Länge und Feinheit des Blattes; er hoffte 
danach auf eine recht gute Oualität seiner Ernte 
überhaupt. Wir gingen dann auf die eiwa eine 
halbe Stunde entfernten, auf der anderen Seite des 
Flusses liegenden Felder hinaus, durch die wir wohl 
eine Stunde lang dahinschritten. Obwohl schon ein 
großer Theil der Ernte geschnitten und in die
	        
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