Ich nahm Veranlassung, auch den Missions-
stationen einen Besuch abzustatten. Mrogoro macht
einen sehr guten Eindruck, sowohl nach seiner schönen
Lage, seinen Bauten, seinen gut gepflegten Gärten
und der nicht unbedeutenden Kaffeepflanzung, als
auch nach seinem Einfluß auf die Bevölkerung und
die gute Erziehung der Missionskinder. Lettere
sangen sehr hübsch zum Harmonium deutsche, Suaheli-
und lateinische Kirchen= und patriotische Lieder.
Neue kartographische Aufnahmen in Deutsch-Ostafrika.")
Im Laufe des Sommers sind bei der Kolonial=
Abtheilung etwa 20 neue Routenausnahmen, besonders
aus Ostafrika, aber auch 4 aus Kamernn, eingegangen,
unter welchen zwei wegen ihrer Wichtigkeit besondere
Hervorhebung verdienen.
Die erste rührt von dem bereits durch Forschungen
in Kleinasien bekannten Hauptmann v. Prittwitz
und Gaffron her und betrifft den Ulanga und
seine Nebenflüsse Kihansi und Ruipa, welche von
Perondo an bis etwas unterhalb der früheren Ulanga-
station befahren, ausgenommen und ausgelothet wor-
den sind. Es hat sich herausgestellt, daß der Kihansi
und der Ruipa zwar nicht schiffbar, der Ulanga aber
auf der untersuchten Strecke überall für flachgehende
Heckdampfer selbst während des niedrigsten Wasser-
standes befahrbar ist. Ein etwa 100 km langer
Weg trennt diesen Theil des Flusses von dem gleich-
falls schiffbaren unteren Rufiyi, auf welchem bereits
ein Dampfer verkehrt. Von der oberen Grenze der
Schiffbarkeit führt ein mit leichter Mühe fahrbar zu
machender Weg in zwei kurzen Tagemärschen über
die Ulanga-Ebene an den Fuß des Uhehe-Hochlandes.
Ein weiterer halber Tag bringt den Reisenden in
das gesunde und erfrischende Höhenklima des Gebirges.
Eine schnelle Verbindung desselben mit der Küste
scheint demnach ohne bedeutende Kosten hergestellt
werden zu können. Hauptmann v. Prittwiz, dessen
ausführlicher Bericht nebst Karte im nächsten Heft
der „Mittheilungen aus den deutschen Schutzgebieten“
erscheinen wird, ist übrigens der Ansicht, daß der
Ulanga noch weit oberhalb der Kihansieinmündung
bis in das Gebiet von Sakkamaganga und vielleicht
noch weiter sich als befahrbar herausstellen wird.
Hauptmann v. Prittwitz hat außerdem das
ganze Gebirgsland zwischen Iringa und dem Ulanga-
thale (Strecke Perongo—Dwangire) auf zahlreichen
sich kreuzenden Routen durchzogen und ausgenommen;
doch sind diese Arbeiten bisher noch nicht in Berlin
eingetroffen.
Eine ganze Reihe von Einsendungen des Premier=
lieutenants Engelhardt haben dessen frühere Ar-
beiten (vergl. Kol. Bl. Nr. 9 1898, S. 242) in er-
wünschter Weise vervollständigt. Seine Aufnahmen,
zum größten Theile gleich von ihm selbst in Karten-
— — —
*) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1898, S. 241.
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form gebracht, umfassen jetzt seine Märsche vom
Dezember 1896 bis zum Mai 1898, von Lindi an
durch das ganze Ruvumathal bis zum Nyassa-See,
die Gebiete des Tshabruma und Sakkamaganga,
Lupembe und namentlich Uhehe, das nach Fertig-
stellung der Kartenkonstruktionen zu den bekanntesten
Theilen Deutsch-Ostafrikas gehören wird.
Interessantes neues Material für Uhehe und das
Gebiet zwischen den Stationen Songea und Barikiwa
saudte duch Pater Alfons Adams ein, ferner für
letzteres Lientenant Glauning, der sich auf dem
Londwege nach der Nordspitze des Nyassa begeben
hat, um dort mit Hauptmann Herrmann zusammen-
zutreffen und an der Feststellung der deutsch-britischen
Grenze theilzunehmen. Stabsarzt Hösemann hat
seinen Marsch vom Kivu-See nach Bukoba und von
der Station Mwansa nach Moschi kartographisch
verzeichnet, und weite unbekannte Strecken im Norden
und Nordwesten von Tabora hat vom Juni bis
September 1897 und im Februar und März 1898
Hauptmann Langheld erforscht.
Üeber die Benutzbarkeit der Nebenflüsse des Ulanga.
Um den vielsach verbreiteten irrigen Ansichten
über die Beschaffenheit und Benupbarkeit der Ulanga-
Nebenflüsse für den Verkehr nach dem Uheheplateau
entgegenzutreten, entnehmen wir einem diesbezüglichen
Berichte des Hauptmanns v. Prittwitz aus Station
Dwangire unter dem 13. Juli 1898 an das Kaiser-
liche Gouvernement das Folgende: "
„In den letzten Wochen habe ich mehrere kleine
Expeditionen unternommen, um die Zugangsstraßen
vem Ulanga zum Gebirgsfuße sowie den besten Auf-
stieg auf das Gebirge zu erkunden. Ich habe hierbei
erneut festgestellt, daß sowohl der Kihansi wie der
Ruipa nur etwa eine Stunde weit von der Mündung
flußaufwärts für größere Fahrzeuge befahrbar ist.
Weiter stromauf sind dagegen beide Flüsse nur für
Boote benutzbar. Der Mgeta, den ich fast von seiner
Quelle an bis zu seiner Mündung erkundet habe, ist
überhaupt nur für Boote — allerdings von seiner
Mündung bis nahe an den Fuß der Berge heran in
jetziger Zeit, wenn auch stellenweise mit großen
Schwierigkeiten — befahrbar. Etwa halbwegs auf der
Strecke zwischen dem Ulanga und Gebirgsfuß theilt
er sich in zwei Arme. Der rechte Arm mündet als
Mamba in den Kihansi oberhalb von dessen unterster
Flußenge und ist für Boote passirbar. Der linke
unbefahrbare Arm mündet als Kvali in den Ruipa.
Die Mündung des Mamba ist fast ganz zugewachsen
und als Flußmündung unkenntlich. Die unterste
Flußenge des Kihansi könnte nach meiner Meinung
mit sehr viel Arbeit durch Ausschneiden der Wasser-
pflanzen 2c. etwas befahrbarer gemacht werden, doch
auch dann würde schwerlich ein kleiner Dampfer
hindurchkommen können. Die Frage ist im Uebrigen
ohne praktische Bedeutung, da der Kihansi weiter