Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

oberhalb noch mehrere andere Flußengen hat. Sicher 
ist, daß weder der Kihansi, noch der Ruipa, noch der 
Mgeta in ihrem jetzigen Zustande für irgend ein 
größeres Fahrzeug, welches mit Dampf fortbewegt 
wird, befahrbar ist — sei es ein Heckrad= oder ein 
anderer Dampfer. 
Kamerun. 
Sug gegen den Päuptling Ugila. 
Einem Berichte des Premierlieutenants Dominik 
vom 10. Juli d. Is. über seinen Zug gegen den 
Häuptling Ngila entnehmen wir Folgendes: 
Am 8. Juni abends erschien auf der Station der 
Batihäuptling Tungele, jenseits des Sanaga wohn- 
haft, in dessen Dorf im Januar 1897 der Herr 
Gouverneur v. Puttkamer Quartier hatte, während 
ich von Ngila angefallen wurde; ebenso kamen die 
Bathchengahäuptlinge Olweme und Bea mit der 
Bitte, ihnen gegen Ngila zu helfen, der bei Zamba, 
jenseits des Sanaga, ein festes Lager aufgeschlagen 
und sich vieler Kanus bemächtigt hatte, um in das 
Bathchengaland einzufallen. Näheres über Stärke 
und Führung der Ngilaleute wußten die Häuptlinge 
nicht anzugeben, da sie sich sofort nach Ankunft der 
ersten Wutes in dem seit Januar 1897 zerstörten 
und bislang unbewohnten Zambadorf nach der Station 
aufgemacht hatten. 
Am 10. Juni früh marschirte ich mit dem Unter- 
offizier Klein, 51 Mann der Kreiserlichen Schutz- 
truppe, 100 Yaundes und einem Maximgewehr nach 
dem Sanaga ab, traf bereits am 11. Juni mittags 
in Kule im Bathchengagebiet ein, wo mich außer 
den Häuptlingen des Landes auch Boten des Wute- 
häuptlings Dandugu erwarteten, um mir die Heercs- 
folge der diesseitigen Wutes anzubieten. Ich erfuhr 
in Kule am 11. Juni mittags Folgendes: " 
Ngila wird von Tibati auf das Heftigste be- 
drängt, den seit längerer Zeit ausstehenden Tribut 
an Sklaven zu zahlen. Um dieser Forderung nach- 
zukommen, hat er, wie seinerzeit gemeldet, im April 
versucht, Balinga anzufallen, ist aber abgewiesen 
worden. Die ihm unterstehenden Batis sind zum 
großen Theil auf die diesseitige Sanagaseite gezogen 
und haben sich Dandugu unterstellt. Im Westen 
sitzt Ngutte, im Osten Wenke, der sich mit Hülfe der 
v. Carnapschen Gewehre Ngila vom Halse hält, 
dafür aber seinerseits, trotz fortwährender Botschaften 
der Station, das umliegende Jangassugebiet geradezu 
entvölkert. Ngila muß also nach der Stationsseite 
hin versuchen, sein Menschenmaterial zur Zahlung 
aufzutreiben. Bislang war noch kein Wute über den 
Sanaga gekommen, und Leute von Tungele meinten, 
daß nicht viel über 100 Wutekrieger in Zamba seien. 
Als nun am 11. Juni nachts Mangissaleute mit der 
Meldung in Kule eintrafen, daß Ngila bei Menage 
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über den Sanaga gesetzt sei und in Ebishimbi auf 
dem diesseitigen Ufer sitze, wußte ich, daß der Posten 
bei Zamba nur eine Maske seiner wahren Stellung 
sein sollte. 
Am 12. mittags traf ich in Abanda ein. Ngila 
hatte morgens Ebishimbi verlassen, als er hörte, daß 
ich in Kule sei, und war über den Fluß nach Menage 
-urückgegangen, hatte jedoch bereits am 10. und 11. 
viele Mangissadörfer abgebrannt und zahlreiche Ge- 
Sffangene gemacht, da er den Mangissas ganz über- 
Bericht des Ppremierlieutenants Dominik über seinen 
raschend gekommen war und an dem ihm ergebenen 
Häuptling Ebishimbi einen trefflichen Führer ge- 
funden hatte. 
Am 13. Juni kamen Boten von Ebishimbi nach 
Abanda, um zu fragen, ob ich dort sei. Gleichzeitig 
ließ Ngila mir sagen, ich würde ebenso wie mein 
alter getreuer Zampa von seinen Leuten erschossen 
werden. Als nämlich der Premierlieutenant d. N. 
v. Carnap Anfang Oktober 1897 bei der Wutestadt 
Wutschaba über den oberen Sanaga setzen wollte, 
verhinderten ihn die auf dem anderen Ufer wohnenden 
Leute des Dorses Ndeng-Ndeug und verwundeten 
Zampa mit einem Pfeil. Als nun die Expedition 
v. Carnap damals abzog und bei Ngedde über den 
Sanaga setzte, ohne die Ndeng-Ndeng-Wutes zu be- 
strafen, da legten letztere sich das Gefecht als großen 
Sieg aus und behaupteten Ngila gegenüber, auch 
Zampa getödtet zu haben. 
Da ich nun wußte, daß Ngila sich mir in freiem 
Felde nicht stellen würde, ich auch gar nicht im 
Stande war, angesichts der Wutes mit meiner kleinen 
Macht über den Sanaga zu gehen, so beschloß ich, 
dem wieder großgewordenen Selbstbewußtsein Ngilas 
und seiner Wutes einen schweren Stoß zu versetzen 
und ihm Raubzüge in das Stationsgebiet für immer 
zu verleiden, indem ich an ihm vorbeimarschirte und 
mich auf seine größte Bundesstadt, Watavé, warf, 
ehe Jemand irgend etwas davon ahnen konnte. Ich 
hielt meinen Plan auch vor meinen Leuten geheim, 
denn Watavé, das ich früher besucht habe und das 
auch einige meiner Soldaten und MYaundes daher 
kannten, ist wenig kleiner als Ngila selbst, und langes 
Vorausbedenken hätte vielleicht einen oder den an- 
deren stutzig gemacht. Ich aber sagte mir, geschehen 
muß etwas, um das Land bis zum Eintreffen der 
endgültigen Expedition gegen die Sklavenjäger zu 
schützen, unsere Waffen müssen den Wutes einmal 
wieder unsere Ueberlegenheit zeigen, an die Ngila 
nicht mehr zu glauben scheint; Watavs ist der 
schwächste Punkt Ngilas, denn erstens liegt es so, 
daß wir auf dieser Seite des Sanaga, also unbemerkt, 
dicht heranmarschiren können, und zweitens sind viele 
der Watavekrieger zur Zeit bei Ngila im Felde. 
Am 14. Juni marschirte ich scharf durch das 
verwüstete Mangissaland nach Eluka am Sanaga. 
Alles war menschenleer; abends noch sezte ich über 
den Sanaga und lagerte am Mbam. Zu meiner 
größten Verwunderung kamen die Balingas, obwohl 
sie uns sahen, nicht, wie früher stets, mit ihren
	        
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