Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Zum Theil läßt sich dieser Unterschied dadurch er- 
klären, daß die Waare nach Großbritannien verschifft, 
während der Reise aber in London verkauft und erst 
bei der Ankunft im britischen Hafen nach Deutschland 
geleitet wird. 
  
Britisch-Centralafrika. 
Ueber den Handel des an der Küste von Ostafrika 
gelegenen Hafens Chinde entnehmen wir dem im 
Juli v. Is. als Parlamentsvorlage gedruckten Berichte 
folgende Angaben: 
Der Handel zwischen den Indiern und der ein- 
geborenen Bevölkerung hat einen bedeutenden Auf- 
schwung genommen. Haupthandelsartikel sind billiger 
und in grellen Farben gehaltener Kattun in großen 
Quantitäten, Shawls und Taschentücher, welche in 
Dhaus von Sansibar und Mozambique über Sofala 
und Inhambane an die Küste gebracht werden. Die 
Sachen sind von schlechter Qualität und werden mit 
enormem Profit verkauft, so daß die Eingeborenen 
bereits zu klagen anfangen; sie würden gerne mehr 
für bessere Waare zahlen. 
Die Heuschreckenplage, welche besonders den 
Zuckerrohrpflanzungen großen Schaden erwiesen hat, 
ist in dem Berichtsjahre geringer gewesen. Die 
Dampfer der Aberdeen-Linie laufen den Hafen un- 
gefähr alle drei Wochen, die der deutschen Ostafrika- 
Linie monatlich an; dieser Schiffsverkehr genügt jedoch 
anscheinend nicht, da die „Messageries Maritimes“- 
Linie eine vierzehntägige und auch die Castle-Linie 
einen regelmäßigen Dampfschiffsverkehr mit diesem 
Hafen plant. 
Die asiatische Bevölkerung ist in Chinde im Zu- 
nehmen begriffen, zumeist die indischen Händler und 
die Banyanen. Angezogen durch den Fortschritt, den 
Britisch-Centralafrika gemacht hat, sollen einige Neger 
aus den Vereinigten Staaten sich in Chinde ange- 
funden haben, die zu den gebildeten Elementen ge- 
hören und Neigung bekunden, sich dauernd zu 
nutzbringender Thätigkeit dort niederzulassen. Unge- 
lernte eingeborene Arbeiter sind in einiger Entfernung 
von Chinde zu haben und erweisen sich verhältniß- 
mäßig als anstellig. Schwieriger ist es, europäische 
und gelernte eingeborene Arbeiter zu haben; ge- 
wöhnlich holt man sie aus Quilimane und Beira, 
natürlich bei der großen Nachfrage nach ihnen an 
diesen Plätzen mit einem gewissen Aufgeld an Lohn. 
Ueber die Lohnverhältnisse der verschiedenen Bevöl- 
kerungsklassen giebt eine im Anhang befindliche Tafel 
genaueren Aufschluß; hervorgehoben mag werden, daß 
europäische gelernte Arbeiter den höchsten Lohn mit 
monatlich 8 Pfd. Sterl. und eingeborene Hausdiener 
als die billigste Arbeitskraft monatlich 5 bis 
14 Schilling bekommen. An öffentlichen Arbeiten ist 
die Vermehrung der Bojen und Landungsmerkzeichen, 
die den Eingang zum Hafen bezeichnen, und der Bau 
eines neuen eisernen Leuchtthurmes hervorgehoben, 
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welche letzteren die portugiesischen Behörden am Ein- 
gang des Chindeflusses aufgestellt haben. Er zeigt 
ein weißes helles Licht mehr als zehn engl. Meilen 
über See und dient nur zur Vermeidung der dort 
unter dem Namen „Bar“ bekannten vorgelagerten 
Sandbänke. 
Durch die neue Telegraphenleitung zwischen Chik- 
wawa und Chiromo am Shirefluß ist Chinde in 
direkte Verbindung mit Zomba und Blantyre gesetzt 
worden. Da die englische Leitung erst in Chiromo 
beginnt und die Telegramme vorher die portugiesische 
Leitung passiren müssen, hat dieser Anschluß keine zu 
große Bedeutung; die Unkenntniß der portugiesischen 
Beamten mit der englischen Sprache giebt häufig 
Gelegenheit zu Verstümmelungen der Depeschen. De- 
peschen nach Europa bedürfen noch immer der Sen- 
dung über Mozambique oder Beira. 
Längs der Küste sind in dem Berichtsjahre mehrere 
Brandungsbrecher aufgestellt, da die starke Brandung 
großen Schaden an der Küste angerichtet hat; man 
befürchtet, daß allmählich die ganze Küste weggespült 
wird. Auch diese Brandungsbrecher werden voraus- 
sichtlich ihren Zweck nicht ganz erfüllen, und es wird 
wohl zum Schutze der Küste eine steinerne Mauer 
nothwendig werden, von deren Bau man jetzt jedoch 
nach E der Kostspieligkeit dieses Unternehmens 
absieht. 
Sierra Leone im Jabre 1390.7) 
Die Gesammteinnahmen betrugen 97 109 Pffd. 
Sterl. gegen 98 838 im Vorjahre. 
Die Ausgaben bezifferten sich auf 116 182 Pfd. 
Sterl. gegen 93 099 im Vorjahre. Die erhebliche 
Steigerung ist zum Theil auf unvorhergesehene Aus- 
gaben, insbesondere für die englisch-französische Grenz= 
kommission, zurückzuführen. 
Die Gesammtaktiva überstiegen am 31. Dezember 
1896 die Passiva um 19 355 Pfd. Sterl. Die 1871 
bis 1873 kontrahirte, 1896 bis 1898 rückzahlbare 
öffentliche Anleihe im Betrage von 50 000 Pfd. 
Sterl. ist im Juni 1896 zur Hälfte abbezahlt worden. 
Zur Rückzahlung des Restes von 25 000 Pfd. Sterl. 
ist genug Geld vorhanden, jedoch kann diese Tilgung 
erst im Juni 1898 geschehen. 
Die Kosten für die militärische Besatzung, welche 
vom Mutterlande getragen werden, betrugen 64 421 
Pfd. Sterl. gegen 60 382 im Vorjahre. Die neben 
dieser Besatzung bestehende Grenzwachmannschaft hatte 
1896 eine Stärke von 524 Mann einschließlich der 
Vorgesetzten. 
Für öffentliche Bauten und Wege wurden 6606 
Pfd. Sterl. gegen 7831 im Vorjahre ausgegeben. 
Eine Volkszählung hat seit 1891 nicht statt- 
gefunden. Die Anzahl der registrirten Geburten 
betrug 1541 (1445 im Vorjahr), der Todesfälle 
*) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1897, S. 74.
	        
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