S--—
Spitze abzubrechen, hier auch darauf hinweisen, daß
dieser Wiedertäuferunfug durchaus nicht etwa nur
von deutschen Reisenden verübt wird. Er ist auch
in England verbreitet, und gerade das zweifellos
bösartigste Beispiel, das man je für ihn zitiren kann,
stammt aus England: der Name „Sandwich-Inseln“
für die Hawaiigruppe. In Deutschland ist der Name
glücklicherweise nie recht eingebürgert worden und
jetzt völlig außer Gebrauch.
Verlassen wir mit dieser Betrachtung die angeb-
lich „patriotische“ Seite der Frage und wenden wir
uns zu ihrer wissenschaftlichen Erörterung, so muß
die Beibehaltung des einheimischen Namens als das
leitende Prinzip gelten. Das ist so oft ausgesprochen
und von unanfechtbaren Autoritäten so oft erklärt
und durchgeführt worden, daß wir es an dieser
Stelle einfach als selbstverständlich betrachten dürfen.
Wo immer also ein einheimischer Name vor-
handen und zu ermitteln ist, da muß er naturgemäß
beibehalten werden; erst wenn ein einheimischer
Name nicht zur Verfügung sieht, kann das Recht
des ersten Entdeckers auf Namengebung einsetzen.
Das ist alter geographischer Brauch, der sich gerade
auch an der Entdeckungsgeschichte von Neu-Britan-
nien und Neu-Irland schön nachweisen läßt. Durch
Tasman (Journal 142) wissen wir, daß die spa-
nischen Seefahrer des 16. Jahrhunderts das von
ihnen entdeckte Ostende des damals als Theil von
Neu-Guinea geltenden Neu-Britanniens Cabo Sa.
Maria genannt hatten; 1616 haben Le Maire und
Schouten, 1643 Tasman Theile von Neu-Bri-
tannien gesehen; aber erst Dampier entdeckte 1700
die Straße, die das Land von Neu-Guinea trennt,
und er nannte es Neu-Britannien. Carteret, der
1767 den St. Georgs-Kanal entdeckte, beschränkte
dann diesen Namen auf die große westliche Insel,
nannte die von ihm als solche neu entdeckte östliche
Insel Neu-Irland und die in Nordwest von Neu-
Irland gelegene, von diesem durch die Byronstrasze
getrennte Insel Neu-Hannover; die Inselgruppe im
St. Georgs-Kanal zwischen Neu-Britannien und Neu-
Irland, die er nicht als solche erkannte, sondern für
eine einzige Insel hielt, belegte er mit dem schwer-
fälligen Namen Duke of Vork.
Diese Namen haben in der ganzen Welt noch
heute Geltung; man hat zwar seither wiederholt ver-
sucht, die einheimischen Namen Birara, Tombara und
Amakada (für Neu-Britannien, Neu-JIrland und die
Hauptinsel der Yorkgruppe) einzuführen; aber diese
an und für sich sehr lobenswerthen Bemühungen sind
bisher nicht anerkannt worden, weil man sich nicht
genügend davon überzeugen konnte, ob diese Namen
wirklich den ganzen Inseln oder nur Theilen von
ihnen entsprechen. Bei dem geringen Verkehr, der
innerhalb der einzelnen Inseln des Archipels zu
herrschen scheint, ist es möglich, ja sogar wahrschein-
lich, daß die Einwohner selbst keine richtigen Vor-
stellungen von der Ausdehnung ihrer Inseln haben
und daß ihre eigenen gcographischen Namen sich nur
210
auf einzelne Landschaften, nicht auf eine ganze Insel
beziehen.
Es scheint nicht, als ob die Namen Birara und
Tombara irgend Aussicht hätten, einmal allgemein
gebraucht zu werden; hingegen ist es selbstverständ-
lich, daß man, dem Vorschlage Admiral v. Werners
folgend, die Duke of York-Gruppe nach der Haupt-
insel Amakäda-Gruppe nenunen muß, ebenso wie
v. Werner für die kleineren Inseln der Gruppe
die Namen Makadä, Muarlin, Mcoko, Utuan und
Kerawara ermittelt und dadurch bleibend in die
geographischen Namenlisten eingeführt hat.
Hingegen schienen Neu-Irland und Neu-Bri-
tannien die Namen, die sie 1766 und 1700 von
ihren Entdeckern bekommen hatten, dauernd behalten
zu sollen, bis es in unserer Zeit einem unglücklichen
Manne einfiel, von dem aus der englischen Zeit
Hannovers stammenden Namen „Neu-Hannover“
verleitet, auch den anderen Inseln der Gruppe den
Namen preußischer Provinzen oder deutscher Landes-
theile zu geben. Man kann wohl sagen, daß nie-
mals eine Umtaufung willkürlicher, ungeschickter, un-
passender und schlechter motivirt war als diese;
gleichwohl fand sie die Billigung der Neu-Guinea-
Kompagnie und ist dann naturgemäß in eine An-
zahl neuer Atlanten übergegangen, zum Aerger aller
Fachleute und zum Spotte für die Wissenden. Es
ist natürlich ganz ausgeschlossen, daß eine solche
widersinnige Umtaufe dauernd Bestand haben kann;
früher oder später wird man doch zu den alten
Namen zurückkehren müssen; je früher das geschieht,
desto einfacher und leichter wird die Umkehr sein.
Es ist aber zu hoffen, daß unsere Kolonialver=
waltung schon bei Gelegenheit der, wie es scheint,
in Kürze bevorstehenden Uebernahme des Gebietes
in die Reichsverwaltung Anlaß nimmt, den Fehler
der Neu-Guinca-Kompagnie gutzumachen und die
alten Namen, die wissenschaftlich nie außer Gebrauch
gekommen sind, auch amtlich wieder zu Ehren zu
bringen.?)
Soviel also über die Wiederherstellung der alten
Namen Neu-Britannien und Neu-Irland. Natürlich
wird es bei dieser Gelegenheit auch an der Zeit
sein, die anderen Namen im Bereiche der deutschen
Schutzgebiete in der Südsee auf ihre dauernde
Brauchbarkeit zu prüfen. Da stoßen wir zunächst
auf zwei neue Namen, die wir ohne Bedenken als
glücklich gewählt bezeichnen können und die sicher
dauernde Geltung behalten werden. Es lag nahe,
den deutschen Antheil an Neu-Guinea als eine neue
politische Einheit auch mit einem neuen Namen zu
versehen; einen besseren, als „Kaiser Wilhelms-
Land“, konnte man sicher nicht finden. Ebenso ent-
spricht es sicher einem wirklichen Bedürfnisse, für
*) Laut Verordnung vom 2. Februar 1895 (Kol. Ge-
setzgebung S. 130; sind bei Benennung von Oertlichkeiten
stets die einheimischen Namen zu wählen. Bei Neu-
benennungen ist die Genehmigung der Kolonialabtheilung
einzuholen.