Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

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Mit großem Gefolge, wohl an 50 Leuten, er- 
wartete mich Pangalalla in der Nähe seines Dorfes. 
Sofort bat er bei der Begrüßung mich um Ent- 
schuldigung, daß er infolge seines Fußleidens (er hat 
durch Sandflöhe eine große Zehe eingebüßt) mich 
noch nicht in Tabora hätte aufsuchen und heute nicht 
an der Grenze seines Landes hätte erwarten können. 
Kaum war das Lager in der Nähe seines Hauses 
aufgeschlagen, bat mich Pangalalla, dem Drängen 
seiner Krieger, leider sei der größte Theil auf Safari, 
nachgeben zu wollen, vor uns ihren Begrüßungs- 
und Kriegstanz aufführen zu dürfen. Sehr gespannt 
sagte ich zu, und ich muß wohl sagen, ich habe noch 
nic einen so schönen interessanten, durch und durch 
exakten, mit Begeisterung aufgesührten Tanz mit- 
angesehen. Er wurde von lauter schönen kräftigen, 
clastischen Gestalten aufgeführt, die alle ihren malerisch 
aussehenden Kopfkriegsschmuck, der bei unverheiratheten 
aus schwarzen, den ganzen Kopf bedeckenden Federn, 
bei verheiratheten aus nur wenigen Federn besteht, 
aushatten. " " 
In vier bis fünf Gruppen von 30 bis 40 Mann, 
mit Keule, Speer und Schild bewaffnet, zu vier 
Gliedern auf Vordermann formirt, kamen sie unter 
gleichmäßigem Gesange mit langsamen Schritten 
gruppenweise anmarschirt. Jede Gruppe reihte sich 
beim Eintreffen an die andere an und achtete auf 
peinlichste Ordnung und richtiges Einfallen in den 
Talt des Gesanges und des aus der Stelle getretenen 
Tanzschrittes. Nachdem etwa 150 Leute in Reih 
und Glied standen, traten einzelne Tänzer vor die 
Front und führten, eine besondere Melodie singend, 
einen Extratanz auf, der das Niederwerfen oder 
Tödten eines Feindes andeuten und darstellen sollte 
und aus den unglaublichsten Schritthochsprüngen 
bestand, wobei das Herunterkommen des Körpers 
auf dem Erdboden durch das Schlagen der Keule 
auf dem Schilde und gleichzeitiges Nachsingen des 
Refrainwortes von allen Kriegern begleitet wurde. 
Das Ende jedes Einzeltanzes war stets ein 
Salaam, ein Niederknien vor mir. Soviel Tänzer 
nacheinander auch vortraten, niemals kam irgend eine 
Unregelmäßigkeit oder ein Anßertaktfallen vor. 
Sehr interessant war es, als der älteste. Mann 
des Dorfes, ein Greis mit krummem Rücken und 
zahnlosem Munde, als Einzeltänzer vor der Front 
erschien; kaum hatte er das Lied begonnen und sich 
in die Begeisterung hineingesungen, als an ihm Nichts 
mehr von Schwäche und Unbeholfenheit zu merken 
war; statt des Schritthochsorunges hüpfte er 
auf einem Beine umher und führte seinen Tanz bis 
zum Schluß des Niederkniens exakt und unter großer 
Begeisterung aus. Letztere erreichte ihren Höhepunkt, 
als der Sohn des Sultans, ein kleiner fünfjähriger 
Junge, mit Speer und Schild bewaffnet, in Reih 
und Glied eintrat und mir dann seinen Einzeltanz 
und seinen Salaam vorführte. 
Das ganze Auftreten lieferte den Beweis, daß 
sie tadellos von ihrem Maniampara, ihrem alten 
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Zauberer, der beim Einzeltanz das unglaublichste, 
gleichzeitig urkomisch wirkende, augenrollende Ge- 
sichterschneiden machte, ausexerzirt worden sind und 
auch öfters in der Uebung erhalten werden. 
Bedauerlich war es, daß man ihre Sprache, somit 
ihren Gesang nicht verstehen konnte. Wie der 
Waniampara uns erklärte, drückte jeder Vortänzer 
durch seinen Gesang in seiner Weise seine Freude 
über unseren Besuch aus und spräche die Hoffnung 
aus, bald Gelegenheit zu erhalten, in einem Kriege 
ihre Tapferkeit beweisen zu können. 
Nachher sprach auch der Sultan Pangalalla offen 
die Bitte aus, ihm und seinen Kriegern doch gestatten 
zu wollen, jenseits des Tanganyika-See gehen und 
Krieg führen zu dürfen. Ich redete ihm natürlich 
diese Idee aus und verbot ihm, ohne meine Erlaubniß 
selbständig sich auf den Kriegspfad zu begeben. Dafür 
versprach ich ihm, bei nächster sich bietender Gelegen- 
heit 50 von seinen tapferen Kricgern als Hülfsvölker 
zu requiriren, um zu sehen, ob sie auch wirklich 
ihren Ruf rechtfertigten. 
Mit ungeheuerem Jubel wurde diese meine Ab- 
sicht von allen Kriegern aufsgenommen und in ihrer 
Begeisterung wollte das Tanzen und das Besingen 
der sich ihnen bietenden schönen Zukunft durch Solo- 
tänzer kein Ende nehmen. Ein zur richtigen Zeit 
eintretender tüchtiger Gewitterregen machte zum großen 
Leidwesen der Krieger, die nicht müde werden wollten, 
ihrem Tanze ein Ende. Nachdem die einzelnen 
Gruppen noch auf uns einen Scheinangriff unter- 
nommen, gingen sie wieder vollständig georduct, 
gruppenweise geschlossen, wie sie gekommen, mit. Ge- 
sang ab. Die Disziplin, die, auch hierbei zu erkennen, 
unter ihnen herrschte, ist bewundernswerth und ich 
glaube sicher, daß sie als Hülfstruppen, als Pa- 
trouillen ganz gute Dienste leisten werden und daß 
sie, wenn Gegner, von allen im hiesigen Bezirk 
lebenden Schwarzen durch ihre wirkliche Ausbildung 
als Krieger und durch ihre Kriegslust die einzigen 
sein werden, die Stand halten würden. 
Am Abend wurde uns drei Europäern vom 
Sultan Pangalalla zur Erinnerung je ein Kriegs- 
schmuck und Schild überreicht. 
Den Rückweg trat ich längs der Uhagrenze über 
Shirambo, Lukaya, Ussonga, Ujankulla nach Tabora 
an, woselbst am 23. März die Expedition gesund 
eintraf. 
Während der vierwöchentlichen Expedition war 
trotz der Regenzeit nur während fünf Tage mehrere 
Stunden anhaltender Regen, sonst nur kurze Gewitter; 
daher war auch der Gesundheitszustand aller Mit- 
glieder stets ein guter. 
Am 13. März in Msesa ya Linbanino, cinen 
Tagemarsch nordwestlich von Shirambo, abends 7 Uhr 
40 Min., ging dicht über unsere Köpfe von Osten 
nach Westen ein helles Mcteor in den schönsten 
Farben, blau vorherrschend, der vom Anfangs= bis 
Endpunkte sichtbar war und nicht weit von uns ver- 
löschte. Nach etwa 1½ Minuten wurden zwei sehr
	        
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