Bericht des Hauptmanns Prince über Landeintheilung.
Einem Bericht des Hauptmanns Prince aus
Iringa vom 12. September 1898 entnehmen wir
Folgendes:
Miit eintretender Ruhe machte sich, wie voraus-
zusehen, bei den Wahehe das Bedürfniß nach ge-
nauer Landeintheilung und nach Ausbreitung geltend.
Die hierdurch erforderlich werdenden neuen Ab-
grenzungen, die sehr wünschenswerthe Besichtigung
Mlangalis und des närdlichen Mererereiches und
die nothwendige Regelung einiger Streitfragen
machten meine persönliche Anwesenheit wünschens-
werth. Am 8. reiste ich deshalb mit einigen Askaris
und Trägern von der Station ab und regelte einige
noch offene Grenzfragen. Des Abends fand große
Pombegesellschaft statt, wobei eine so lebhafte, ver-
ständige Unterhaltung geführt wurde, wie sie kaum
bei anderen Negern Deutsch-Ostafrikas möglich sein
dürste. Hier hörte ich von Neuem die von jeher
seitens der Wahehe vorgebrachte Behauptung, daß
sie bei ihrem Siege über Zelewski 1891 viel mehr
Leute verloren hätten als bei ihrer Niederlage 1894.
Nach Besichtigung des neuerdings erbauten Denk-
steins für den 1894 gefallenen Lieutenant Maß
ging die Reise am 9. am entenreichen kleinen Kibebe-
see vorüber, der wie der Ugombosee bei Mpapua
periodisch austrocknen soll, ins Ue#sruthal hinein. Die
Sicherheit der Straße ist hier vollkommen, aber die
Siedelung ist sehr dürftig geblieben, da die meisten
Leute Kiwangas Vigongo sind, die nach Beendigung
des Krieges wieder ins Igongo gezogen sind. Bei
Kiwanga erwartete mich ein Msagira Tschiambira,
dem eine kleine Jumbenschaft wegen seiner Verdienste
während des Ausstandes versprochen war. Mit
diesem und Kiwanga bestieg ich mittags die Uêru-
stufe und betrat damit das Igongo-Bergland.
Dieses senkt sich von 1700 bis 1800 m im Süden,
auf 1200 bis 1300 m im Norden, bildet ein Chaos
von meist sehr schmalen Thälern und steilen, fels-
besäten, dünn mit Akazien und Miguhnu oder Dorn-
sträuchern bestandenen Höhen und ist trotz seines
großen Reichthums an schönen Bächen stellenweise
öde, meist wenig werthvoll, bis auf eine Anzahl
bedeutenderer, außerordentlich fruchtbarer Thal-
erweiterungen. Diese waren im Aufstande verlassen,
theilweise aber schon wieder besiedelt worden, wäh-
rend andere Besiedelungen auf meiner Reise bestimmt
werden sollten. Am 11. ging ich an den Rand
Igongos und stieg am Ausflusse des hier zwei Fälle
bildenden Issangaflüßchens in die Ruahaniederung,
durchschnitt die schmalen, fruchtbaren Striche von
Kibwanjo und Issanga, lagerte in Tungamarenga
und zog am 12. weiter durch Ndeuku. Beide letzt-
genannten Ortschaften stehen unter einem Walde
großer Dornakazien, sind schon deshalb sehr fruchtbar
und sind es umsomehr, als viel Berieselung möglich
ist. Tungamarenga zeigt noch Spuren der alten
Quwaherrlichkeit, ist aber halb verlassen, da die Leute
vielfach als frühere Wassangu ins Mereregebiet ge-
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zogen, theils vor Leoparden in andere weniger ge-
fährdete Dörfer geflüchtet sind. Trotzdem wurde
viel Essen zu billigen Preisen angebracht. Die Leute
waren sehr zutraulich. Von hier führte der Weg
durch schmale, fast gänzlich wasserlose lange Thäler,
die von niedrigen, mit Geröll und Dornbusch be-
deckten Hügeln eingesäumt sind. Stellenweise hatte
man den Eindruck, daß Menschen absichtlich in
riesiger Arbeitsvergeudung das Gelände mit be-
hauenen Bruchsteinen bedeckt hätten, derart waren
die Feldsteine unter der fabelhaften Hitze zerborsten.
Es ist eins der ödesten Stückchen Deutsch-Ostafrikas.
Nach ermüdendem Marsche lagerte ich in der kleinen
Oase Waga, die zwar nur von wenigen Familien be-
wohnt war, doch mit ihren sauberen neuen Temben
und zufriedenen Einwohnern den günstigen Einfluß
Mambangas erkennen ließ. Am 12. ging der Marsch
weiter durch ödes Bergland, bis wir gegen Mittag
wieder bei Soligona in die Ruahaniederung hinab-
stiegen. Hier beginnt Mereres Reich. Die Ein-
wohner sind friedliche, vergnügte, europäerfreundliche
Leute, die unter den neueingewanderten Wasagira
des Sultans Merere sich glücklich sühlen. Hier sieht
man viele Rundhütten eingewanderter Wasafa neben
den Temben der Wasangu und einiger Wabena.
Allerorts ist der gute Einfluß Mereres sichtbar;
überall nimmt man Neubauten wahr, um Hütten
und Temben gackern und meckern Hühner und Ziegen.
Rinder werden aber — jedenfalls wegen Surra —
nicht gehalten.
Am Morgen des 16. kam Merere mit großem
Trosse an, und ich zog gleich mit ihm westlich durch
die Ruaha-Ebene nach Gawiro, Mereres Residenz,
die auf einer riesigen Landwelle in 1300 m Höhe
liegt. wo ich am Nachmittage des 18. Wohnung
bei Merere bezog. Hier traf alsbald Lientenant
v. der Marwitz, von Mlangali kommend, ein, und
lange Schauris fanden bis zum folgenden Nach-
mittag statt.
Viele Wahehe hatten sich mir angeschlossen, die
von Merere Weiber 2c. — in alten Zeiten von ihm
gefangen — erbitten wollten. Ich veranlaßte die
Erfüllung verschiedener dieser Bitten und nahm zum
ersten Male wahr, daß ganz rabiate Wahehe Merere
den Fuß küßten — ein gutes Zeichen für die Stel-
lung, die er in letzter Zeit in seinem neuen Reiche
einnimmt. Im Uebrigen bat der sehr willige Me-
rere, daß er in Zukunft von dergleichen Bitten der
Wahehe verschont bleibe, da sonst diese sogenannten
„Weiberschauris“ gar nicht zu Ende kommen würden.
Ich sicherte ihm zu, daß eine Zeit festgesetzt werden
würde, nach welcher keine ähnlichen Angelegenheiten,
die vor diesen Tag zurückdatiren, im Schauri berück-
sichtigt würden.
Wenn ich über die erfreulichen Zustände, die
Merere in den von mir passirten Theilen seines
Reiches im letzten Vierteljahr geschaffen hat, befriedigt
war, war ich es noch mehr über die günstige Ver-
änderung seines eigenen Wesens. Der urnsichere,