Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

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wundet und das im Boote befindliche Gewehr ge- 
Deulsch · Neu · Guinea. 
Bericht 8. M. S.„Möwe“. 
Gelegentlich der letzten Anwesenheit S. M. S. 
„Möwe“ bei Tamara wurde ein Offizier im Dampf- 
beiboot nach Berlinhafen geschickt und zwar zu Ver- 
messungszwecken und um sich von der Nothwendigkeit 
des Anlaufens von Berlinhafen zu überzeugen. 
Der Stationsvorsteher Herr Lüster war nicht 
anwesend, sondern als einziger Europäer ein Zimmer- 
mann. 
die Eingeborenen vollständig friedfertig und harmlos, 
und lag weder eine Befürchtung von Uebergriffen 
seitens derselben vor, noch waren gegen solche irgend 
welche Vorsichtsmaßregeln getroffen. 
Seit Uebernahme der Verwaltung durch die Re- 
gierung hat auch der stellvertretende Gouverneur 
keinerlei Requisitionen für das Anlaufen von Berlin- 
hafen eingereicht. . 
Aus diesem Grunde hat S. M. S. „Möwe“ ge- 
legentlich der letzten Reise nach Neu-Guinea Berlin- 
hafen nicht angelaufen. 
Bericht der Expedition 8. M. S. „Möwe“. 
Ueber eine Expedition der deutschen Polizeitruppe 
an Bord S. M. S. „Möwe“ berichtet der Kaiserliche 
Gouverneur aus Herbertshöhe, den 8. August 1899, 
Folgendes: 
Kurz nach meinem Eintreffen in Herbertshöhe 
theilte mir der Kommandant S. M. S. „Möwe“, 
Herr Kapitän Dunbar, mit, daß er in nächster 
Zeit mit der „Möwe“ auf einige Monate zum Docken 
nach Sydney gehe. Er sei bereit, falls erforderlich, 
einer alsbaldigen Requisition zur Erledigung drin- 
gender Angelegenheiten noch vorher Folge zu geben. 
Eine Rücksprache mit dem Käeiserlichen Richter 
Dr. Schnee ergab, daß an einigen Punkten des 
Schutzgebietes ein sofortiges Eingreifen durchaus 
wünschenswerth sei. Es wurde daher von mir an 
den Kommandanten S. M. S. „Möwe“ das nach- 
stehende Ersuchen gerichtet: 
„Euer Hochwohlgeboren beehre ich mich ergebenst 
zu ersuchen, zum Schutze der auf der Ostseite Neu- 
Mecklenburgs befindlichen Europäer mit S. M. S. 
„Möwe“ gegen einige dortige Eingeborenenstämme 
vorzugehen, welche in letzter Zeit verschiedene Mord- 
und Raubanfälle begangen haben. In Panakondo 
(Ostseite Neumecklenburgs, südlich der Gardener- 
Inseln) wurden im Februar d. Is. 10 Bukas und 
1 Neupommer, welche von dem weißen Händler in 
Kapsu zu Handelszwecken in einem Boote die Küste 
hinabgesandt waren, von den Eingeborenen ermordet. 
Die Letzteren erbeuteten dabei 2 Winchester-Gewehre 
und 2 Revolver mit Munition. Im Juni d. Is. 
wurde ein weiteres Boot desselben Händlers von 
den Eingeborenen von Putput (nördlich von Kapsu) 
angegriffen, wobei ein Buka lebensgefährlich ver- 
Nach den Aussagen dieses Letzteren waren 
  
raubt wurde. Falls nicht bald gegen die Ein- 
teborenen vorgegangen wird, sind weitere Mordthaten 
auch gegen Europäer zu befürchten. 
Ferner stelle ich das ergebenste Ersuchen, in den 
Admiralitäts-Inseln zum Schutze der dort befind- 
lichen Europäer die Flagge zu zeigen. Wie bereits 
in dem diesseitigen Schreiben vom 13. April d. Js. 
dargelegt, sind die drei Händler, welche sich früher 
in den Admiralitäts-Inseln niedergelassen hatten, in 
den Jahren 1893 und 1894 durch die dortigen 
Eingeborenen ermordet worden. Die beiden seit 
vorigem Jahr dort befindlichen Händler haben bereits 
mit den Eingeborenen Kämpfe zu bestehen gehabt. 
Es find jetzt mehrere Schiffe nach den Admiralitäts- 
Inseln unterwegs, welche dort nach Perlschalen fischen 
und mit den Eingeborenen Handel treiben wollen. 
Es erscheint dringend nothwendig, daß bald eine 
bewaffnete Macht dort gezeigt und, sofern die an 
Ort und Stelle vorzunehmende Untersuchung der 
letzten Kämpfe die Nothwendigkeit eines Einschreitens 
zum Schutz der Europäer ergeben sollte, gegen die 
Eingeborenen vorgegangen wird. 
Wie Euer Hochwohlgeboren bekannt, ist für die 
nächste Zeit keine anderweite Möglichkeit des Ein- 
schreitens in Neumecklenburg und den Admiralitäts- 
Inseln gegeben. Im Fall einer Verzögerung sind 
an beiden Punkten schlimme Folgen zu gewärtigen. 
Ich bitte, mich und den Kaiserlichen Richter 
Schnee sowie 20 Mann der Polizeitruppe an 
Bord zu nehmen.“ 
Herr Kapitän Dunbar stellte darauf zum 
29. Juli die „Möwe“ zur Abfahrt bereit. 
Die Mitnahme von Herrn Dr. Schnee erschien 
nöthig, da ich weder die Leute der Polizeitruppe 
genügend kannte, noch mich mit ihnen in wünschens- 
werther Weise verständigen konnte; ferner da mir 
Auftreten und Gepflogenheiten der Südsee-Insulaner 
unbekannt waren und die Expedition von einem 
Beamten begleitet sein mußte, dessen Kenntniß der 
Verhältnisse der Eingeborenen ein richtiges Auftreten 
und Eingreifen gewährleistete. 20 Mann Polizei- 
truppe als Expeditionskorps erschien ausreichend, 
weil ein Kampf gegen größere geschlossene Stämme 
nicht in Frage stand. - 
Die Polizeitruppe wurde instruirt, daß zunächst 
im Allgemeinen friedlich mit den Eingeborenen ver- 
handelt werden sollte und daß Niemand zu schießen 
habe ohne ausdrücklichen Befehl, falls er sich nicht 
in wirklicher Nothwehr befände. Auf Frauen und 
Kinder dürse überhaupt nie geschossen werden. 
Der Reisegesellschaft schlossen sich als Vertreter 
von Firmen, die an der Expedition besonderes In- 
teresse hatten, die Herren Thiel aus Matupi 
(Hernsheim & Co.) und Schulz aus Mioko 
(Deutsche Handels= und Plantagen-Gesellschaft) an. 
Am 29. Juli gegen 4 Uhr dampfte die „Möwe“ 
von Herbertshöhe ab, und am 31. um 9 Uhr 
morgens trafen wir bei den Vorinseln der Admi-
	        
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