109
angebaut zu sein. Angeblich wird Rota von 300
bis 400 Menschen bewohnt.
Am 17. früh morgens wurde Saipan erreicht.
Wegen des schlechten Wetters und der beschränkten
Zeit des „Jaguar" mußte von einem Anlaufen
der Insel Tinian vorläufig Abstand genommen
werden. «
Nach vorgängigem Besuche und Besprechung mit
dem auf dem „Uranus“ eingetroffenen spanischen
lebergabekommissar ward nachmittags um 4 Uhr die
Flaggenhissung für die Marianen in ähnlich feierlicher
Beise wie früher für die Karolinen vollzogen. Die
dierzu angetretene spanische Garnison bestand aus
über 200 Tagalen (Philippinos), die bereits vier
Juhre unter spanischer Flagge gefochten und dieser
auch bei den Aufständen ihrer Landsleute treu ge-
blieben waren. Wie die spanische Flagge nieder-
geholt wurde, sah man es den Augen und Geberden
dieser Leute an, daß sie wirklich mit inniger Treuc
ihrer Fahne anhingen, die sie unter der Führung
des Gouverneurs von Saipan, Don Eugenio de
Blanco, so oft zu Kampf und Sieg geführt hatte,
und die sie als die letzten getreuen Spanier auf den
Vhilippinen unter ihrem tapferen Führer hochgehalten
hatten. Der Gouverneur Don Eugenio ist ein auf
den Philippinen geborener Kreole, der in seinem
Auftreten etwas sehr Vornehmes hat.
Als spanischer Anhänger und als sehr reicher
angeschener Mann hatte er gegen die Insurgenten
und später gegen die Amerikaner ein Freiwilligen-
korvs gebildet, dem auch die jetzige Saipaner Garnison
aungehörte. Ein Bruder von ihm war im Kampfe
für Spanien gefallen und er selbst mehrfach ver-
wundet worden. Er war seinerzeit von den Ameri-
kanern gesangen genommen und gegen ein Lösegeld
don 12 000 Dollar wieder freigelassen worden. Für
jeme außerordentliche Tapferkeit und Aufopferung
wurde er ohne eigentliche militärische Laufbahn rasch
zum Obersten befördert und mit den höchsten mili-
lärischen Orden dekorirt. Bei der Uebergabe der
Phillppinen durch die Spanier ward er mit den
Togalen, die früher gegen ihre Landsleute gefochten
hotten, nach Saipan eingeschifft, um die Verwaltung
der Marianen zu übernehmen. Nunmehr wird er
mit seinen Leuten, die als Garnison auf den kana-
rischen Inseln Verwendung finden sollen, nach Spanien
überführt werden. Er hat die Absicht, im Mai
nächsten Jahres Berlin zu besuchen.
Wie ich in Saipan erfuhr, haben die Spanier
auf den Marianen bereits bestimmte Abgaben er-
hoben, und zwar eine Kovpfsteuer, Abgaben für
Birthschaftslonzessionen, Ausfuhrzoll für einen aus
Kokosmilch hergestelltes Getränk sowie Pachtzins
für die Ausbeutung herrenloser Kokospalmenwälder
und eine Abgabe für die Entnahme herrenlosen
Viehes. Der abgehende Gouverneur theilte uns
mit, daß er für den Deutschland abgetretenen Theil
der Marianen diese Einkünfte für die nächsten Jahre
auf 20 000 bis 25 000 Mark berechnet habe. Es
ist die vorläufige Forterhebung der Abgaben ange-
ordnet, und es läßt sich daraus die sichere Hoffnung
herleiten, daß die lokalen Verwaltungskosten für die
Marianen dadurch gedeckt werden, da die Erhaltung
einer kostspieligen Truppe dort für alle Zeiten ganz
unnöthig sein wird.
Die Bevölkerung von Saipan wird auf etwa
1600 Köpfe angegeben. Dieselbe ist, da auffallend
reicher Kindersegen vorhanden, und jetzt auch eine
sortwährende Einwanderung von Guam stattfindet,
in rascher Vermehrung begriffen. Die Bevölkerung
besteht etwa zur Hälfte aus Chamorras (Urein-
wohner) und Mischlingen derselben mit Spaniern,
zur anderen Hälfte aus Karolinenleuten, hauptsächlich
den Palauinseln und der Ruckgruppe entstammend.
Letztere wurden in den sechziger Jahren zur Ver-
mehrung der Marianenleute in größeren ge-
schlossenen Trupps nach hier überführt. Sie
leben aber immer noch ziemlich für sich unter
eigenen Häuptlingen; eine Vermischung mit den
kleinen schwächlichen Chamorras, vor denen sie sich
meist durch einen auffallend kräftigen Körperbau
auszeichnen, hat kaum stattgefunden. In ihrer
Kultur stehen sie weit hinter der eigentlichen
Marianenbevölkerung zurück. Gesprochen wird auf
Saipan als Umgangssprache nur Spanisch. Englisch
ist nicht bekannt. Es ist daher als ein ganz beson-
derer Vortheil anzusehen, daß Bezirksamtmann Fritz
das Spanische vollkommen beherrscht. Es giebt auf
Saipan nur zwei Hauptorte, Garapan, den Sitz des
Gouvernements, und Tanapa. An beiden Orten
befindet sich eine Mission der spanischen Rekollekten-
brüder. Der „Jaguar“ und der „Uranus“ lagen,
2 bis 3 Seemeilen entsernt vom Lande, auf der
Rhede von Garapan vor Anker, ein Platz, der bei
hohem Seegange für die Schiffe sehr unbeguem und
ohne jeden Schutz ist; zudem liegt er für den Ver-
kehr mit dem Lande auch zu weit ab.
Ueber die Kopragewinnung Saipans habe ich
Sicheres nicht erfahren können. Größere gutgepflegte
Pflanzungen sieht man nicht, hingegen überall ver-
wilderte Kulturpflanzen. Die jetzigen Inselbewohner
sind wirthschaftlich sehr faul und indolent, und zur
Hebung der Landwirthschaft wird es eines gelinden
Zwanges bedürfen, den auszuüben bei den voll-
kommen friedlichen und nachgiebigen Leuten der
Verwaltung ein Leichtes sein wird. In kleine-
rem Maßstabe sind auf der Insel mit gutem
Erfolge Kakao, Kaffee und Tabak angepflanzt. Süße
Orangen wachsen überall verwildert, und eine pri-
mitive Zuckerrohrpresse, die ich in der Nähe von
Tanapa fand, bewies mir, daß auch die Anpflanzung
von Zuckerrohr mit Erfolg geschieht. Bei dem
Missionar in Tanapa trank ich guten eigengebautem
Kaffce, und die mich begleitenden Herren rauchten
Cigarren, welche der Missionar aus selbstgebautem
Tabak gedreht hatte. Die Cigarren brannten
5