Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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angebaut zu sein. Angeblich wird Rota von 300 
bis 400 Menschen bewohnt. 
Am 17. früh morgens wurde Saipan erreicht. 
Wegen des schlechten Wetters und der beschränkten 
Zeit des „Jaguar" mußte von einem Anlaufen 
der Insel Tinian vorläufig Abstand genommen 
werden. « 
Nach vorgängigem Besuche und Besprechung mit 
dem auf dem „Uranus“ eingetroffenen spanischen 
lebergabekommissar ward nachmittags um 4 Uhr die 
Flaggenhissung für die Marianen in ähnlich feierlicher 
Beise wie früher für die Karolinen vollzogen. Die 
dierzu angetretene spanische Garnison bestand aus 
über 200 Tagalen (Philippinos), die bereits vier 
Juhre unter spanischer Flagge gefochten und dieser 
auch bei den Aufständen ihrer Landsleute treu ge- 
blieben waren. Wie die spanische Flagge nieder- 
geholt wurde, sah man es den Augen und Geberden 
dieser Leute an, daß sie wirklich mit inniger Treuc 
ihrer Fahne anhingen, die sie unter der Führung 
des Gouverneurs von Saipan, Don Eugenio de 
Blanco, so oft zu Kampf und Sieg geführt hatte, 
und die sie als die letzten getreuen Spanier auf den 
Vhilippinen unter ihrem tapferen Führer hochgehalten 
hatten. Der Gouverneur Don Eugenio ist ein auf 
den Philippinen geborener Kreole, der in seinem 
Auftreten etwas sehr Vornehmes hat. 
Als spanischer Anhänger und als sehr reicher 
angeschener Mann hatte er gegen die Insurgenten 
und später gegen die Amerikaner ein Freiwilligen- 
korvs gebildet, dem auch die jetzige Saipaner Garnison 
aungehörte. Ein Bruder von ihm war im Kampfe 
für Spanien gefallen und er selbst mehrfach ver- 
wundet worden. Er war seinerzeit von den Ameri- 
kanern gesangen genommen und gegen ein Lösegeld 
don 12 000 Dollar wieder freigelassen worden. Für 
jeme außerordentliche Tapferkeit und Aufopferung 
wurde er ohne eigentliche militärische Laufbahn rasch 
zum Obersten befördert und mit den höchsten mili- 
lärischen Orden dekorirt. Bei der Uebergabe der 
Phillppinen durch die Spanier ward er mit den 
Togalen, die früher gegen ihre Landsleute gefochten 
hotten, nach Saipan eingeschifft, um die Verwaltung 
der Marianen zu übernehmen. Nunmehr wird er 
mit seinen Leuten, die als Garnison auf den kana- 
rischen Inseln Verwendung finden sollen, nach Spanien 
überführt werden. Er hat die Absicht, im Mai 
nächsten Jahres Berlin zu besuchen. 
Wie ich in Saipan erfuhr, haben die Spanier 
auf den Marianen bereits bestimmte Abgaben er- 
hoben, und zwar eine Kovpfsteuer, Abgaben für 
Birthschaftslonzessionen, Ausfuhrzoll für einen aus 
Kokosmilch hergestelltes Getränk sowie Pachtzins 
für die Ausbeutung herrenloser Kokospalmenwälder 
und eine Abgabe für die Entnahme herrenlosen 
Viehes. Der abgehende Gouverneur theilte uns 
mit, daß er für den Deutschland abgetretenen Theil 
der Marianen diese Einkünfte für die nächsten Jahre 
  
auf 20 000 bis 25 000 Mark berechnet habe. Es 
ist die vorläufige Forterhebung der Abgaben ange- 
ordnet, und es läßt sich daraus die sichere Hoffnung 
herleiten, daß die lokalen Verwaltungskosten für die 
Marianen dadurch gedeckt werden, da die Erhaltung 
einer kostspieligen Truppe dort für alle Zeiten ganz 
unnöthig sein wird. 
Die Bevölkerung von Saipan wird auf etwa 
1600 Köpfe angegeben. Dieselbe ist, da auffallend 
reicher Kindersegen vorhanden, und jetzt auch eine 
sortwährende Einwanderung von Guam stattfindet, 
in rascher Vermehrung begriffen. Die Bevölkerung 
besteht etwa zur Hälfte aus Chamorras (Urein- 
wohner) und Mischlingen derselben mit Spaniern, 
zur anderen Hälfte aus Karolinenleuten, hauptsächlich 
den Palauinseln und der Ruckgruppe entstammend. 
Letztere wurden in den sechziger Jahren zur Ver- 
mehrung der Marianenleute in größeren ge- 
schlossenen Trupps nach hier überführt. Sie 
leben aber immer noch ziemlich für sich unter 
eigenen Häuptlingen; eine Vermischung mit den 
kleinen schwächlichen Chamorras, vor denen sie sich 
meist durch einen auffallend kräftigen Körperbau 
auszeichnen, hat kaum stattgefunden. In ihrer 
Kultur stehen sie weit hinter der eigentlichen 
Marianenbevölkerung zurück. Gesprochen wird auf 
Saipan als Umgangssprache nur Spanisch. Englisch 
ist nicht bekannt. Es ist daher als ein ganz beson- 
derer Vortheil anzusehen, daß Bezirksamtmann Fritz 
das Spanische vollkommen beherrscht. Es giebt auf 
Saipan nur zwei Hauptorte, Garapan, den Sitz des 
Gouvernements, und Tanapa. An beiden Orten 
befindet sich eine Mission der spanischen Rekollekten- 
brüder. Der „Jaguar“ und der „Uranus“ lagen, 
2 bis 3 Seemeilen entsernt vom Lande, auf der 
Rhede von Garapan vor Anker, ein Platz, der bei 
hohem Seegange für die Schiffe sehr unbeguem und 
ohne jeden Schutz ist; zudem liegt er für den Ver- 
kehr mit dem Lande auch zu weit ab. 
Ueber die Kopragewinnung Saipans habe ich 
Sicheres nicht erfahren können. Größere gutgepflegte 
Pflanzungen sieht man nicht, hingegen überall ver- 
wilderte Kulturpflanzen. Die jetzigen Inselbewohner 
sind wirthschaftlich sehr faul und indolent, und zur 
Hebung der Landwirthschaft wird es eines gelinden 
Zwanges bedürfen, den auszuüben bei den voll- 
kommen friedlichen und nachgiebigen Leuten der 
Verwaltung ein Leichtes sein wird. In kleine- 
rem Maßstabe sind auf der Insel mit gutem 
Erfolge Kakao, Kaffee und Tabak angepflanzt. Süße 
Orangen wachsen überall verwildert, und eine pri- 
mitive Zuckerrohrpresse, die ich in der Nähe von 
Tanapa fand, bewies mir, daß auch die Anpflanzung 
von Zuckerrohr mit Erfolg geschieht. Bei dem 
Missionar in Tanapa trank ich guten eigengebautem 
Kaffce, und die mich begleitenden Herren rauchten 
Cigarren, welche der Missionar aus selbstgebautem 
Tabak gedreht hatte. Die Cigarren brannten 
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