Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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Indiens (Arundinaria, Phyllostachys), haben diese 
holzigen Halme nur die Dicke eines Spazierstockes, 
während die tropischen Arten bis 40 m hoch werden, 
mit einem Durchmesser von 25 cm. 
Die oberirdischen Stämme oder Halme sind in 
der Regel dicht zusammen gedrängt, bis zu 200 Halme 
in einem Busch. Manche Arten aber haben einen 
kriechenden Wurzelstock, und die Halme stehen einzeln 
oder kleine Büschel bildend. Jedes Jahr, in der 
Regenzeit, treibt das Rhizom mehrere dicke sastige 
Triebe, die, gigantischen Spargeln vergleichbar, sich 
zwischen den älteren Halmen hervordrängen, und in 
4 bis 6 Wochen mit dem vollen Durchmesser ihre 
volle Höhe erreichen, erst nach und nach ihre Seiten- 
aäste entwickeln und dann allmählich verholzen. 
Wenige Arten blühen jedes Jahr, die meisten 
periodisch in längeren Zeiträumen. Hat das Rhizom 
ein gewisses Alter erreicht (30 Jahre bei Bambusa 
arundinacea), so sind die Halme zur Bildung von 
Blüthenknospen disponirt. Dann kann, infolge von 
besonderen Witterungsverhältnissen oder anderen Um- 
ständen, eine Blüthezeit eintreten. Bei diesen Arten 
bedecken sich dann alle Halme eines Busches mit 
Blüthen, welche Samen, den Körnern unserer Ge- 
treidearten ähnlich, hervorbringen. Diese Arten 
wachsen meist gesellig, ausgedehnte Strecken in den 
Bergen bedeckend. Nicht nur alle Halme eines 
Busches, sondern alle Büsche in der Gegend sind 
dann statt der Blätter mit Blüthen und später mit 
Samen bedeckt. Nach der Samenreife sterben die 
Halme ab und fallen übereinander, bis sie von den 
Waldsenern der trockenen Jahreszeit verzehrt werden. 
In vielen Fällen stirbt das Rhizom auch ab. 
Nach einigen Jahren sieht man den Boden mit 
Millonen junger Bambuspflanzen bedeckt, schlanken 
biegsamen Gashalmen, etwa 1 m hoch, einer Wiese 
ähnlich. Unter der Erde sendet der zarte Wurzel- 
stock zahlreiche mit häutigen Scheiden bedeckte Zweige 
aus, die sich später zu dem holzigen Rhizom ent- 
wickeln. Im Kampfe ums Dasein gehen dann die 
schwächeren Pflanzen zu Grunde, und nach etwa 
0 bis 20 Jahren steht der Bambuswald wieder da, 
in welchem, je nach den Arten, 100 bis 300 Büsche 
auf dem Hektar stehen. 
Der Anbau von Bambusen durch Ableger ¾ 
miglich, in diesem Falle aber nicht zu rathen, 
sei denn, daß Bambusa vulgaris oder eine rühern 
Art schon in großer Anzahl vorhanden wäre, so daß 
man die Ableger gleich an Ort und Stelle hätte. 
Ableger bringen auch zuerst nur dünne Grashalme 
hervor, und cs dauert mehrere Jahre, bis das 
Rhizom genügend erstarkt, um Stämme in der vollen 
Größe zu liefern. In großem Maßstabe zieht man 
Bambusen am besten aus Samen. Eine gute Me- 
thode, die in Indien häufig angewendet wird, ist, 
die Pflanzen aus dem Saatbeete in von Bambus 
roh geflochtene Körbe zu setzen und mit diesen aus- 
zupflanzen. Auf diese Weise leidet das zarte 
Wurzelgeflecht nicht, und der Bambuskorb verfault 
  
nachher im Boden. Die Körbe könnte man auch 
von Schilf oder anderem Material flechten. In- 
dessen wird man wahrscheinlich die jungen Pflanzen 
auch ohne besonderen Schutz auspflanzen können. 
Bambuswälder im Großen anzulegen, hat man 
in Indien keine Veranlassung, da überall die natür- 
liche Verjüngung ausreichend ist. Sollte man aber 
in Deutschafrika die Absicht haben, etwa den Teak- 
baum mit Bambus zusammen anzupflanzen, so muß 
man sich klar machen, daß in einem hiebreifen Be- 
stande etwa 100 Teakbäume und ebensoviel Bambus- 
büsche pro Hektar stehen werden. Um dies zu er- 
zielen, würde ich der Unkrautreinigung und der 
leichteren Kontrolle wegen, stets der Reihenpflanzung 
den Vorzug geben, 3 m Reihenabstand und die- 
Pflanzen 1 m voneinander in den Reihen. Etwa 
drei Reihen Teak, abwechselnd mit drei Reihen Bambus. 
Ich will nun die Arten aufzählen, die mir zur 
Einführung in das tropische Afrika am meisten ge- 
eignet erscheinen. Ich beschränke mich auf indische 
Arten, mit denen ich vertraut bin. 
I. Arten in tropischem Klima zu Hause. 
1. Bambusa arundinacea. Einheimisch in tro- 
pisch Vorder= und Hinterindien, angebaut bis 30 
nördl. Br. (Dehra Dun), dornig, Wandungen dick. 
24 bis 30 m hoch bis 18 cm Durchmesser. 
2. B. Tulda. In Birma mit Teak. Um alle 
Dörfer in Niederbengalen gebaut. 6 bis 21 m hoch 
bis 10 cm Durchmesser. 
3. B. Balcooa. Bengalen bis 26° nördl. Br. 
(Gorakhpur) verträgt ein trockneres Klima als B 
Tulda. Hoch geschätzt, viel gebaut. 15 bis 21 m 
hoch bis 15 cm Durchmesser. 
4. B. vulgaris. Heimath unsicher. 
Tropengegenden der ganzen Welt angebaut. 
oft mit grünen und gelben Längsstreifen. 
16 m hoch, bis 10 cm Durchmesser. 
5. B. nutans. Assam, Bengalen, gebaut bis 
30° nördl. Br. (Dehra Dun). Halme mehr einzeln, 
nicht gedrängt. 6 bis 12 m hoch, 7 bis 9 cm 
Durchmesser. 
6. B. polymorpha. Birma, mit Teak. 
24 m hoch bis 15 cm Durchmesser. 
7. Dendrocalamus strictus. Heimath in 
Vorder= und Hinterindien und auf den Inseln des 
Indischen Archipelagus. Gedeiht auch in den trockenen 
Gegenden bis zu 33° nördl. Br. im Punjab. 
Häufig mit Teak. Gesellig, ausgedehnte Bestände 
bildend, aber oft nur einzelne Büsche in Blüthe. 
6 bis 15 m hoch und bis 7 cm Durchmesser. Wan- 
dungen dick, auf trockenen Standorten die Höhlung 
fast verschwindend. Zu Lanzenschäften viel benutzt. 
8. D. gigantens. Birma, 24 bis 30 m hoch, 
20 bis 25 cm Durchmesser. 
9. D. Brandisii. Birma 24 bis 40 m hoch, 
20 bis 25 cm Durchmesser. Aus den Halnmgliedern 
dieser und der letzten Art machen die Karener 
Wassereimer. Es sind dies die größten indischen 
Arten. 
In den 
Halme 
15 bis 
15 bis
	        
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