Zu Anfang des Jahres 1899 waren Geschwister
Däuble hier stationirt, denen es in den 13¾ Jahren
ihres Aufenthaltes in Lome ganz gut ergangen ist.
Am 3. Mai kamen Geschw. Oßwald aus Europa
an, um Geschwister Däuble in der Arbeit abzulösen.
Letztere schifften sich sodann am 7. Juni in Lome ein,
um in Europa neue Kraft zur Weiterarbeit zu suchen.
Bevor Däuble abreiste, half er noch mit, das zweite
Lehrerhaus zu erstellen, das dann drei Wochen nach
seiner Abreise fertig wurde und von Elia Awuma
bezogen werden konnte.
Gesundheitlich scheint das Jahr 1899 nicht das
beste gewesen zu sein. Manche Europäer waren
krank, und der Arzt hatte oft viel Arbeit. Auch bei
uns kehrte Krankheit ein. Aber wenn auch Lome
im vergangenen Jahre gesundheitlich keinen ganz
guten Ruf hatte, so ist es doch im Verhältniß zu
anderen Plätzen ein gesunder Ort. In der guten,
frischen Seeluft haben auch im Jahre 1899 manche
Geschwister Erholung gesucht und gefunden. Schwester
Auguste aus dem Krankenhause in Klein-Popo, die
im August gestorben ist, war im März einige Wochen
hier, um sich zu erholen. Im Apvril waren Geschw.
Schosser von Amedjovhe hier. Ende Mai und
Juni hatten wir Br. Seybold von Ada drei Wochen
als lieben Gast. Br. Beck und Schwester Hedwig
erfreuten uns im Juli und August durch ihren lieben
Besuch. Zur Aushülse in den Tagen der Krankheit
war im Oktober Br. Salkowski unser lieber Haus-
genosse. Es ist nicht zu leugnen, daß allen der Lome-
aufenthalt und die Luftveränderung gut gethan hat.
Solche Besuche sind für die einsam stationirten Ge-
schwister stets eine große Freude.
Durch die neue provisorische Landungsbrücke, die
am 28. Januar eingeweiht und einstweilen dem Per-
sonenverkehr übergeben ist, wird die Landung eine
gefahrlose werden. Die Brücke ist 160 m lang und
reicht über die äußersten Brecher hinaus. (Leider
ist die Brücke durch den heftigen Wellenschlag bereits
wieder zerstört.) Zur Gesundheit Lomes trägt ohne
allen Zweifel viel dazu bei, daß die deutsche Regie-
rung unermüdlich ist im Anlegen von sesten Straßen.
Man muß staunen, was in den drei Jahren, seit die
Regierung hierher verlegt ist, Alles schon zu Stande
gekommen ist. Damals war das Missionshaus das
letzte an unserer Straße. Weiter nach Westen zu
war Busch. Jetzt befinden sich dort drei große
Regierungshäuser. Dieselben sind an schönen, mit
Palmen bepflanzten Straßen gelegen. Am äußersten
Ende der Straße, etwa 20 Minuten vom Missions-
hause entfernt, wird ein großer Gouverneurpalast
gebaut, die riesigen Grundmauern sehen sich an, als
ob eine Festung gebaut werden sollte. Ein großes
Kasinogebäude, südwestlich von uns gelegen, das uns
etwas Aussicht und Brise wegnimmt, sonst aber nicht
schadet, steht jetzt aufgerichtet da. Lome wird mit
der Zeit eine schöne, große und bedeutende Handels-
sradt werden. Der Anfang dazu ist schon gemacht.
Zur Zeit befinden sich 45 Europäer hier. Diese Zahl
511
wechselt beständig, ost sind es mehr, oft weniger.
Die 45 Personen vertheilen sich, wie folgt: Beamte 20,
Kaufleute 14, kath. Mission 9, cvang. Mission 2.
Für den Handel ist die Vergrößerung Lomes
ohne allen Zweifel von nicht geringer Bedeutung.
Außer Fremdlingen, die tagtäglich mit Produkten aus
dem Innern kommen, ziehen eine Menge Menschen
hierher und siedeln sich an. Außerhalb Lome nach
Westen hin ist ein Militärdorf, nach Norden hin
außerhalb der Stadt befindet sich ein großes Haussa-
dorf. Rechts von uns ist das Land frei, aber links,
hinten und vorne vom Missionsgehöft wohnen in
elenden Strohhütten Weyboys, die bei der Regierung
angestellt sind, und sonst noch viele Heiden, die nicht
gerade im besten Rufe stehen. Außer Heiden ziehen
aber auch eine Menge sog. Christen, Protestanten und
Katholiken, hierher. Die meisten derselben schließen
sich, besonders wenn sie von Faute, Accra, Sierra
Leone und Lagos, auch von Dahomey und Kl.-Popo
kommen, der Gemeinde nicht an. Der Grund liegt
zum Theil darin, daß sie unser Eyhe nicht verstehen,
zum Theil darin, daß sie sich keiner Gemeinde an-
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schließen, sondern ein freies ungebundenes Leben führen
wollen. Wie viele solcher, die den Namen Christi
tragen, aber nicht als Christen ihren Wandel führen,
hier wohnen, ist schwer zu sagen. Eine Anzahl be-
sucht regelmäßig unsere Sonntagsgottesdienste, andere
halten sich trotz Einladung fern. Dieses zeigt, daß
unsere Arbeit in Lome an Heiden und Christen,
Ausgeschlossenen und Gemeindegliedern keine leichte ist.
Zu Anfang des Jahres 1899 zählte unsere Lome-
gemeinde 67 Glieder. Von diesen sind im Laufe des
Jahres zwei gestorben und elf weggezogen, zum Theil
ins Innere nach Agome, Kpando 2c. Durch die
Taufe durften 20 Personen, 16 Erwachsene und vier
Kinder, in die Gemeinde ausgenommen werden, und
sechs Personen sind von auswärts zugezogen und in
unsere Gemeinde ausgenommen worden. Von den
Neugetauften sind zwei gestorben, so daß Ende 1899
unsere Lomegemeinde 78 Gemeindeglieder hatte.
Am 3. Advent durften 16 Personen, acht Männer,
sechs Frauen und zwei Kinder, vor versammelter
Gemeinde und überfüllter Kapelle getauft werden.
Die 14 Erwachsenen haben zehn Monate lang den
Taufunterricht besucht.
Der Gottesdienst war des Vormittags um 9 Uhr
stets gut, am Nachmittag schlecht besucht.
Vuor Allem stehe ich allein hier in der Arbeit
und habe oft des Abends auch noch zu thun mit
Taufkandidaten und sonstigen Besuchen, die alle erst
nach 5 bezw. 6 Uhr kommen. Und kommt man in
die Häuser, so trifft man vor 6 Uhr selten Jemand
an, da hier allgemein bis 6 Uhr gearbeitet wird.
Bald nach 6 Uhr wird es aber Nacht, so daß man
nicht viel Besuche an einem Abend machen kann,
umsomehr, da die Christen in der ganzen Stadt
zerstreut wohnen.
An Gemeindesteuer gingen im Jahre 1899 im
Lomebezirk 1530 Mk. 58 Pff. ein.