Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

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holte sich genau die gleiche Geschichte; wir mußten 
ms die Eingeborenen mit Gewalt vom Leibe halten. 
Zu einem regelrechten Gefecht zwischen uns und 
den Leuten des äußerst habgierigen Sultans Santjire 
kam es aber am 5. November. Nach meiner Ueber- 
zeugung hatten sich alle Sultane der großen, wunder- 
vollen, sehr stark bevölkerten Landschaft Ba-Mundum 
vereinigt, um uns zu überfallen, uns alle Lasten 
wegzunehmen und die Karawane zu vernichten. Von 
allen Seiten kamen Hunderte von bewaffneten Ein- 
geborenen in dem hohen Grase angeschlichen; glück- 
licherweise war aber das Gelände so übersichtlich, 
daß ich alle Bewegungen der Ba-Mundumleute be- 
merken und rechtzeitig Gefechtsstellung einnehmen 
konnte. Die Träger legten die Lasten nieder, um 
gefechtsbereit zu sein, und wir mit den gewandtesten 
Leuten der Karawane schlugen die wiederholten An- 
griffe der Eingeborenen immer erfolgreich zurück, so 
daß wir keine Verluste hatten. Die Eingeborenen 
beschossen uns auf nahe Entfernung mit vielen Mauser- 
Karabinern, die ich in den Lagern gesehen hatte und 
deren Knall immer deutlich von dem der Donner- 
büchsen zu unterscheiden war. Erst nachmittags um 
2 Uhr wurden wir die Kerle los, als uns die Ein- 
geborenen der Landschaft Bametan entgegenkamen 
und uns zu ihrem freundlichen Sultan führten. Nach 
den Erfahrungen der letzten Tage traute ich auch 
diesem zunächst nicht, — aber mit Unrecht, denn am 
5. November kamen wir endlich nach einem mehr- 
stündigen Marsch durch eine ununterbrochen bebaute 
und bewohnte, prachtvolle Landschaft von Norden her 
in Bali an — zum größten Erstaunen Garegas und 
aller Bali, die es nicht für möglich gehalten haben, 
daß von Norden her durch die von ihnen gefürchteten 
Gebiete Weiße mit einer verhältnißmäßig sehr kleinen 
Karawane kommen könnten. Wir waren in den 
letzten Tagen fast genau südlich marschirt, so daß 
wir etwa 80 bis 100 km nördlich von Bali gewesen 
sein müssen, und meine Annahme, daß ich dicht, d. h. 
auf drei bis vier Stunden, an Bafut und Bandeng 
vorbeimarschirt bin, bestätigte sich. 
Vor Bali wurde ich von Fonté, dem ersten 
Leibsklaven und Vertrauten Garegas, empfangen 
und auf den Königsplatz geführt. Nach den Auf- 
regungen und den großen Anstrengungen der letzten 
14 Tage konnten wir uns nun in Bali gehörig und 
in aller Sicherheit und Ruhe erholen und ausruhen, 
da wir vorzüglich ausgenommen wurden. 
Garega,'*) der jetzt wohl 75 Jahre alt sein mag 
und dessen Tage gezählt sind, ist geistig noch ganz 
frisch, aber körperlich so hin, daß er nicht mehr allein 
gehen kann. Nominell ist er noch der Sultan, und 
nichts geschieht ohne seinen Willen; aber sein Sohn 
und Nachfolger Mbo vertritt ihn schon vielfach. Der 
älteste Sohn von Garega, Tita Nji, ist vor zwei 
oder drei Jahren gestorben, so daß nun der zweite 
Sohn Mobo, der einen sehr verständigen und netten 
–—— — — — — 
*) Inzwischen gestorben. Die Red. 
  
— — 
Eindruck macht, der rechtmäßige Nachfolger von 
Garega ist. 
Ursprünglich wollte ich von Bali direkt südlich 
und südöstlich in der Richtung auf Jabassi zur Küste 
marschiren; ich mußte diesen Plan aber aufgeben, 
weil meine Träger, deren Kontraktszeit um war, 
durch die Bali ängstlich gemacht, sich vor dem unbe- 
kannten Wege fürchteten und streikten; außerdem gab 
mir Garega viele Baliarbeiter mit, die ich selbst 
nach Mundame bringen wollte. 
Bali wird nach meiner Meinung im Allgemeinen 
in Bezug auf seine Bedeutung als Handelsplatz und 
besonders auch in Bezug auf seine Leistungsfähigkeit 
der Arbeitergestellung auf Grund der Zintgrafsfschen 
Schilderungen weit überschätzt. Die Bali sind ein ver- 
hältnißmäßig kleiner Stamm, der nur durch die unge- 
wöhnliche Klugheit und Schlauheit von Garega zu seiner 
jetzigen Bedeutung gekommen ist. Für uns liegt die 
Bedeutung von Bali darin, daß wir in Bali und bei 
Garega einen absolut sicheren Stützpunkt haben; der 
alte Garega ist ein sicherer Freund der Deutschen, 
aber er ist andererseits auch ein Hinderniß für ein 
eventuelles Vordringen von Bali aus, da er sich, wie 
er sich damals dem Vordringen Zintgraffs widersetzt 
hat, auch jetzt eifersüchtig allen Bestrebungen, den 
Handel und Wandel der Hinterländer von Bali zu 
erschließen, mit all seinen Mitteln und Künsten wider- 
setzt; er wäre auch jetzt nur schwer zu bewegen ge- 
wesen, mir Führer zu einem Vormarsch nach Osten 
oder Süden zu geben. Er wird auch so lange als 
möglich alle Annäherungsversuche der östlicher woh- 
nenden Stämme, insbesondere der Bafut und Bandeng, 
an denen er noch mit Hülfe der Weißen Rache nehmen 
zu können hofft, zu vereiteln suchen. Es können 
deshalb nur starke und gut bewaffnete Expeditionen 
dort weiter vordringen und etwas erreichen, die 
eventuell auch gegen den Willen von Garega etwas 
zu unternehmen im Stande sind. Ich glaube, daß 
Garegas Nachfolger, Mbo, leichter zu behandeln 
sein wird. 
Wenn ich mich trotzdem entschlossen habe, in Bali 
eine Faktorei zu begründen, so geschieht es haupt- 
sächlich aus politischen Gründen; ich hoffe, von hier 
aus allmählich weiter vordringen zu können und in 
den sehr stark bevölkerten Gegenden um Bali herum 
eine Arbeiteranwerbung im Großen für die Gesell- 
schaft Nordwest= Kamerun und andere Plantagen- 
gesellschaften in die Hand nehmen zu können. 
Nach neuntägigem Aufenthalt bin ich von Bali 
aufgebrochen und in neun Tagen auf zum Theil 
neuen Wegen (Bali— Bamingi, Bamingi — Sabe, 
Sabe — Defang Tale) nach Mundame marschirt; in 
zwei weiteren Tagen marschirte ich von Mundame 
nach Dibombari, von wo ich mich mit der Gesellschafts- 
barkasse abholen ließ. Nach zehnwöchentlicher Abwesen- 
heit traf ich am 1. Dezember wieder in Kamerun ein. 
Während der sehr interessanten, aber äußerst 
anstrengenden Expedition habe ich sorgfältige Routen-
	        
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