Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

Näheres Forschen nach dem Material, aus dem diese 
gefertigt sind, zeigte uns, daß sie aus den in sehr alten 
Baumfarnen in unregelmäßiger Form zwischen Rinde 
und Mark vorkommenden schwarzen Holztheilen be- 
stehen. 
Zu der Häuptlingsversammlung, die anderen 
Tages in einem großen, angeblich schon aus dem 
18. Jahrhundert stammenden Gemeindehause des 
Königs Abathul stattfand, waren die sämmtlichen 
Oberhäuptlinge der Palaus erschienen. Sie hörten 
mit viel Aufmerksamkeit und Verständniß den Aus- 
einandersetzungen des Bezirksamtmanns Senfft zu, 
versprachen, den Wünschen desselben Rechnung zu 
tragen, und brachten dann ihrerseits einige Punkte 
zur Sprache. Ich gewann die Ueberzeugung, daß 
nach Errichtung einer Regierungsstation in den Pa- 
laus die Verwaltung bald auf die auffallend intelli- 
genten Palauleute einen großen Einfluß, der wohl 
auch einen besseren Anbau der Inseln erreichen ließe, 
erlangen würde. Zur Zeit ist wegen der schlechten 
Verbindung — es war jetzt das erste Mal seit Ein- 
richtung der deutschen Verwaltung, daß der Bezirks- 
amtmann von Vap Gelegenheit hatte, hier seines 
Amtes zu walten — eine erhebliche Einwirkung auf 
die Palauleute nicht möglich. 
Als Zuschauer zu dem „Rucktanze“ hatten sich 
Hunderte von Leuten beiderlei Geschlechts und jedes 
Alters eingefunden, so daß sich gute Gelegenheit bot, 
den auffallend schönen Wuchs der Eingeborenen der 
Palaus zu bewundern. Hautkrankheiten sind bei den 
Palauleuten, wohl wegen der fortwährenden Ein- 
reibung mit Kokosöl, selten. Die nur mit einem 
kurzen Faserschurz bekleideten, sich zierlich und elegant 
bewegenden Weiber scheinen ihre gute Figur und 
Haltung bis in ein höheres Alter zu bewahren. 
Der Tanz ward auf einem 200 bis 300 m 
longen und einige Meter breiten Holzgestelle nur von 
Männern und Jünglingen ausgeführt. Im schwarzen 
Haar prangte die rothe Hibiscusblüthe, um Schultern 
und Hände schlangen sich Streisen von schilfartigen 
Blättern, die an den Händen beim Tanze kastagnetten- 
artig bewegt wurden, und die rechte Hand hielt ein 
speerartiges Bambusrohr, das bei den rhythmischen 
Bewegungen des Körpers in anmuthiger Weise ge- 
schwungen oder gehalten ward. Der Tanz begann, 
in geschichtliches Ereigniß darstellend, mit dem Speer- 
jweikampf zweier Einzeltänzer, bei dem der eine der- 
elben, ohne selbst Speere zu schleudern, die auf ihn 
zeworfenen Speere geschickt auffing, bis sein Gegner, 
vaffenlos geworden, unter Aufgabe des Kampfes in 
der Zuschauermenge verschwand. Dann betraten etwa 
30 Männer, in langsamem Tanzschritt sich bewegend 
md ihre Bewegungen mit einem tiefen melodischen 
Hhesange begleitend, das Tanzgerüst und führten in 
unstvoller Weise Frontal= und Seitentänze aus, 
denen man ein sorgfältiges Einüben auf den ersten 
Blick anmerkte. Das Erotische trat bei dem Tanze 
mur wenig hervor. Das Ganze machte einen feier- 
ichen, wirklich eigenartigen Eindruck, wie ich ihn 
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bisher noch nie bei den Tänzen farbiger Völker- 
schaften empfunden hatte. 
Am 5. März setzten wir unsere Fahrt mit Kurs 
auf Sonsorol (St. Andrew) fort, welches wir am 
6. morgens nach längerem Suchen sichteten. Sonsorol 
besteht aus zwei kleinen flachen, von Korallenbänken 
umgebenen Sandinseln, von denen nur die südliche 
von etwa 400 Menschen bewohnt ist. Die Bevölke- 
rung zeigt in Gesichtszügen, Farbe und Figur solche 
Verschiedenheiten, daß bei ihr ein arges Völkergemisch, 
bei welchem wohl Papuablut vorherrscht, als zu 
Grunde liegend anzusehen ist. Den engen Zusammen- 
hang mit den Karolinern erkennt man an der Sprache# 
und Tätowirung. Beim Hause des Häuptlings ward 
mit einer dreimaligen Salve die deutsche Flagge ge- 
hißt und außerdem ein Pfahl mit der Ausfschrift: 
„Kaiserlich deutsches Schutzgebiet“ eingegraben. Von 
Yap aus unterhält der Händler O'Keefe nach Son- 
sorol regelmäßige Verbindung, um sich Arbeiter für 
die Gewinnung von Kopra auf den Mapia-Inseln 
(St. Davis) und auch für seine Station in Yap zu 
beschaffen. Die Sonsorolleute sind gute Arbeiter 
und gehen gern nach auswärts. 
Von Sonsorol wurde Kurs auf die Insel Merir 
und später auf Pul (Pulo Ana) genommen und 
auch hier die Besitzergreisung für das Deutsche Reich 
nach Versammlung der Eingeborenen durch Ein- 
rammen eines Hoheitszeichens und Abgabe dreimaliger 
Salve im Laufe des 7. März vorgenommen.). 
Merir wird von etwa 200, Ana von 150 Ein- 
geborenen bewohnt, die denen Sonsorols in Aussehen 
und Haltung sehr ähnlich sind. Beide Inseln sind 
nicht unfruchtbar und zeichnen sich durch einen be- 
sonderen Reichthum guter Hölzer aus, unter denen 
auf Merir Baringtonien und hochstämmige Mangroven 
vorherrschen, während für Ana geradezu riesenhafte 
Calophyllumbäume charakteristisch sind. Die Bevöl- 
kerung ist anscheinend sehr träge und hungert lieber, 
als daß sie Kulturen anlegt. Aus Mangel an 
Pflanzungen ist die Ernährung der Insuloner offen- 
sichtlich eine ungenügende. Man sieht auffallend 
viele lange, schmale Gestalten, und die an sich schönen 
Frauenfiguren kommen nicht zur vollen Entwickelung. 
Hingegen ist der Kinderreichthum ein außerordentlicher, 
und die Inseln werden noch werthvolles Menschen- 
material an die Karolinen abgeben können. Die Ein- 
geborenen verstehen es, mit primitiven Webeeinrich- 
tungen, denen der Lord Howe= und Mortlock-Inseln 
vergleichbar, Bandstreifen aus gebleichtem Gras mit 
eingewebten schwarzen Mustern, die die Männer zur 
Verhüllung der Schamtheile benutzen, herzustellen. 
Die Frauen bedecken den unteren Körper mit ge- 
flochtenen Matten. 
In Yap, das am 10. wieder erreicht wurde, war 
in der Zwischenzeit der Lloyddampfer „Wong-Koi" 
zur Unterstützung der „München“ mit einer großen 
Ausrüstung von Taucherwerkzeugen und Pumpvor- 
*) Vergleiche den amtlichen Theil dieser Nummer.
	        
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