Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

zwei Routen durch das noch kaum bekannte, dabei 
an Kautschuk und Elfenbein wohl reichste Gebiet der 
Kolonie aufnahmen. 
über Manemanji, Ovong, Albang nach Enemajong 
der Niamfog, wo ich am 4. November ankam. Die 
Gegend wird etwas bergig und besser bewohnt; der 
Weg ist 3 bis 6 m breit ausgehauen, die Bäche 
und Flüsse theilweise überbrückt. In allen größeren 
Dörsern wohnen farbige Faktoristen der Küsten- 
firmen, und ich begegnete unterwegs fast alltäglich zur 
Küsteoder hren Hauptfaktoreien ziehenden Kautschuklara- 
wanen. Die Häuptlinge der Dörfer kamen meist 
einen halben bis ganzen Tagemarsch weit der Ex- 
pedition entgegen und brachten reichlich Lebens- 
mittel. 
Während bisher die Eingeborenen außer ihrem 
engeren Stammesnamen sich immer Fang nannten 
— nie habe ich den Namen Mpangwe gehört, den 
nur die Küstenleute wegen der Gleichheit der Sprache 
mit den im Hinterland von Gabun wohnenden 
Mpangwe gebrauchen — gaben sie von jetzt an bis 
etwas über den 12. Grad östlich Gr. hinaus als 
Gesammtnamen den der Mwai an; nur vom 9. bis 11. 
und am 16. November berührte ich das Gebiet der 
südlich davon wohnenden Ntum, durch das Leutnant 
Schulz marschirte. Auch hier im Mwai und Ntum- 
gebiet ist Alles gut bewohnt und bebaut, überall 
reichlich Kautschuk. Gleichzeitig änderte sich etwas 
das Vegetationsbild; der eigentliche Urwald der 
Küstenzone verschwand und dafür trat zwar noch 
immer geschlossener, dichter Wald, der oft auch 
wieder Urwaldcharakter hatte, aber die Bäume 
waren jünger, die mächtigen Urwaldriesen nur ver- 
einzelt noch da, und besonders auf den Höhen war 
der Boden zwischen den Bäumen bedeckt mit dichtem 
Amomum und ingwerartigem Gebüsch, das jeden 
Stromgebiet des Djah reiste, berührte auf seiner Rückreise 
von der bedeutungsvollen Nordwest-Expedition, durch die 
zum ersten Mal eine Ueberlandverbindung von der Küste 
durch den Süden der Kolonie zum Ssanga-Djahgebiet 
hergestellt wurde, dieselbe Stelle am Djah (Dorf Diambang), 
die Crampel 1888 erreichte (vergl. Skizze der Erpedition 
v. Steins in Nr. 2 des Jahrgangs 1902 des Kolonial= 
blattes). Nach vielfachen, eingehenden Erkundigungen 
glaubte v. Stein mit großer Sicherheit feststellen zu können, 
daß der Djah unbedingt der Oberlauf des früher als Ngoko 
bekannten Flusses sein müsse, d. h. daß der Diah nicht, wie 
Lesieur annahm, zum Ogowe geht, sondern zum Strom- 
gebiet des Ssanga gehört. Durch die Aufnahmen Heese- 
manns ist nun die Annahme v. Steins, wie ein Blick auf 
die beigegebene Skizze lehrt, vollauf bestätigt und somit 
der Zuverlässigkeit der Angaben v. Steins von Neuem ein 
glänzendes Zeugniß au,sgestellt worden. Wenn auch noch 
keine Karte zu dem Bericht Lesieurs erschienen ist, so kann 
man doch an der Hand des vorliegenden Routenmaterials 
von Crampel, Fourneau und Hoesemann schon jetzt ziemlich 
sicher den von ihm zurückgelegten Weg feststellen. Es er- 
giebt sich, daß Hoesemann und Lesieur von dem allen 
Routen gemeinsamen Komübergang (vergl. Karton der 
Skihee Hoesemanns) aus bis zum Djiah, einige wenige 
kleine Abweichungen abgerechnet, auf demselben Wege 
marschirt sind, wie denn auch Hoesemann berichtet, daß er 
auf der vorerwähnten Strecke überall die Spuren der 
französischen Expedition angetroffen habe. 
Von Ngat aus marschirte ich 
292 
  
Ausblick, auch nur auf 2 bis 3 Schritt unmöglich 
machte, während in den Niederungen Raphia und 
Rotang mit der sie meist begleitenden Sumpfflora 
vorherrschten. Auffallend war gleichzeitig das Ver- 
schwinden der Oelpalme, die doch im Norden weit 
ins Innere verbreitet ist; erst am unteren Djah 
tauchten ganz vereinzelt am Flußufer wieder einige 
auf. Die Mwai und Ntum gewinnen ihr Oel aus 
den Raphiafrüchten, die Nsem später weiter im Osten 
aus den Früchten von Pentaclethra. Doa fast überall 
von den Eingeborenen Erdnüsse gebaut werden, 
aber nicht zur Oelbereitung Verwendung finden, 
habe ich so oft wie möglich die Häuptlinge auf diese 
  
hervorragende Oelfrucht aufmerksam gemacht. 
Gleich vom ersten Tage an hatte sich gezeigt, 
daß die Zeit für den Marsch eine ungünstige war, 
denn bis zum Flußgebiet des Djah, bis Ende De- 
zember, hielt noch die Regenzeit an; fast kein Tag 
verging ohne Regen, die Wege waren vollständig 
aufgeweicht und erschwerten das Marschiren in 
hohem Maße, die Niederungen waren tiefe Moräste, 
die Flüsse ausgetreten, ihre Umgebung weit über- 
schwemmend. Am 9. November kam der tollste 
Marsch der ganzen Expedition beim Uebergang aus 
dem Mwai= in das Ntumgebiet; von 10 Uhr vor- 
mittags bis 3½ Uhr nachmittags marschirte oder 
stand ich dauernd im 1 bis 1½ m tlefen Ueber- 
schwemmungswasser des Nso, eines nördlichen Zu- 
flusses des Ntem, und mußte noch über den 20 bis 
25 m breiten Fluß eine Brücke bauen. Die Lasten 
wurden gänzlich durchnäßt, und da ein ordentliches 
Trocknen unmöglich war, verdarb ein Theil ihres 
Inhaltes. 
Am 14. November wurde der 50 bis 60 m breite 
Mwila überschritten und am 26. November bei 
Nkin der hier 160 bis 180 m breite Kom, wenig 
oberhalb seines Zusammenflusses mit dem Ntem und 
unterhalb der Mündung des Lobo. Der Kom soll 
stromauf eine große Strecke weit schiffbar sein; 
jedenfalls habe ich ihn noch vier Mal überschritten 
und immer 80 bis 100 m, zuletzt 40 bis 50 m 
breit, ruhig fließend angetroffen; allerdings zur 
Regenzeit. Leutnant Schulz wollte nun den Ntem, 
ich den Kom entlang vorwärts gehen, um uns in 
8 bis 10 Tagen wieder zu treffen, aber schon am 
1. Dezember erreichte mich die Nachricht von seiner 
schweren Erkrankung. Ich eilte sofort zu ihm nach 
Mabore, dicht südlich des Ntem, doch am 5. De- 
zember erlag der durch die Anstrengungen des 
Marsches und der übrigen Arbeiten bereits ge- 
schwächte Körper dem heftigen Schwarzwasserfieber- 
anfall. 
Um die Expedition zu erleichtern, schickte ich 
dreiundzwanzig kranke Träger mit dem Nachlaß und 
den entbehrlichen Lasten nach Ebuloa und marschirte 
mit der nun auf 1 Unteroffizier, 1 Gefreiten, 
27 Polizeisoldaten, 55 Träger und 13 Boys 
angewachsenen Expedition am 7. Dezember weiter. 
Am 9. Dezember traf ich in Ngoman der Essabam
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.