Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

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Cisenbahn in Ramernn. 
Auf Anregung des Kaiserlichen Gouverneurs von 
Kamerun waren im Jahre 1900 mehrere Persönlich- 
keiten, an ihrer Spitze Seine Excellenz der Schloß- 
hauptmann von Stettin, Graf von Borcke-Stargordt, 
zu einem Syndikate zusammengetreten, das die 
Gründung einer Gesellschaft zum Bau und Betriebe 
einer das Hinterland des Kamerungebirges er- 
schließenden Eisenbahn bezweckte. Die etwa 100 km 
lange Bahn sollte von dem Seehafen Viktoria aus- 
gehen, auf dem rechten Ufer des Mungoflusses den 
Osthängen des Kamerunberges solgen und in dem 
am Mungo gelegenen Orte Mundame endigen. Das 
Syndikat beanspruchte von der Regierung keine 
Zinsgarantie, sondern als Aequivalent im Wesent- 
lichen nur die Ueberweisung von insgesammt 70 000 ha 
Kronland am Endpunkte und beiden Seiten der 
Linie und erbat vor Inangriffnahme der Vorarbeiten 
eine vorläufige Konzession. 
Während der Verhandlungen über die Konzession 
erlitt das Projekt insofern eine Aenderung, als sich 
die gewählte Bahnlinie Viktoria—Mundame kaum 
noch aufrecht erhalten ließ, nachdem im Jahre 1901 
die Pflanzungsgesellschaft Viltoria es unternahm, 
eine 60 km lange Feldbahn von Viktoria aus über 
den östlichen Theil des Kamerunberges auf eigenem 
Terrain und dem ihrer Tochterpflanzungen zu er- 
bauen, und damit die Rentabilität der Linie Viktoria— 
Mundame auf eine große Strecke in Frage stellte. 
Die Wahl der Trace ist nunmehr, da inzwischen der 
Gouverneur im Interesse des Schutzgebietes auch 
andere Linien zur Erwägung gestellt hatte, bis zur 
Rückkehr der zu entsendenden Ingenieure verschoben 
worden. Ins Auge gefaßt sind, außer der vor- 
erwähnten, zwei Tracen mit Duala als Ausgangs- 
punkt: die eine im Mungothale nach Mundame, die 
andere im Wurithale nach Jabassi. 
Im Laufe der Verhandlungen ist ferner eine 
Anzahl Persönlichkeiten, die mit starken Finanz- 
gruppen in naher Beziehung stehen, dem Syndikate 
beigetreten. Dasselbe besteht zur Zeit aus folgenden 
Herren: 
Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Hol- 
stein, Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe- 
Oehringen, Schloßhauptmann Graf Borcke- 
Stargordt, Loandesdirektor Freiherr v. Man- 
teuffel, Rittergutsbesitzer H. v. Borcke, Ritterguts- 
besitzer M. v. Hiller, Geheimer Regierungsrath a. D. 
v. Poschinger, Rechtsanwalt Dr. Scharlach, 
Dr. Max Schoeller, Rittergutsbesitzer Freiherr 
v. Cramer-Klett, Hauptmann a. D. v. Wedel, 
Konsul René. 
Nachdem auch noch der bekannte Eisenbahnunter- 
nehmer Geheimer Kommerzienrath Lenz als tech- 
mscher Beirath hinzugetreten war, nahmen die Be- 
strebungen des Syndikates greifbarere Gestalt an. 
Die mit der Kolonialabtheilung des Auswärtigen 
Amtes geführten Verhandlungen, an denen sich auch 
  
die Reichsfinanz= und Reichspostverwaltung be- 
theiligten, sind nunmehr so weit zum Abschluß ge- 
langt, daß die vorläufige Konzession am 8. Sep- 
tember d. Is. vom Reichskanzler hat ertheilt werden 
können. 
Ein Theil der zur Tracirung bestimmten Ex- 
pedition hat daraufhin bereits am 15. September 
die Ausreise angetreten. 
Die Konzession ist zunächst als vorläufige er- 
theilt, d. h. die endgültige Ertheilung ist zugesagt 
für den Fall, daß bis zum 1. Juli 1905 erstens 
die Wahl der Bahnlinie im Allgemeinen erfolgt ist, 
zweitens die Gesfellschaft mit einem genügenden 
Kapital, welches mit Zustimmung des Reichskanzlers 
festzusetzen ist, und auf welches bei der Gründung 
25 pCt. einzuzahlen sind, sich gebildet und mit einem 
vom Reichskanzler zu genehmigenden Statute die 
Rechtsfähigkeit erlangt hat. 
Sie ist auf die Dauer von 90 Jahren zugesagt. 
Indeß soll dem Fiskus des Schutzgebietes das Recht 
vorbehalten bleiben, nach Ablauf von 30 Jahren 
und weiterhin nach Ablauf von je 5 zu 5 Jahren 
die Eisenbahn als solche mit allem Zubehör käuflich 
zu übernehmen. 
Als Sitz der von dem Syndikat zu bildenden 
Gesellschaft, welche die Firma „Kamerun-Eisenbahn- 
Gefellschaft“ erhalten soll, ist entweder Berlin oder 
das Schubgebiet Kamerun festgesetzt. Die Wahl 
des Vorsitzenden der Direktion und des obersten 
Betriebsleiters bedarf der Bestätigung der Aussichts- 
behörde. Als solche fungirt der Kaiserliche Gouver= 
neur des Schutzgebietes bezw. der Reichskanzler 
(Auswärtiges Amt, Kolonialabtheilung). Für solche 
Fälle, in denen die Gesellschaft schuldvollerweise 
gegen eine der ihr durch die Konzession auferlegten 
Verpflichtungen verstößt und für die dadurch etwa 
dem Verkehr zugefügten Nachtheile auf Geldzahlung 
in Anspruch genommen werden kann, ist ein Schieds- 
gericht vorgesehen. 
Der Genehmigung der Aufsichtsbehörde find ins- 
besondere unterworfen die Pläne und Kostenanschläge, 
auf Grund deren die Ausführung der Bahn und 
der Betrieb erfolgen sollen, Abweichungen von der ge- 
nehmigten Linie, sofern sie gewisse Maße übersteigt, 
die Feststellung und Abänderung des Fahrplans. 
Die Festsetzung der Tarife ist für die ersten 10 Jahre 
der Gesellschaft überlassen, für die Folgezeit soll der 
Aufsichtsbehörde die Bestimmung von Hcöchstsätzen 
freistehen. Ungleichmäßige Tarife sind ausgeschlossen. 
Die Ordnungsmäßigkeit des Betriebes ist durch eine 
Anzahl Bestimmungen, wie sie sonst bei Eisenbahn- 
konzessionen üblich sind, gewährleistet. Außerdem 
sind die Interessen der Post= und Telegraphen- 
verwaltung in weitem Maße gewahrt. 
Schließlich ist die Uebertragung der Konzession 
oder einzelner der Gesellschaft in Ausübung der 
Konzession zustehender Rechte und Pflichten sowie 
jede Abänderung des Gesellschaftsvertrags von der 
Genehmigung des Reichskanzlers abhängig gemacht.
	        
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