Kamerun.
Expedition des Freiherrn v. Stein.")
Ueber den weiteren Verlauf seiner Expedition
(vergl. Kol. Bl. Nr. 20 vom 15. Oktober d. Is.) be-
richtet der Chef der Verwaltung des Ssanga-Ngoko-
gebietes, Oberleutnant Freiherr v. Stein, wie folgt:
Ortsunterkunft Bidjum, den 22. Juli 1901.
Nachdem bis zum 26. Juni am Djiahübergang
in Esanku die Tauschwaarenlasten durch die Ver-
mittelung der Handelsexpedition des Kaufmanns
Ilenfeldt wieder aufgefüllt waren und der Fluß mit
einigen Schwierigkeiten wiederum überschritten worden
war, wurden bis zum 30. die im Diahbogen woh-
nenden Bulestämme bis an die erste Urwaldzone
heran großentheils auf ebenfalls unterdessen breit
ausgeschlagenem Wege rückpassirt. In Emwana, dem
letzten Dorfe westlich der ersten Waldzone, beschloß
ich, da Führer durch die Nyemstämme am oberen
Dja, die man als Yanguma zusammenfaßte, hier von
Westen aus nicht zu haben waren, dem Mittellauf
des Flusses im Süden zu folgen, um durch diesen
kleinen Umweg (vielleicht einen Tag mehr als früher)
die Kenntniß des Flusses und der östlichsten Bule-
stämme nach Möglichleit zu erweitern. Insbesondere
war dabei der Umstand ausschlaggebend, daß die
drei Tage breite Urwaldzone, die Esokoi (Mbassongo)
von Emwana trennt, und die sechs Tagemärsche lange
unbewohnte Gegend zwischen Mbassongo und Nyem
wenigstens theilweise vermieden werden konnte. Am
3. Juli wurde denn auch der Fluß in der Schnellen-
region des Mittellaufes, allerdings an einer völlig
ruhigen Stelle, nach einem Marsch durch ebenes,
meist sumpfiges Urwaldgelände erreicht und über-
schritten. Am Südufer befanden sich sofort wieder
sehr bevölkerte Bulelandstriche, und wurde nach Durch-
querung der starken Stämme Esamesale, Esokoi, Essa-
wum, Esangon und Esapfak der östlichste aller Bule-
stämme Esampfam erreicht, in dessen Gebiet bereits
weit unterhalb der Schnellenregion am 8. Juli ein
abermaliges Ueberschreiten des Flusses stattfand, um
über die äußersten Buleausläuser den Elemvockamplese
(Esampfam) zu dem Ausgangspunkt dieses Abschnittes
der Expedition, Bidjum im Herzen von Nyem, zurück-
zukehren. Nach zwei durchaus nöthigen Ruhetagen
in Elemvoo, an denen sich die Expedition mit der
Verpflegung für die vorliegende unbewohnte Grenz-
zone versah, wurden auf recht schlechten Wegen unter
häufigem Regen am 16. zunächst die Njemstämme
Babang und Bansiöm und am 17. durch Baböl und
Balamin der Balasuhäuptling Bidjum wieder er-
reicht. Sehr schwere Erkrankungen an Lungen-
entzündungen und schweren Fiebern machten auf
diesem Ausgangspunkt des Vorstoßes nach Westen
eine längere Rast nöthig, nach der etwa am 25., der
: Eine die Expedition veranschaulichende Karte wird
der Fortsetzung des Berichtes beigegeben werden.
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letzte Abschnitt der Expedition, die nördliche Umgehung
der großen Urwaldzone zwischen Nyem und dem
Mukadumaposten, angetreten werden wird. Im Uebri-
gen ist auch dieser Theil der Expedition ohne irgend
welchen Zwischenfall verlaufen, und war die Aufnahme
bei den östlichen Bulestämmen sowohl wie bei den
neuberührten Nyemstämmen eine durchaus gute.
Ueber die Resultate dieses Abschnittes der Expe-
dition berichte ich zunächst bezüglich der Erweiterung
der geographischen Kenntnisse über die durchquerten
Landstriche:
Völlig entsprechend den bereits gemeldeten Er-
kundungen, hat sich in Esamesale eine etwa einen
halben Tagemarsch lange Schnellenzone des Diah
ergeben, die ein dauerndes Verkehrshinderniß bleiben
wird. Abgesehen von einer noch fraglichen Schnelle
im Ndonggebiet zwischen den Uebergangsstellen in
Esanku und in Esamesale wurden in letzterem Gebiet
drei starke Schnellen und ein etwa 8 m hoher
Wasserfall gesehen, unterhalb deren der Fluß mehrere
Tagemärsche weiter wieder völlig ruhig und benutzbar
ist. Oberhalb des Esanknüberganges stimmen alle
neuerdings eingezogenen Nachrichten ebenfalls dahin
überein, daß irgend ein Verkehrshinderniß bis in der
Höhe von Bidjum nicht besteht, während noch weiter
oberhalb viele Felsen in bergigem Terrain den dort
schon recht unbedeutenden Fluß völlig unfahrbar
machen sollen. Sollten diese Erkundungen, wie mit
großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, ihre Rich-
tigkeit haben, so wäre der bereits erwähnte Weg
über Ngulemakong nach Esanku und weiterhin der
dicht bevölkerte Oberlauf des Flusses auf etwa acht
Tagemärsche zweifellos die bequemste Art, das Kon-
zessionsgebiet (der Süd-Kamerun-Gesellschaft) dem
Handel völlig zu erschließen. Auch die sicher be-
stehende große schiffbare Strecke zwischen Esamesale
und Melüna (etwa fünf Tagemärsche) wird die Er-
schließung des südlicheren Gebietstheiles von Osten
her sehr erleichtern.
Von Terrain in engerem Sinne kann in den
durch diesen Expeditionsabschnitt berührten Gebieten
kaum die Rede sein. Auch in dem eigentlichen
Schnellengebiet sind Erhebungen über + 80 m re-
lativer Höhe nicht beobachtet worden. Nur in der
Gegend des oberen Mian, also schon nahe an Bid-
jum, steigt das Gelände vereinzelt bis zu etwa
+ 150 m an, jedenfalls also die Wasserscheide
zwischen Ober= und Mittellauf des Djah.
Ueber die Bevölkerung der neuerdings berührten
Landstriche ist wenig Neues zu berichten. Die
östlicheren Bule nähern sich in der Bauart ihrer
Dörfer, vor Allem aber dialektisch sehr den südlich
und südöstlich angrenzenden Fangstämmen. Der be-
reits erwähnte Druck der Bevölkerung nach Osten
wurde auch hier in vielen Einzelheiten wieder fest-
gestellt. Vor Allem bilden die jetzt unbewohnte
Waldzone zwischen Esampfam und Nyem und auch
viele frühere Ansiedelungen südwestlich davon unver-
kennbare Zeichen früherer starker Nyembevölkerung,