Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

besonderen Schwierigkeiten. Die Kameele, die sich 
gut bewährten, mußten sich im Walde von Dornlaub 
ernähren und fanden auch reichlich Futter. Es ge- 
nügt allerdings für die Erhaltung eines Kameels, 
gewährt aber bei andauernder Arbeit nicht Kraft 
genug, um die verlangte Arbeit zu vollbringen. Wenn 
das Kameel müde nach 7= bis 8 stündigem Marsche 
ankommt, muß es sich noch von den Dornbüschen 
mühsam die Nahrung absuchen. Will man es auf 
längere Zeit dauernd leistungsfähig erhalten, so ist 
unbedingt Kraftfutter nöthig. Sobald auf diesen 
Punkt ein Hauptgewicht gelegt wird, ist die Frage 
des Transportes gelöst. 
Korn, das auf den Stationen aufgehäuft liegt, nutz- 
bringend als Steuerabgabe verwandt werden. Die 
Neger werden zu größerem Anbau über ihre Be- 
dürfnisse hinaus leicht bestimmt werden können. Bei 
dem Wotnsitze des Sultans Wamba fraßen die 
Kameele gierig grüne Mtamastauden, die auf den 
Schutthaufen in unmittelbarer Nähe der Umwallungen 
üppig gediehen. Gerade der Anbau von Mtama 
dürfte sich für eine reichliche Ernährung des Kameels 
besonders gut verlohnen. In der Regenzeit, in der 
die Thiere keine dauernde Beschäftigung finden, bietet 
sich für die Leute die günstigste Gelegenheit zum 
Pflügen und zum Anbau größerer Stellen mit 
Mtama. In dem hochstämmigen Myombenwald sah 
ich verschiedentlich Giraffen und Giraffenspuren, der 
beste Beweis, daß hier ein Kameel seim Fortkommen 
findet, denn mehr oder weniger begnügen sich beide 
mit demselben Laub. Das Ueberschreiten des Kalan- 
gassa verursachte mir einigen Aufenthalt; der Fluß 
muß entweder eine dauerhafte Brücke oder einen be- 
quemen Abstieg erhalten. In der Doga la Muingo 
mußten wir längere Zeit durch Wasser waten. Ich 
zog es vor, auf dem Rücken des Kameels sitzen zu 
bleiben, um nicht naß zu werden. Ueber den Wala- 
fluß, den ich am 20. Februar passirte, führt eine 
vorzügliche Brücke. Jenseits des Flusses beginnt der 
Taborabezirk. Am 23. Februar langte ich nach 
doppeltem Tagemarsche in Kassui mit seinen zahl- 
reichen Rundhütten an. Die Kameele fraßen gierig 
grünen Mtama, und ich konnte hoffen, am folgenden 
Morgen in Tabora einzutreffen, von dem das neu 
erbaute Stationsgebäude, das Wahrzeichen deutscher 
Macht, mir schon entgegenleuchtete. Leider sollte ich 
aber das eine Kameel plötzlich verlieren. Es er- 
krankte unter den Erscheinungen des Starrkrampfes 
und war noch in der Nacht verendet. 
In Tabora machte es wieder einen gewaltigen 
Eindruck auf die Eingeborenen, daß ein Europäer 
zum ersten Mal reitend auf einem Kameele gesehen 
wurde. Eine Strecke von 1000 km lag jetzt zwischen 
mir und der Küste. In 14 Tagen war das Hoch- 
plateau der Mgunda makali überwunden, das sich 
in leicht abwechselndem Terrain ohne große Höhen- 
unterschiede von 1120 bis auf 1240 m hob. Zwei 
Wege lagen jetzt vor mir nach Muanza; der weitere, 
Auf diese Weise kann das 
542 
  
  
in der Regenzeit weniger Wasser führende alte Kara- 
wanenweg und der um vier Tage kürzere, geradeaus 
führende neu angelegte, aber um so reicher mit Wasser 
bedachte Weg. Ich wählte den letzteren und brach 
am 1. März von dem gastlichen Tabora auf. Der 
landschaftlich oft sehr reizvolle und durch viele frucht- 
bare und reich bevölkerte Gegenden führende Marsch 
wurde durch den täglich fallenden Regen sehr er- 
schwert; wenn die Ueberschwemmungen aber nicht 
gar zu arg waren, so ging das Ausschreiten des 
Kameels auch auf nassem und schlüpfrigem Boden 
gut von statten. Am 13. März gewährten uns 
die Berge von Bukumbi den ersten Anblick des 
Viktoriasees, ein Anblick, der alle Anstrengungen der 
Reise vergessen ließ. In der Partie am Südende 
ist der See unvergleichlich schön. Muanza, mein 
Reiseziel, lag vor mir; ich glaubte, zur frühen Mor- 
genstunde des folgenden Tages dort eintreffen zu 
können, sollte aber noch daran erinnert werden, was 
für ein Hinderniß ein kleiner Fluß, der Niakassanga, 
in der Regenzeit bei 500 m Ueberschwemmungsgebiet 
darstellen kann. An der Landstraße war der Fluß 
zu tief und unpassirbar. Es war deshalb em großer 
Umweg nothwendig, um eine Furt ausfindig zu 
machen. Nicht weniger als 1⅞ Stunden dauerte 
der Uebergang. Eine ganze Weile wollte ich nicht 
von dem Rücken des Kameels herunter, um nicht in 
nassen Kleidern in Muanza einzutreffen. Schließlich 
aber half es nichts, und so reichte das Wasser mir 
beim Gehen auf den Zehenspitzen bis zum Munde. 
Auch hier weigerte sich das Kameel nicht einen 
Augenblick, vorwärts zu gehen, allerdings ging es 
langsam und tappend in dem Schlamm unter seinen 
Füßen. 
Ueberhaupt hatte sich das Kameel, obwohl es 
von Kilimatinde bis Muanza täglich regnete und 
obwohl das Thier zwei Drittel der ganzen Marsch- 
zeit von Tabora bis Muanza im Wasser herum- 
gewatet ist, das ihm stellenweise bis zum Höcker 
reichte, vorzüglich als Reitthier bewährt. Es hatte 
trotz der Beschwerlichkeiten der Reise den Weg von 
Kilimatinde bis Tabora in zwei Tagen weniger und 
den von Tabora bis Muanza in vier Tagen weniger 
als der üblichen Marschzeit zurückgelegt. Wenn man 
von der Strecke von Kilossa bis zum Gombosee ab- 
sieht, die mit wenig Mühe auch verbessert werden 
könnte, so läßt sich auf der ganzen Strecke von Dar- 
es-Saläm bis Muanza sehr wohl von einem Fahr- 
weg sprechen. Für Wagen am günstigsten stellt sich 
das Hochplateau von Ugogo von Mpapua bis Ta- 
bora; es bleibt selbst in der Regenzeit befahrbar. 
Weniger günstig ist der Weg von Tabora bis Muanza, 
weil er fortgesetzt über sanft ansteigende Hügelrücken 
hinweggeht. Am schwierigsten zu befahren ist die 
Strecke von der Küste bis Kilossa, derjenige Theil 
der Karawanenstraße, der schon von mir befahren 
wurde. Aber gerade die günstigste Strecke hat wenig 
Wasser und wenig Futter, so daß eine Fahrt mit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.