Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

selbst zu fangen, so ist ihm doch so viel Schaden « 
zugefügt worden, daß seine völlige Unschädlichmachung 
nun von dem Posten Garua aus besorgt werden 
kann, welchen Austrag ich diesem Posten ertheilte. 
Am 29. Mai marschirte ich von Marrua ab, nach- 
dem ich daselbst mit den östlich Marrua bis an 
den Schari heransitzenden Häuptlingen die erfsor- 
derlichen Verhandlungen gepflogen hatte. Am 6. Juni 
erreichte ich wiederum Garua. 
Deutsch-Bornu und das ganze Land nördlich des 
Benus ist ein reiches, gut kultivirtes Land. Die 
Landwirthschaft blüht in hohem Maße. Unabsehbare 
Felder von Mais, Korn, Reis, Erdnüssen, Tabak, 
Zuckerrohr und den andern einheimischen Früchten 
erfreuen das Auge. Rindvieh= und Pferdezucht 
blühen in hohem Maße. Der Boden ist äußerst 
fruchtbar. Der Baumwollbau, schon auf der Strecke 
Banyo—Garua beginnend, nimmt nöldlich des 
Benus große Flächen ein; je weiter nach Norden, 
desto größere Flächen werden bebaut; namentlich 
ganz Deutsch-Bornu und der östlich von Marrua 
bis an den Schari sich ausdehnende Theil von 
Adamaua ist sast eine einzige Baumwollenpflanzung. 
Der Reichthum des Landes an Gummi arobicum 
und Kautschuk ist ein ganz ungeheuerer. In der 
Nähe von Dikoa und in dem nördlichen Zipfel von 
Deutsch-Bornu wird auch sehr viel Weizen gebaut. 
Elfenbein ist wohl bloß noch wenig vorhanden, die 
Elefanten fast vollständig ausgerottet, ich habe 
wenigstens in dem ganzen Lande keinen Elefanten 
gesehen, auch holen die Häuptlinge ihr Elfenbein 
aus Bubandschidda und Ngundere. Der sonstige 
Wildreichthum des Landes an Raubthieren, Antilopen, 
Flußpfer den 2c. ist ein ungeheuerer. Kameele und 
Strouße sind nicht vorhanden, 
letzteren nur wenige Exemplare, die von den ver- 
schiedenen Häuptlingen als zahme Thiere gehalten 
werden. In früherer Zeit, vor den Rabbehschen 
Verwüstungen, soll der Reichthum an Straußen 
größer gewesen sein. Bei den jetzigen ruhigen 
Verhältnissen könnte also für die Zukunst eine 
Straußenzucht ins Auge gesaßt werden. Die auf 
der Karte angegebenen Girassenherden existiren nicht. 
Fast jedes größere Dorf hat seine regelmäßigen 
Markiuage in der Woche, wobei außer den ein- 
heimischen Lebensmitteln Kolanüsse, Eisen, das viel 
im Mandarraogebirge gewonnen wird, Stoffe, Leder- 
arbeiten, Rindvieh, Pferde und Waffen gehandelt 
werden. In der Hauptstadt Dikoa konzentrirt sich 
naturgemäß der Handel. Auf dem Marktplatz selbst, 
etwa 700 m lang und 400 m breit, sind Tausende 
von Händlern vorhanden, welche Zahl sich noch bedeu- 
tend steigert, wenn die Karawanen aus Tripolis an- 
kommen, was viermal im Jahre geschieht. Diese 
Karawanen bringen Kaffee, Zucker, Sammt, Seide, 
Ensengeräthe, Waffen, Gold= und Silberarbeiten und 
einfachere Stoffe in Menge in den Handel. 
Die ganze Gegend nördlich des Benus ist be- 
wohnt von Fullahs, Kennris und Arabern, alle der 
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oder vielmehr von 
  
mohammedanischen Religion angehörig, weswegen 
nicht nur die Leute selbst, sondern auch Handel, 
Landwirthschaft 2c. auf einer höheren Kulturstufe 
stehen. Die Behandlung der Leute, die Verwaltung 
des Landes ist natürlich von denen der Buschneger 
ganz verschieden. Der Erwerbssinn ist ungemein 
ausgeprägt, dabei aber das Rechtlichkeitsgefühl beim 
Handel nicht zu verkennen. 
Das Land nördlich des Mandarragebirges ist, 
wie gesagt, äußerst fruchtbar, eine Ebene, mit viel 
Dornengestrüpp durchsetzt. In der Regenzeit, die 
im Juni beginnt und bis Ende Oktober dauert, 
steht fast das ganze Land unter Wasser. Kurz vor 
Beginn der Regenzeit werden die Felder bestellt, 
und nun wachsen die Erzeugnisse im Wasser weiter. 
Die Ernte von Mais, Korn und Reis geschieht dann 
mit Canoes, ebenso wie der Verkehr der einzelnen 
Dörfer unter einander. Nach beendigter Regenzeit 
verläuft das Wasser sehr schnell, nur an einzelnen 
tiefer gelegenen Stellen sumpfige Strecken zurück- 
lassend. Zur Ueberschwemmung des nördlichen Theiles 
trägt auch dos Austreten des Tsadsees viel bei. Die 
durch den Tsadsee überschwemmten. Gegenden sind 
wohl die fruchtbarsten. 
Das Klima ist besonders heiß. Wie schon ge- 
sagt, haben wir die ganze Zeit bei Tage eine Durch- 
schnittstemperatur von 420 C. gehabt, die bei Nacht 
höchstens auf 36 fiel. Trotzdem ist die Hitze nicht 
so unangenehm zu ertragen wie im Urwald= und 
Küstengebiet, da die Luft außerordentlich trocken ist. 
Meine Europäer sind sämmtlich gesünder geblieben 
und haben sich wohler gefühlt, als in den feuchten 
Küstengegenden. 
Der Hauptmangel des ganzen Gebietes ist die 
Wasserarmuth in der Trockenheit. Schon auf dem 
Wege Banyo—Garua waren die Nebenflüsse des 
Faro fast völlig, der Faro selbst vollständig ausge- 
trocknet. Die Flußläufe nördlich des Benus ver- 
siegen sehr bald. Der Benus selbst ist nur 2 Monate 
im Jahr schiffbar. Der Schari und der Logon behalten 
dagegen in ihrem Laufe auch in der größten Trocken- 
zen eine Tiese von etwa 3 m. Flußschnellen und 
andere Hindernisse für die Schifffahrt haben diese 
beiden Flüsse nicht. Fast sämmtliche Dörfer nehmen 
ihren Wasserbedarf in der Trockenzeit aus 50 bis 
60 Fuß tiefen, sehr künstlich gebauten Zisternen. 
Eine günstigere Gelegenheit, meine Expedition 
nach Deutsch-Bornu auszudehnen, gab es nicht. Die 
Bevölkerung, schon durch die Waffenerfolge der 
Franzosen eingeschüchtert, konnte keine große Gefahr 
für mich sein. Es ist mir ja auch gelungen, mit 
Ausnahme der Bestrafung der räuberischen Berg- 
völker (Heiden) Alles friedlich zu regeln. Aller- 
dings war hierzu immerhin eine achtunggebietende 
Macht, wie sie mir zur Verfügung stand, noth- 
wendig. Ich will hierbei nicht vergessen, zu er- 
wähnen, daß die ganze Exvedition ohne die ungemein 
pflichttreue Hingabe meiner Europäer nicht möglich
	        
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