Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

In dem neuesten Jahresbericht über die Äquato- 
rialmission der Weißen Väter wird nach dem „Afrika- 
Boten“ über das apostolische Vikariat Tanganyika 
u. a. gesagt: 
Die Tanganyikamission hat auch in diesem Jahre 
die erfreulichsten Resultate geliefert; ihr Bestand hat 
sich in diesem Zeitraum um 550 Neugetaufte und 
800 Katechumenen vermehrt. Das ist viel, wenn 
man bedenkt, daß hier wie in allen unseren Vikariaten 
die Schwarzen erst nach einer vierjährigen Probezeit 
zur Taufe zugelassen werden, so daß sie, was die 
Kenntnisse in den Wahrheiten der christlichen Religion 
und einen guten Lebenswandel betrifft, hinreichend 
Sicherheit für die Zukunft bieten. Dank dieser 
Maßregel haben wir ausschließlich überzeugte, er- 
probte Christen und nur selten, selten wird einer 
seiner Religion untreu. Ja, die sittliche Umwandlung, 
welche die Taufe bewirkt hat, ist nach einem so 
langen Katechumenate nur desto vollständiger und 
gesicherter. Die Europäer nehmen denn auch oft 
genug eine Denkungsart und ein Zartgefühl bei dem 
Schwarzen wahr, die man früher bei ihm nicht ge- 
kannt hatte. Den Neugetauften kennt man sofort 
und überall heraus, schon in seinen Zügen, seinem 
Sprechen, seinem ganzen Benehmen. Die Schwarzen 
des Innern versetzen uns, was Einfalt und Leben- 
digkeit des Glaubens betrifft, in die Zeit der ersten 
christlichen Jahrhunderte. Unsere Mitbrüder am 
Tanganyika begnügen sich nicht damit, durch ihr 
Wort sowohl als durch ihr Beispiel, auf Ordnung, 
Gerechtigkeit, Arbeitsamkeit und Sparsamkeit hinzu- 
weisen, sondern sie widmen der Organisierung und 
Ausbreitung der Arbeit einen fast ebenso großen Teil 
ihrer Zeit, als dem eigentlichen Apostolate, um eben 
dadurch die Eingeborenen vor den Gefahren des 
Müßigganges zu bewahren. So mußten sie zunächst 
den Schwarzen lehren, den Boden seines Landes 
besser auszunutzen, der ja bei angemessener Bearbei- 
tung einen so reichen Ertrag liefern kann und doch 
fast durchweg sich selbst überlassen bleibt. Statt der 
Waffen und alkoholischen Getränke haben die Missio- 
nare die Kultur neuer Pflanzenarten ins Land ge- 
bracht, die eine Aufbesserung der täglichen Nahrung 
der Eingeborenen ermöglicht. Dank dieser Fürsorge 
treten zu den ewigen Sorghoseldern und Maniok= 
pflanzungen fast sämtliche Gemüse und alle Getreide- 
arten Europas hinzu, desgleichen eine bedeutende 
Anzahl von Fruchtbäumen, die bis dahin dort zu 
Lande unbekannt waren: Melonen, Goaven, Palmen, 
Mandarinenbäume, Mangobäume 2c. In derselben 
Absicht, nämlich um den Neger durch die Arbeit zur 
Gesittung zu führen und seinen materiellen Wohlstand 
zu heben, haben unsere Mitbrüder folgende baum- 
artigen Nutzpflanzen eingeführt: Kaffeebaum, Vanille, 
Baumwollstaude und Kautschukbaum. Einer unserer 
Missionare, der vor seinem Eintritt in die Genossen- 
schaft Ingenieur war, beabsichtigt eben, die Einge- 
borenen die Weberei zu lehren und zu diesem Zwecke 
jeder Familie die Anschaffung von entsprechenden 
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Geräten zu ermöglichen, deren Handhobung keine 
besondere Kunstfertigkeit erfordert. Versuche in der 
Erzgießerel und Bearbeitung der Metalle sind gleich- 
falls gemacht worden. Auch den Elementarunterricht 
vernachlässigen die Missionen nicht; zählt doch dies 
Vikariat allein mehr als 3650 Schüler und gegen 
50 Schulen. In der Station U. L. Frau von Ka- 
rema befinden sich ein Seminar für Lehrer und 
Katechisten sowie für schwarze Priester. Das erst- 
genannte liefert den Missionaren ausgezeichnete Ge- 
hilsen, das andere sucht ganz allmählich einen ein- 
heimischen Klerus für Aquatorialafrika heranzubilden. 
Die Zöglinge zeigen einen regen Fleiß, und es fehlt 
ihnen nicht an Talent zum Studium und großem 
Eifer in der Tugend. Karema zählt zurzeit 1390 
Neugetaufte und 800 Katechumenen. Die Missions- 
station St. Franz Taver zu Kirando verdankt eben- 
falls die beträchtliche Zahl von 6340 Katechumenen 
seinen Schulen. Über 1000 Kinder besuchen regel- 
mäßig den Unterricht. Das Aufblühen der Mission 
St. Petrus Claver (Zimba) im Berichtsjahre ist 
gleichfalls großenteils dem Unterricht zuzuschreiben. 
Dank dem großen Eiser der Katechisten erhalten mehr 
als 40 Dörfer, also eine Bevölkerung von ungefähr 
5000 Seelen regelmäßigen christlichen Unterricht, und 
die Schulen werden von annähernd 1000 Schülern 
fleißig besucht. Die Station St. Bonifatius zu 
Mkulue besteht erst seit 2½ Jahren und ist also 
noch in ihren Anfängen; doch wie schwierig diese 
auch sind, das Werk scheint dort eine frohe Zukunft 
zu versprechen. Schon unterrichten die beiden Kate- 
chisten 280 Kinder im Katechismus. St. Joseph zu 
Utinta, einer Missionsstation, die eine sehr klritische 
Periode überstanden hat, erschließt sich nunmehr eine 
schönere Zukunft. Am Feste Mariä Himmelfahrt 
haben die Missionare 70 Taufen von Erwachsenen 
eintragen können. Die Mission zählt augenblicklich 
331 Katechumenen und 297 Neugetaufte. Die 
Station St. Mauritius zu Galula besteht noch nicht 
ein Jahr. Der Pater Supertior hat verschiedene 
apostolische Streifzüge in die Umgegend gemacht und 
überall die herzlichste Aufnahme gefunden. Von St. 
Peter und Paul in Kala fehlen noch die letzten Nach- 
richten. Diese Station zählt zurzeit 310 Neugetaufte 
und 1723 Katechumenen. Im Laufe dieses Jahres 
wurde in Urori eine neue Station gegründet. — Im 
Monat Juni 1902 zählte das Vikariat insgesamt 
2945 Neugetaufte, 10 039 Katechumenen, 50 Schulen 
mit 1937 Knaben und 1715 Mädchen. Außerdem 
wurden im Laufe des Jahres gezählt: 533 Taufen 
von Erwachsenen, 147 Taufen von Kindern, Neu- 
getaufter, 530 Taufen in Todesgefahr, 24 Firmungen, 
23 833 Beichten, 23 811 Kommunionen, 92 Ehen, 
30 116 Fälle der Kronkenpflege. 
Missionar Wohlrab berichtet in den „Nachrichten 
aus der ostafrikanischen Mission“ (Berlin III) aus 
der Missionsarbeit in Hohenfriedeberg: 
Die vergangenen Monate haben uns vor einc
	        
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