Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

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Nachrichten aus den deulschen Schuhgebieten. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder teilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) 
  
Deutsch-Dltafrika. 
Dienstreise des Stationschefs Freiherru v. Lededur 
im Bezirk Bismarckburg. 
Aus einem Bericht des Stationschefs Freiherrn 
v. Ledebur über eine Dienstreise im Bezirk Bis- 
marckburg entnehmen wir folgendes: 
Am 8. März fuhr ich (auf dem Tanganyikasee) 
mit drei Askaris an Bord der „Hedwig von Wiss- 
mann“ ab und zunächst zum Holzplatz von Kipili 
südlich Kirando. Die Bucht von Kipili ist durch 
eine vorliegende Insel gut geschützt, die Einfahrt ist 
bequem, der Dampfer kann nahe an das Ufer heran. 
Am Holzplatz liegt ein kleines Dorf. Der Holzplatz 
für den englischen Dampfer liegt unweit davon an 
einem anderen Dorf. Am 9. März marschierte ich 
in die Ebene von Kirando. Sie ist gut bevölkert 
und angebaut. Ein Teil ist allerdings durch Uber- 
schwemmung oft versumpft (alter Seeboden). Die Be- 
völkerung ist gemischt: Wafipa, Wasuaheli, Wagala, 
Waniamwesi. Die Wafipa treiben zum teil Fischfang 
zwischen den Ufern Ukawendes und Urungus. In 
den meisten ihrer Dörfer sind Missionsschulen, in 
Jete ist sogar eine Steinkirche mit Missionshaus. 
Vier ehemalige Askaris haben sich zu einem Dorf 
vereinigt. Man baut Reis, Tabak und etwas Sesam. 
Sesam wird überhaupt von Kirando an nordwärts 
längs des Sees bis nach Ukawende hinein in mäßigem 
Umfange gebaut und gedeiht sehr gut. Die moham- 
medanischen Wasuaheli verhalten sich der Mission 
gegenüber ruhig. Sie sind weniger Händler als 
Ackerbauer. Die Landschaft Kirando hat etwa 
35 Dörfer mit 1000 Männern, 1500 Weibern und 
1200 Kindern. Die genaue Zählung ist nicht ganz 
abgeschlossen. 
Nördlich dieser Landschaft liegt das Land Utinta, 
dessen Mission ich am 10. März erreichte. Die 
Mission liegt auf einem Hügel am Südrand einer 
flachen Bucht des Sees. Der Weg führt von Kirando 
her auf einer alten Barra-Barra in der Richtung 
Nordnordwest über das Bergland nach Utinta. Die 
Bucht ist nur wenig geschützt, doch ist das Wasser 
unweit des Ufers tief, so daß der Dampfer nahe 
heranfahren kann. Zurzeit sind in der Mission drei 
Patres und drei Brüder. Man baut eine ansehnliche 
Kirche. Die hier hergestellten Ziegel gelten für 
die besten am See. Die Ebene von Utinta (alter 
Seeboden) gehört zum nördlichen Teil von Fipa, 
die Bevölkerung ist spärlich und setzt sich aus Wafipa 
und Wabende zusammen. 
An Utinta schließt sich nördlich die Landschaft 
Karema an, die zu Ukawende gehört. Im südlichen 
Teil sind aber auch noch Wafipa ansässig. Dicht 
nördlich der Mission Karema mündet die Niederung, 
welche vom Rikwa aus sich über Mpimbwe im Bogen 
  
zum Tanganyika erstreckt und alter Seeboden ist. 
Vielfach erschwert Sumpf mit hohem, schilfartigem 
Gras zumal in der Regenzeit den Marsch durch 
diese Ebene, die am Nord= und Südrand ziemlich 
gut bevölkert ist. Am 14. März traf ich bei der 
Mission Karema ein, wo ich vom Bischof Lechaptais 
sehr freundlich aufgenommen wurde. Der Bischof 
ist seit dem November 1902 aus Algier nach Karema- 
zurückgekehrt. Ich hörte dem Unterricht der Kate- 
cheten zu, im Rechnen, Lesen, Schreiben und Singen. 
Die Klasse hat etwa 60 Schüler und ist in einem 
hellen, luftigen Raume untergebracht. Ich gewann 
den Eindruck, daß die bisherigen Erfolge der Kate- 
chetenschule durchaus günstige sind. Der schwierige 
Unterricht im Deutschen wird mit Gewissenhaftigkeit 
erteilt und hat schon jetzt recht Gutes gezeitigt. Sehr 
interessant sind in Karema die industriellen Anlagen. 
Pater Schenck, aus industriellen Kreisen der Schweiz 
stammend, hat hier die Leitung. In der Eisen- 
gießerei können Eisenteile bis zum Gewicht von etwa 
30 kg gegossen werden. Schon mehrfach sind hier 
Ersatzteile für den Dampfer schnell und sorgfältig 
hergestellt worden. Das Eisen wird aus Eisenstein 
gewonnen, der einige Stunden nördlich vorkommt 
und sehr reichhaltig ist. Das Vorkommen von Kupfer 
ist nicht festgestellt worden, wohl aber das von 
Kohle. In der Werkstatt der Mission wird eine 
Kreissäge zum Sägen von Holz maschinell betrieben. 
Dicht bei der Mission ist eine große Cisterne ge- 
mauert, die teils durch Grundwasser, teils durch 
Regenwasser mit Röhrenleitung gespeist wird und 
die Mission stets mit Wasser versorgen soll. In 
der Niederung seewärts wird zurzeit ein mächtiger 
Brunnen gebaut, der Felder und Gärten versorgen 
wird. Man hat sich hier die Brunnen spanischer 
Bauern in Algier (mit Eimerwerk) zum Muster ge- 
nommen. Schließlich ist man dabei, eine Web- 
maschine zu bauen, mittelst derer man selbst feinere 
Gewebe herzustellen hofft. Die Tätigkeit der Mission 
Karema auf diesem industriellen Gebiete wird dank 
dem Interesse des Bischofs hoffentlich für die Ent- 
wickelung der Bevölkerung von bleibendem Werte sein. 
Von Karema marschierte ich unweit des Sees 
weiter und kam am vierten Tage zum Sultan Ka- 
tunka von Usowa. Das Land ist leidlich bevölkert 
und hat guten Schambenboden. Eine Anzahl Wasser- 
läufe führt das ganze Jahr hindurch Wasser zum 
See. Bei Katunkas Dorf baut man u. a. Reis, 
Zuckerrohr und Sesam. Am 19. März erreichte ich 
die Südwestecke Ukawendes an der Edithbai, wo ein 
Holzplatz des deutschen Dampfers ist. Da bereits 
an demselben Tage der Dampfer aus Ujiji hier 
eintraf, trat ich die Rückfahrt am nächsten Morgen 
on. Am 22. März traf ich wieder in Bismarck- 
burg ein. 
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