Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Handel gebracht werden, in den Händen der Ein- 
geborenen. 
Ein neunstündiger Marsch durch unbewohnten 
Urwald brachte die Expedition von dem bis nahe 
der Graslandgrenze vorgeschobenen Posten Gurgo 
nach dem neu angelegten Gokumdorfe Koen und da- 
mit in das Gokumland hinein. Die Bewohner, die 
zum erstenmal einen Weißen sahen, zeigten sich im 
Anfang zwar etwas scheu, nahmen mich aber sehr 
freundlich auf und brachten reichlich die bei meinen 
Jaundeleuten so beliebten Planten und soviel Hühner 
und Ziegen, daß abends jeder meiner Leute ein 
Stück Fleisch im Topfe hatte. Auf dem Weitermarsch 
begleiteten mich der Häuptling und seine Leute bis 
zum nächsten Dorfe, wo ich Ziegen und Körbe voll 
Hühner in Empfang nehmen mußte, um nach einigem 
Aufenthalt, vom neuen Ortsschulzen und seinen Ge- 
treuen begleitet, weiter zu ziehen. So blieb das im 
allgemeinen, bis ich den Long erreichte. 
Mehr noch als bisher bereitete das Durchschreiten 
der breiten sumpfigen Flußbetten Aufenthalt. Uber 
einige der hier in den Dume entwässernden Flüsse, 
z. B. über den etwa 350 m breiten Benumamo, 
waren von den Eingeborenen Brücken gebaut, die 
uns aber wenig Erleichterung gewährten. Seiltänze- 
rische Gewandtheit war erforderlich, um auf den 
einzelnen an einander gestoßenen Baumstämmen, die 
oft halb im Wasser lagen, über die Sümpfe zu 
balanzieren, und fast jeder von uns hat bei diesen 
Passagen ein unfreiwilliges Moorbad genommen. 
Am schwierigsten war der Übergang über diese Brücken 
für die Träger des von mir mitgeführten Universal- 
instrumentes, das in zwei Doppellasten verpackt war. 
Dank der Geschicklichkeit der Träger und der Auf- 
merksamkeit und raschen Hufeleistung der das Instru- 
ment begleitenden Soldaten ist es nie fallen gelassen 
worden und unversehrt in Jaunde eingetrofsen. 
Ungefähr drei Stunden von Tumbo, wo ich 
meinen ermüdeten Leuten einen Rasttag gönnte 
(22. Januar), wurde der Dume durchschritten. Sein 
etwa 400 m breites Bett war mit Raphien bestanden, 
die, einzeln oder in Gruppen vereinigt, kleine Inseln 
bildeten, zwischen denen der Fluß in vielen größeren 
und kleineren Armen langsom dahinströmte. Während 
der Regenzeiten wird der Fluß ein kaum zu passie- 
rendes Hindernis sein, da damals, nahe dem Ende 
der Trockenzeit, die Durchschnittstiefe etwa 1,20 m 
betrug. In Tumbo, wo die Expedition vom alten 
Häuptling Jemsang überaus freundlich ausgenommen 
und mit Geschenken an Schasen, Ziegen und Hühnern 
überhäuft wurde, war ich besonders der Gegenstand 
der Neugierde der Eingeborenen. Von allen Seiten 
kamen die Gokum herbeigeströmt, um den Weißen 
zu sehen, und 400 bis 500 Männer saßen den ganzen 
Tag über um mich herum, mein Tun und Lassen 
beobachtend und leise Bemerkungen hierüber tauschend. 
Trotz ihres großen Interesses für mich haben mich 
übrigens die Leute nicht belästigt und sich recht an- 
ständig betragen. 
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Der alte Häuptling Jemsang bat mich, noch 
einige Tage bei ihm zu bleiben, damit er und sein 
Volk den weißen Mann besser kennen lernten. Ich 
habe es sehr bedauert, daß ich, um rechtzeitig zu den 
Mondbeobachtungen nach Jaunde zu kommen, der 
Einladung des Gokumchefs, die später auch von ver- 
schiedenen Makahäuptlingen wiederholt wurde, nicht 
folgen konnte. Bei mehrlägigem Aufenthalte wären 
die Eingeborenen vertrauter geworden, und ich hätte 
umfangreichere und gründlichere Nachrichten über 
Land und Leute, die Handelsverhältnisse und beson- 
ders die wichtige Kautschukgewinnung bringen können, 
als mir dies bei meinem raschen Durchmarsch möglich 
geworden ist. Wenn sich die Eingeborenen auch 
freundlich und entgegenkommend zeigten, so erfüllten 
sie doch meine Fragen, besonders wenn sie sich um 
den Gummihandel drehten, mit Mißtrauen, und ich 
bin sicher, daß ich oft kräftig angelogen worden bin. 
Mit dem liüberschreiten des Kyandu trat die 
Expedition in das Makaland ein, das längs meiner 
Route sich etwas dichter als das Gokumgebiet bewohnt 
zeigte und stattliche Dörfer aufwies. Auch wurde 
das Land offener; Grasflächen wechselten mit Busch 
und hochstämmigem Wald; die Olpalme trat immer 
zahlreicher auf und bildete zuweilen Haine; oft be- 
gleiteten ausgedehnte Bananenpflanzungen den Weg, 
der streckenweise breit ausgehauen war. Leider 
wurden auch die Sumpfpassagen und Brückenüber- 
gänge, je näher wir dem Long kamen, desto häufiger 
und zeitraubender; besonders der übergang über den 
600 m breiten Jangambue, einen rechten Nebenfluß 
des Long, dem die in den letzten Tagen überschrittenen 
Wasserläufe zugehen, steht mir noch unangenehm in 
der Erinnerung. 
Der Verkehr mit den Eingeborenen, der sich im 
östlichen Teile des Gokumgebietes oft der Zeichen- 
sprache bedienen mußte, wurde hier dadurch erleichtert, 
daß das meinen Soldaten und Trägern geläufige 
Jaunde von einzelnen Leuten gesprochen wurde. Als 
ich am 27. Januar den Long überschreiten wollte, 
sollte das bisher gute Verhältnis zu den Eingeborenen 
eine kleine Trübung erleiden. Die Bewohner von 
Koeng, wo der Ubergang stattfinden sollte, hatten 
ihre Kanus versenkt und konnten erst dadurch, daß 
ich etwa 20 von ihnen fesinehmen ließ, veranlaßt 
werden, die Fahrzeuge herauszugeben. 
Um das alte Verhältnis mit den Maka wieder 
herzustellen, blieb ich am 27. am diesseitigen Ufer 
und feierte in Mune in Gegenwart der Dorfleute, 
die mich am anderen Tage wie bisher begleiteten, 
Kaisers Geburtstag. Bei Malen bewerkstelligte die 
Expedition am 28. und 29. Januar den Übergang 
über den Long. In Kanus, die nur ein bis zwei 
Mann und ebensoviele Lasten faßten und bei der 
geringsten Bewegung umschlugen, wurde der etwa 
20 m breite Long und der sich an seinem linken 
Ufer anschließende, von vielen Wasseradern durch- 
zogene Raphiasumpf durchquert, ein Manöver, zu
	        
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