Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Die Hochebene ist sehr reich bewässert; man kann 
hier wohl von einem Ubermaß an Wasser und Wasser- 
läufen sprechen, das sich besonders als ein Verkehrs- 
hindernis geltend macht. Die Reise von Bertua nach 
Jaunde wurde in der zweiten Hälfte der Haupt- 
trockenzeit, also in der trockensten Jahreszeit, aus- 
geführt, trotzdem hatte die Expedition etwa alle halben 
Stunden ein reichlich mit Wasser gefülltes Rinnsal 
zu durchschreiten. Die durchschnittlich sehr geringen 
Höhenunterschiede der Hochebene bedingen ein sehr 
geringes Gefälle der Flüsse. Mit kaum bemerkbarer 
Strömung bewegt sich das Wasser in den breiten, 
sumpfigen Betten, so daß sich die Flußrichtung oft 
schwer feststellen läßt. Nur im bergigen Esumgebiet 
findet man teilweise rascher fließende Bäche. 
In den Vegetationsformen wechselt die Hochebene 
vom geschlossenen Urwald zur reinen Savanne durch. 
Buschwald und Parkland sind die Ubergangsformen 
zwischen beiden. Daß bei sonst ziemlich gleichen Be- 
dingungen für das Wachstum der Pflanzenwelt der 
geschlossene Urwald im östlichen menschenarmen Teil 
der Hochebene zu finden ist, während Park= und 
Grasland im dichter bewohnten Westen vorherrschen, 
wo die dem Erdboden zugehende Wassermenge sicher 
die gleiche, wenn nicht eine größere als im Osten ist, 
läßt darauf schließen, daß menschliche Einwirkung diese 
Umwandlung der Vegetation teilweisehervorgerufen hat. 
Die sumpfigen Flußbetten sind meist mit den von 
den Eingeborenen insbesondere für den Häuserbau 
benutzten Raphiapalmen, Rotang, Pandanus, Farn 
und Schilfgras bestanden. 
Die Olpalme sah ich nur im Maka-, Mwele- 
und Esumgebiet, und zwar in Park= und Grasland, 
das sie zu bevorzugen scheint, besonders häufig. Die 
Mwele pflanzen sie in Reihen in regelmäßigen Ab- 
ständen gleich den Bananen an; an dem breiten 
Wege, auf dem ich durch das Esumgebiet marschierte, 
sah ich die Olpalmen häufig in Gruppen stehend, die 
Stellen früherer Dörfer kennzeichnend. 
Von Gummi liefernden Pflanzen habe ich nur 
Kickrien, und zwar im Gokum= und Makagebiete, ge- 
sehen, wo sie verschiedentlich der Gummigewinnung 
wegen umgeschlagen waren. Nach Angabe der Ein- 
geborenen kommen sie aber auch in den Wäldern des 
Mowele= und Esumlandes vor, welch letzteres früher 
viel Gummi geliefert hat. Wahrscheinlich sind aber 
die Bestände dieser Gebiete durch den früher ge- 
pflogenen Raubbau stark gelichtet worden. 
Uber die Verbreitung der Landolphia habe ich 
nichts Sicheres erfahren können, doch kommt sie wie 
im Ngoko-Sangagebiet wohl auch neben den Kickxien 
überall vor; die Eingeborenen wenigstens haben mir 
verschiedentlich angegeben, daß sie einen Teil ihres 
Gummi aus dieser Liane gewinnen. 
Die Gokum, Maka, Mwele und Esum gehören 
zu den Bantustämmen. Die Gokum kommen in der 
Sprache den südwestlich von ihnen wohnenden Kaka 
am nächsten, der Kakadialekt enthält wieder viele An- 
klänge an das Gumba und Mabea, wenigstens konnten 
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sich die von den Soldaten und Trägern der Expedition, 
die jenen beiden Stämmen angehörten, am besten mit 
den Kaka und Gokum verständigen. Der Makadialekt 
bildet nach meinen Aufnahmen gewissermaßen den 
Ubergang zwischen dem Kaka und der Fangsprache. 
Die Mwele und Esum gehören zu den Fangstämmen 
und sprechen einen dem Jaunde ähnlichen Dielekt. 
Das Jaunde wird selbst von einzelnen Gokum, wenn 
auch mangelhaft, gesprochen; es ist schon bis an die 
Grenze des Savannengebietes vorgedrungen und kann 
wohl als die Handelssprache der von mir bereisten 
Waldzone bezeichnet werden. 
Die Gokum und Mako sind Menschenfresser, und 
zwar aus Liebhaberei für Menschenfleisch; sie machten 
mir aus diesem Gebrauche kein Hehl. Die Männer 
ereilt das Schicksal, aufgegessen zu werden, im all- 
gemeinen nur, wenn sie das Unglück haben, als 
Kriegsgefangene in die Hände ihrer Feinde zu fallen; 
kein Gokum oder Maka wagt es daher leicht, weit 
über die Grenzen seines Dorfes hinaus zu gehen. 
Im allgemeinen liegt ja bei den Naturkindern immer 
ein Dorf im Kriege mit dem anderen, und auch wenn 
dies ausnahmsweise nicht der Fall ist, so wird der 
Fremde doch als Feind betrachtet und behandelt. 
Die Weiber werden selbst nach ihrem natürlichen 
Tode verspeist, nur die nächsten Verwandten sollen 
sich von dem Mahle fernhalten. Auch die Mwele und 
Esum sollen noch vor wenigen Jahren Menschen ge- 
gessen, jetzt aber diesen Gebrauch verlassen haben. 
Die Bekleidung ist bei allen vier Stämmen auf 
das Notdürftigste beschränkt. Die Männer tragen 
ein Stück Rindenstoff oder, wenn sie reicher sind, 
ein Stück europäischen Baumwollstoff, das zwischen 
den Beinen durchgezogen und von einer Perlenschnur, 
einem Riemen 2c. um die Hüften festgehalten wird. 
Vornehmere sah ich zuweilen in Haussahemden. Die 
Gokumweiber tragen gleich den Männern Zeugstücke 
zwischen den Beinen durchgezogen, nur waren die 
Stücke schmäler wie beim starken Geschlecht, dafür 
waren die Hüften mit mehreren Perlenschnüren ge- 
schmückt. Die Weiber der Mwele und Esum kleiden 
sich ähnlich wie die Jaundefrauen; vorn bedecken sie 
ihre Blöße durch ein zwischen den Beinen durch- 
gezogenes, an einer Schnur unterhalb der Hüften 
befestigtes, trockenes Bananenblatt; hinten auf dem 
Gesäß tragen sie einen Büschel aus trockenen Blättern 
der Raphiapalme, der oft rot gefärbt wird, aber nicht 
so kunstvoll hergestellt ist, wie der einem gestützten 
Pferdeschwanz gleichende „Ebui“ der Jaundeweiber. 
Die Bewaffnung besteht in Speeren, die zugleich 
Stoß= und Wurfspeere sind, ferner in Pfeil und 
Bogen. Schilde, die aus der Haut des Büffels 
oder des Elesanten hergestellt werden, habe ich nicht 
zu Gesicht bekommen. Jetzt führt fast jeder Mann 
ein Vorderladergewehr. 
Tätowierung wird von allen geübt; bei den 
Gokum sah ich verschiedentlich einen oder beide 
Nasenflügel durchbohrt, ebenso die Ohrläppchen; 
bei einzelnen Maka die Nasenscheidewand. Bei den
	        
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