Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Mache sind, wissen die meisten Gläubigen, und die 
hohe Priesterin Kiakutuma hält sich nur, da es ihr 
häufig gelingen soll, von Njawingi den ausgebliebenen 
Regen zu erbitten. Blelbt der Regen lange aus, 
so sammelt Kiakutuma Geschenke von den Sultanen, 
sendet einen Teil davon weiter nach dem Albert- 
Edward-See, das soll dann seine Wirkung nie ver- 
fehlen. Wenn Fremde beim Dorf der Priesterin 
lagern, erscheint die Göttin regelmäßig, was ½ Stunde 
lang vorher durch Kreischen der Prlesterin und 
Trommelschlagen angekündigt wird. Auf auswärtige 
Neger macht dieser Hokuspokus stets gewaltigen Ein- 
druck. Die anderen im Land lebenden sogenannten 
Niawingl sind ursprünglich Sendlinge der Hohen- 
priesterin, z. T. haben sie sich nun selbständig ge- 
macht und stehen als Regenmacherinnen im Sold 
der einzelnen Sultane. 
Deutsch-Mpororo ist außerordentlich wildreich, 
besonders im Süden. Es wurde vor Errichtung 
des Postens viel von Eingeborenen gejagt, im Süden 
miitels Fallgruben, im Norden mit weitmaschigen 
Netzen aus festen Baststricken. Diese langen, etwa 
1½ m breiten Netze wurden mitten in der Steppe 
auf etwa 80 m Länge halbkreisförmig ausgespannt, 
gehalten durch Sträucher oder eingerammte Pfähle. 
In der Nähe der Netze wurden etwa 30 besonders 
gewandte junge Leute mit je vier bis fünf Stoß- 
speeren unter Grashaufen versteckt. Dann drückten 
die Treiber allmählich das Wild auf die Netze zu, 
in der Nähe derselben wurde es mit Geschrei und 
Steinwürfen in wilder Flucht in diese hineingejagt. 
Was nicht durchbrach, wurde in den Netzen gespeert, 
das waren natürlich meist Kiten und Fohlen. Man 
jagte hauptsächlich der Decken wegen, das Wildpret 
überließ man den Warcu. Besonders hoch im Wert 
stand Leder von Zebras und Elenantilopen, da San- 
dalen aus solchem selbst im regennassen und tau- 
frischen Grase nicht erwelchen. Decken von schwachen 
Antilopen wurden von Müttern sehr begehrt, sie 
eignen sich ihrer Schmiegsamkeit halber besonders 
für Kindertragen. Vom Büffel ist die Leber als 
Arznet gesucht, man trocknet und puloerisiert sie, um 
sie unfruchtbaren Kühen, mit einigen Kräutern ver- 
mengt, in den After einzuflühren. Die Büffel find 
ebenso wie die von Buddu auffallend schwächer als 
die aus dem Süden der Kolonte. Elefanten sollen 
früher häufig gewesen sein, kommen aber jetzt nur 
noch im kongostaatlichen Mpororo vor. 
Das Zebra überschreltet die Rufuha-Ebene nicht 
nach Norden, ist aber im Süden außerordentlich 
zahlreich vertreten. Von Antilopen kommen vor: 
Elen= und Leierantilope, Wasserbock. Riedbock, 
Schwarzfersenantilope und die Zwergantilopen vom 
Ducker bis zum Zierböckchen. 
Das Nashorn kommt nicht Über den Kagera, 
doch gehen in der Regenzeit Flußpferde merkwürdiger- 
welse den Kakitumba-Fluß trotz seines starken Ge- 
fälles welt hinauf und von dort in die Sümpfe. 
Löwen sind häufig und sehr gefürchtet, obgleich 
  
  
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sie sich nur an Wild zu halten scheinen und Vieh 
und Köder verschmähen. Sie jagen immer paar- 
weise. Leoparden gibt es nur an dem Kagera, dort 
stellen sie den zahlreichen Affen nach. Schlangen 
werden abergläubisch gefürchtet, ich sah aber selten 
Arten, die mir und den Küstenleuten als glftig be- 
kannt sind. 
In der Regenzelt sind die überschwemmten 
Ebenen außerordentlich reich an fetten Welsen, die 
man speert oder mit Knüppeln schlägt und dann 
gegen Perlen verhandelt. Diese Fische sollen aus 
dem Ruaketenge-See bei Rugarama austreten, ihr 
Fleisch ist mit regenwurmartigen Schmarotzern stark 
durchsetzt. Die Wahima essen die Welse nicht. 
Sumpfdögel sind überall häufig, werden aber 
nicht geiagt. 
Die in Deutsch-Mpororo lebenden Wahlma ge- 
hören den Stämmen der „Waschamwo“ und „Wad- 
jena“ an, dazwischen leben sehr vereinzelt „Wahinda“; 
sie sind mit den Wahlma zugewandert, sollen jenen 
aber nicht verwandt sein. Warru von hier gehören 
den Stämmen der „Wanjangue“, „Wansira“ und 
„Wagehi“ an, während in Rukiga die „Walindl“, 
„Wassigl“ (Wassiga), „Wastera“ und „Wainika“ 
leben. In nachstehenden Aupßzelchnungen sind nur 
die Sitten der Wahlma berücksichtigt, die der Wakru- 
Stämme ähneln sehr denen ihrer Vettern von 
Karagwe. 
Wenn ein junger Mhima hetraten will, begibt 
er sich zunächst zum Vater selner Auserwählten und 
fängt mit ihm ein Gespräch an, im Laufe dessen er 
ihm vorschlägt, mitelnander Blutsfreundschaft zu 
machen. Der Brautvater merkt nun; was die Glocke 
geschlagen hat, und rät dem Jüngling, ihn in einiger 
Zeit wieder zu besuchen; von der Blutsfreundschaft 
spricht man nicht mehr. Nach einigen Tagen beglbt 
sich der Freier mit zwei großen Töpsen Hirse- 
bier wieder zum Vater des Mädchens. Über das 
Bier macht man sich zu Zweit her, und während 
des gepflogenen Gespräches rückt der Jüngere mit 
seinem Anliegen heraus und man elnigt sich über 
den Kaufpreis. Dieser beträgt in der Regel: 
zwel Rinder, ein Schaf und eine Hacke. Eines der 
Rinder erhält dann die Braut von ihrem Vöter 
gewöhnlich wieder mit in den neuen Hausstand. 
Ehebruch wird streng bestraft, man konfisziert das 
Vermögen des Verführers und ächtet ihn, falls der 
betrogene Ehemann von seinem Recht, denselben zu 
erschlagen, keinen Gebrauch macht. 
Hier seien gleich einige andere Strafen erwähnt: 
Totschlag büßt man mit einer Zahlung von a# 
Rindern an die Verwandten des Erschlagenen. 
Diese dürfen den Totschläger töten, ziehen es aber 
meist vor, die Rinder anzunehmen. 
Diebstahl (es handelt sich nur um Biehdiebstähle) 
wird immer mit Vermögenselnziehung und Aus- 
weisung bestrast. 
Die Gebräuche bel Geburten und Todesfällen 
haben sich wohl denen der umwohnenden Banin
	        
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