Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

tiere aber zu sehr angestrengt werden, und die Nach- 
zucht schwächlich blelbt, konn man dieser Ausnutzung 
der Ziegen nicht das Wort reden, und wirkliche 
Züchter sind auch von dieser zweimaligen Vermehrung. 
im Jahre abgegangen. Vielmehr hat sich der Ge- 
brauch herausgebildet, ein Jahr einmal, das zweite 
Jahr zweimal lammen zu lassen, und man hat damit 
die besten Resultate erzielt. Die Ziegenlämmer werden 
mit 3¾ Jahren zugelassen, während die Bocklämmer, 
jung kastrlert, als Karpater ein bis zwei Jahre in 
der Herde verbleiben. Diese erreichen ausgeschlachtet 
ein Gewicht von 30 bis 40 Pfund, ausnahmsweise 
auch 75 Pfund, und haben vor dem Kriege einen 
Preis von 12 bis 18 Mk. gebracht, während heute 
schon 25 bis 36 Mk. gezahlt werden. 
Auf Milchgewinnung rechnet man nur von solchen 
Ziegen, die ein Junges haben, und für gewöhnlich 
erhält die Milch, die das Lamm nicht braucht, der 
Ziegenwächter als einen Teil seines Lohnes. Gün- 
stigen Falles darf man auf einen Viertelliter von 
der Ziege rechnen. 
Über die von Deutschland eingeführten Ziegen 
liegen zur Zeit noch nicht genügende Erfahrungen 
vor, um ein endgültiges Urteil über diese Tiere 
abzugeben. 
Sowohl die Staner wie Toggenburger Ziegen 
haben die Überfahrt gut überstanden und sich auch 
gut hier eingewöhnt. Lelder sind diese Tiere zu 
Farmern gekommen, die die Ziegenzucht nicht als 
Hauptwirtschaftszweig betrachten und ihnen daher 
nicht die nötige aufmerksame Wartung und Pflege 
angedeihen ließen, die diese Tiere wohl verdient 
hätten. Trobdem hat die Nachzucht recht befriedi- 
gende Resultate gezeitigt, so daß wieder neue Be- 
stellungen nach obengenannten Ziegen abgegangen sind. 
Ein zweiter Fehler war der, daß die eingeführten 
Tiere in zu geringer Anzahl auf den einzelnen 
Farmen gehalten wurden. Ein besonderer Wächter 
war daher zu kostsplelig, und so gingen sie mit den 
afrikanischen Ziegen zusammen zur Weide. Die 
hlesigen Tiere weiden aber gern in felsigem und 
dornigem Gelände, laufen und tummeln sich viel, 
kommen aber nur einmal des Tages ans Wasser; 
durch diese gemeinschoftliche Hütung bei ungenügendem 
Wächterpersonal sind auch die Verluste zu erklären. 
Würde aber eine eingeführte Herde etwa 30 Stück 
stark sein, so daß sich ein besonderer Wächter lohnte, 
und würden sie auf einer Farm gehalten werden, 
wo eigens Ziegenkraale für die Lammzeit bestehen, 
so würde das Ergebnis ein viel zufriedenstellenderes 
sein und würde zu neuen Bestellungen ermutigen. 
Die aus der Kapbkolonle eingeführten Angorazlegen 
haben sich auf einigen Plätzen sehr gut bewährt. 
Der ganze Norden und das Zentrum des Landes 
kommen aber für dilesen Wlrtschaftszweig nicht in 
Betracht. Durch die Dornen wird den Tleren beim 
Weilden zuviel Wolle entrissen; der übrige Mohair 
wird namentlich durch das an Flußläufen häufig 
auftretende Klettengras verunreinigt. An den Flanken, 
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Schenkeln und an der Brust ist das Haar durch die 
festhaftenden Kletten wie verfilzt und kommt als 
marktfählge Ware nicht mehr in Frage. Für den 
Süden jedoch und einige dornenbuschfreie Plätze im 
Zentrum des Landes hat die Zucht der Angoraziege 
eine große Zukunft. 
Recht gute Ersolge hat man durch Kreuzung von 
Angoraramm und Afrikanerzlege in Hinsicht auf die 
Fleischproduktlon erzielt. Die Schlachttiere werden 
früher reif und erzlelen neben schmackhaftem Fleisch 
ein gutes Schlachtgewicht. 
Eine Säuberung des Buschlandes durch die 
Ziegenhaltung ist nicht nur undurchführbar, sondern 
wäre geradezu ein Nachteil für die Farm. Denn 
mit dem Aussterben des Busches würde die Afrikaner= 
ziege ihr Futter verlleren, da sie sich in erster Linie 
von Busch nährt und erst in zweiter Linie von Gras. 
Was die Rentabilität der Ziegenzucht anbetrifft, 
so dürfte sich das in Ziegen angelegte Kapital am 
schnellsten und sichersten nächst der Pferdezucht 
verzinsen. 
Wenn die Preise vor dem Aufstande als Unter- 
lage dienen dürfen, die aber vor fünf bis zehn Jahren 
nicht wieder den früheren nlederen Stand erreichen 
werden, so ist die Berechnung etwa folgende: 
Eine Mutterziege kostet 10 Mk., ein Jährlings- 
lamm oder ein zweijähriger Karpater 12 bis 15 Mk. 
Rechnet man 2 bis 5 Mk. Unkosten ab, was hoch 
gegriffen ist, so verzinst sich die Ziege in zwei Jahren 
mit 100 v. H. oder pro Johr mit 50 v. H. Da 
man aber bei sorgfältiger Pflege leicht zwei Lämmer 
pro Jahr aufziehen kann, so kann man auf 100 v. H. 
Verzinsung kommen, wie sich einige Farmer auch die 
Rentabilität ihres in Ziegen angelegten Kapitals in 
der Tat berechnen. 
Da durch den Aufstand 20 000 Stück Kleinvieh 
verloren gegangen sind, wovon etwa 10 000 Stück 
Ziegen gewesen sein dürften, so wird bei der großen 
Nachfrage nach Kleinvieh, zumal auch im Süden 
mehrere tausend Ziegen fehlen, bei dem hohen Preise 
für Fleisch die Ziegenzucht für die nächsten Jahre 
mit die beste Kapitalanlage für die Farmer bleiben, 
zumal aus ihr schon nach ein bis zwel Jahren 
Erträge zu erwarten sind. « 
Die Milchprodultion ist so gering, daß sie nicht 
in Berechnung gesetzt werden kann. Auch der Erlös 
für Felle (1 bis 1,50 Mk. pro Fell) ist zu unbedeu- 
tend bei den wenigen Tieren, die für den Haushalt 
geschlachtet werden, als daß er zu beräcksichtigen wäre. 
Was den Vorteil der Ziege vor dem Schafe, speziell 
vor dem Fleischschafe ausmacht, ist die größere Frucht- 
barkeit der ersteren. Auf 100 Schafe kann man nur 
60 bis 75 Lämmer rechnen, auf 100 Ziegen da- 
gegen 100 bis 150 Zicken. 
Die tierzüchterische Beaufsichtigung und Belehrung 
in den einzelnen Distrikten fällt in das Gebiet des 
jeweiligen Bezirkstierarztes; einen Zuchtinspektor gibt 
es zur Zeit noch nicht im Schutzgebiete. Wichuge 
Maßnahmen, wie Einführung von Zuchttieren,
	        
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