Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

übertragen. Bei einer vorbehandelten Kuh traten 
keine Parasiten im Blute mehr ouf, bei den anderen 
waren sie zuerst nachweisbar, verschwanden aber nach 
bzw. 4 Monaten gänzlich aus dem Blute. Bei 
den beiden Kälbern ging die Infektion ebenfalls 
nach 2 bis 4 Monaten in Heilung aus. 
Wie verläuft bei vorbehandelten Rindern die 
natürliche Infektion durch den Stiich der Fliege? 
Drei vorbehandelte Rinder und drei Kontrolltiere 
wurden nach der Zollstation Topli geschickt; der Weg 
führt durch weite, dicht bewachsene Niederungen und 
Sümpfe, in welchen sich bisher Pferde und Rinder 
fast ausnahmslos eine tödliche Infektion geholt hatten. 
Während nun vor der Abreise nach Topli bei keinem 
der Tiere Parasiten hatten nachgewiesen werden 
können, ergob nach ihrer Rückkehr die gleiche Prüfung, 
daß alle Tiere infiziert waren; nur diejenige Kuh, 
welche mit einer Injektion in Sokode vorbehandelt 
worden war und auch in Atakpome gesund geblieben 
war, war frei von Parasiten; fie gehörte der kleinen 
Konkomba-Rasse an. Ein altes vorbehandeltes Rind 
erlag der Infektion noch zwei Monaten, ein nicht 
geimpftes Kalb schon nach 14 Tagen. Bei der einen 
vorbehandelten Kuh, wie bei dem einen jetzt schwer- 
kranken Kontrolltier waren die Trypanosomen noch 
fünf Monate nach der Infektlon nachweisbor. Das 
eine Kalb hingegen war nach der gleichen Zeit frei 
von Parasiten. Die Vorbehandlung, wie sie oben 
beschrieben wurde, genügt also, auch wenn man län- 
gere Zeit verstreichen löäßt bis man das betreffende 
Rind der Infektionsgefahr aussetzt, nur in einem 
Teil der Fälle, um auch gegen diese natürliche In- 
fektion zu schützen. Vergleicht man ferner diesen 
Versuch mit dem vorausgehenden, so konstatiert man, 
abgesehen von beträchtlichen individuellen Schwan- 
kungen, daß die Infektion durch den Stich der Fliege 
eine schwerere Erkrankung hervorruft, als es die 
lünstliche Impfung vermag. Versuchsresultate also, 
welche nicht on dem Prüssteine der natürlichen In- 
sektion im Tsetsegebiet erprobt sind, haben noch keine 
endgültig ausschlaggebende Bedeutung. Die Annahme, 
daß die Fliege den Parasiten in einem anderen Sta- 
dium seiner Entwicklung überträgt, als wie wir ihn 
im kreisenden Blute finden, gewinnt durch diesen 
Versuch sehr an Wahrscheinlichkett. 
Einen recht bemerkenswerten Fingerzeig liefert 
serner das Verhalten der Kälber. Wenn sie auch 
ine ausgesprochene Immunität von der kranken 
zw. vorbehandelten Mutter mitbekamen, so scheinen 
ge doch weniger empfindlich als die erwachsenen 
Tiere und überwinden selbst die natürliche Infektion 
leichter. Aus diesem Grunde habe ich die Schutz- 
impfungen später nunmehr an jungen Tieren vor- 
enommen. 
Läßt sich die durch die Vorbehondlung erzlelte 
Grundimmmmität noch weiter steigernd Drei vor- 
behandelte Rinder wurden mit Parasiten iufiziert, 
welche, von einem spontan erkrankten Pferde stammend, 
nur einmal auf einen Hund übertragen worden waren. 
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Vier Wochen nach der Injektion waren nunmehr bei 
einem der Tiere Parasiten zu finden. 1½ Monate 
später wurden diese drei Tiere gleichfalls nach Topli, 
also in ein gefährliches Tsetsegebiet, geschickt. Die 
nech ihrer Rückkehr aus dem „Flybelt“ vorgenommene 
Blmübertragung ergab, daß ihr Blut frei von Para- 
siten war. Es gekingt also auf diese einsache Weise 
durch eine zweite Impfung mit einem fast voll viru- 
lenten Materlal die Immumität der Tiere derartig 
zu fesiigen, daß nun auch der Stich der Fliege nicht 
mehr imstande ist, die Tiere zu infizieren. Um dem 
auf neuere, mir bis zu meiner Rückkehr nach Deutsch- 
land unbekannt gebliebene Untersuchungen (Koch) zu 
stützenden Emwand, es sei zu wenig Blut verimpft 
worden, zu begegnen, habe ich bereits das Kaiserliche 
Gouvernement in Lome gebeten, den Herrn Regie- 
rungsarzt in Anecho mit einer weiteren abschließenden 
Reihe von Kontrollimpfungen zu beauftragen. 
Aus der großen Zahl meiner Versuche habe ich 
hier nur diejenigen ausgewählt, welche von besonderer 
praktischer Bedeutung und geeignet sind, die ge- 
wonnenen Resultate am klarsten zum Ausdruck zu 
bringen. Eine Fülle von Details, welche mehr 
wissenschaftliches Interesse haben, werde ich in einer 
für eine Fachzeitschrift bestimmten Veröffentlichung 
bearbeiten. Dort werden u. a. Untersuchungen über 
jene in Sansane-Mangu ausgebrochene Seuche, über 
eine Trypanose der Schafe, über eine perniziöse 
Anämie der Schafe, über eine der Wut ährliche 
Erkrankung der Hunde usw. Erwähnung finden. 
Hier möchte ich nur noch einige praktisch wichtige 
Tatsachen anführen. 
Von den Weideplätzen des Viehes zieht sich das 
große Wild (Büffel, Pferdeantilopen usw.) zurück 
in Gegenden, welche wenig bewohnt oder begangen 
sind. Die kleinen Antilopen, welche auch in der 
Nähe großer Ortschaften und Straßen recht häufig 
sind, haben jedenfalls nur äußerst selten Tsetsepara- 
siten im Blute (10 negative Versuche). Daraus mag 
sich die Tatsache erklären, daß Rinderherden, Zucht- 
pferde und Hunde, welche sich niemals weit von den 
Törfern entfernen, von Tsetse freibleiben, obwohl sie 
doch höchst empfindlich dagegen sind. Ich habe z. B. 
unter Hunderten von eingeborenen Hunden nie einen 
spontan infzierten gefunden. Eine Reihe von Ver- 
suchen, um zu ermitteln, ob in den scheinbar gesunden 
Herden latente Tsetsefälle seien, hat sich nachträglich 
als nicht einwandfrei erwiesen, da bei den in einem 
großen Laufkäfig gehaltenen Hunden spontane Über- 
tragungen vorkamen, veranlaßt durch Bisse, blutende 
räudige Stellen, durch gewöhnliche Fliegen, viellelcht 
aber auch durch den Stich von Tsetsefliegen. Aus 
diesem Grunde sind Versuche an Hunden, ganz be- 
sonders in Tsetsegegenden, niemals ganz einwandfrel. 
Die Versuche, den Entwicklungsgang der Trypa- 
nosomen in der Tiersefliege zu studieren, mußte aus 
Mangel an Material abgebrochen werden, da die 
Fliegen in der Nähe von Kpeme im Juni bis Sep- 
tember sehr selten waren. Ebenso verlief ein Jagd- 
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