Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

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und dann zeitlebens mit seinen Nachkommen gekreuzt 
wurde. Später erfolgten mehrere Importe von 
echten Ziegen und besonders von Rammen; Reinzucht 
wurde nur wenig, dagegen Bastardzucht in größerm 
Maßstabe betrieben. Für gute, preisgekrönte Böcke 
zahlten die Züchter sehr hohe Preise z. B. 300 bis 
500 8& und noch mehr. Die Bastard-Angoraziege 
wechselt im Jahre im Gegensatz zur rein gezüchteten 
das Haar; deshalb zweimalige Schur. Sie ist 
widerstandsfähiger und genügsamer sowie klüger 
beim Vermelden glftiger Futterpflanzen, und wird 
deshalb diese Zucht geschätzt. 
Nach Deutsch = Südwestafrika hatten zuerst die 
Bastards in Grootfontein (Süd) Bastard-Angora- 
ziegen bei ihrer Einwanderung zu Beginn des neun- 
zehnten Jahrhunderts mitgeführt; es waren aber 
degenerierte Tiere. Das Gouvernement führte dann 
1899 die ersten gut gezüchteten Ramme und dann 
1900 bis 1902 wieder wertvolle Ramme und etwa 
400 Muttertiere, kleinernteils hochgezüchtet, größten- 
teils Bastardziegen ein. 
Schon vorher hatte die Deutsche Kolonial- 
gesellschaft für Südwestofrika im Süden Angora- 
ziegen eingeführt und recht gute Resultote erzielt. 
Im Witbot-Kriege 1898 wurde diese Zucht zum 
größten Teil zerstört. 
Die Angoraziege bewährt sich auf Grund aller 
Erfahrungen im ganzen südlichen und einem Teil 
des mittleren Schutzgebietes. Vor den jüngsten 
Aufständen der Eingeborenen waren schon recht statt- 
liche Herden vorhanden, die aber mit Ausnahme der 
der Kolontalgesellschaft Heusis alle geraubt wurden 
und wohl größtenteils zu Grunde gingen. 
Außer den Angoraziegen wurden noch Toggen- 
burger Sahnenziegen eingeführt, und zwar durch 
Farmer Pilett in Frauenstein und das Gouverne- 
ment im Bezirk Keetmanshoop. Die Pilettschen 
Ziegen gingen fast alle an Räude ein. Die Vater- 
tiere mit hiesigen Landesziegen hinterließen nur 
wenige Kreuzungsprodukte. Ebenso war auch das 
Ergebnis in Keetmanshoop kein völlig zufrieden- 
stellendes. Es waren zehn Ziegen und zwei Böcke 
importiert, um elnerseits eine kleine Reinzucht, ander- 
seits Kreuzung mit hiesigen Ziegen zu betreiben. 
Nachdem ein Bock und zwei Ziegen infolge des 
Landtransportes durch die Namieb-Wüste an durch- 
gelaufenen Husen und Erschöpfung eingegangen 
waren, akklimatisierten sich die andern bald, und die 
Nachzucht mehrte sich. 
Kurz vor dem Herero-Aufstande wurden erneut 
Ziegen und Böcke von Farmern aus der Umgegend 
indhuks eingeführt. Das Resultat war besonders 
auf Lichtenstein, einer gebirgigen Farm, o zufrieden- 
stellend, daß der Besitzer Rusch, nachdem die Hereros 
eine und der ondern Besieller Ziegen geraubt hatten, 
sofort neue bestellte. 
Der Hauptwert des Imports der Ersurter 
Ziegen ist nicht in einer Reinzucht zu suchen, sondern 
darin daß einerseits echte Junge gezogen werden 
  
und im Lande sich von Jugend auf akklimatisieren 
und anderseits Kreuzungen mit dem hiesigen durch 
Inzucht degenerierten Ziegenmaterial zwecks 
höhung der Fleisch= und Milchergiebigkeit vorge- 
nommen werden können. 
Solange die Farmer mit der Zucht von Fleisch- 
tieren das beste Geschäst maochen, wird die mühe- 
losere Ziegenzucht vor der Schafzucht speziell der 
Wollschafzucht in den Vorderarund treten. Das 
Scheren der Angoras und Wollschafe ist dem Farmer, 
der außerdem nach dem Kriege mit Arbeiternot und 
gestiegenen Löhnen zu rechnen haben wird, eine unge- 
wohnte und teure Arbeit. Erst mit Saturierung des 
Landes an Fleischtieren und Sinken der Fleischpreise 
werden die Farmer zu einer besseren und Gewinn 
bringenden Ausnutzung ihrer Tiere schreiten, das heißt 
sie werden sich auf Angora= und Wollschafzucht verlegen, 
um neben dem Fleisch Exportartikel, Wolle und 
Mohair, zu gewinnen. 
Erfohrungsgemäß dürste sich zunächst die 
Bastardszucht behoupten. Dabel kommt in Betracht, 
daß das heesige Fertsteißschaf gekreuzt mit Wollschaf 
schon in der dritten Generarion eine marktfählge 
Wolle bringt, während die Landesziegen erst nach 
der doppelten Zeit ein einigermaßen brauchbares 
Mohair liesern, und atavistische Rückschläge öfters 
als bei dem ziemlich gleichfarbigen Fettsteißschaf vor- 
kommen. Allerdings ist das Mohair viel teurer als 
Wolle, während die Unkosten dieselben sind. Die 
Fruchtbarkeit der Ziegen sinkt mit ihrer steigenden 
Veredlung, ebenso ihre Fleischerglebigkelt, während 
letzteres beim Schaf weniger zu beobachten ist. Die 
Vererbungskraft echter Wollschaframme und Angora- 
böcke bei Kreuzungen mit den hiesigen Landestieren 
ist eine sehr große. 
Die Pferdezucht ist Sache der Keiserlichen 
Gestütverwaltung in Nauchas. Die Kastration der 
zur Zucht untauglichen Hengste wird seitens der Tier- 
ärzte angestrebt. 
Hmsichtlich der andern Zuchtarten sind die pri- 
vaten Viehzüchter die Hauptträger. Im Verein mit 
diesen wirken die Reglerungstierärzte als Sachver- 
ständige. Anläßlich der landwirtschaftlichen Aus- 
stellungen haben sie als Regierungsvertreter auf die 
Hebung und Förderung der Zuchten durch Gründung 
von Zuchtverbänden und Genossenschaften hinzu- 
wirken. 
Rassereine vollblütige Rinder aus amtlichen Be- 
ständen gelangen an die Viehzüchter nicht zur leih- 
weisen Abgabe, sondern nur Kreuzungsprodakte 
dieser Tiere mit hiesigen Schlägen. Hierbei ver- 
dient der Verkauf der letzteren den Vorzug vor 
deren zeitweiliger Abgabe. Der Verkauf voll- 
blütiger Tiere aus amtlichen Beständen ist jedoch 
zugelassen, wobel sich das Gouvernement ein Vor- 
kaufsrecht hinsichtlich deren männlichen Nachkommen 
vorbehält. 
Auf den zeitgemäßen Wechsel der Vatertiere in 
den einzelnen Zuchten wie auf den Ausschluß zur
	        
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