Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

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ostafrikantschen die besseren und entwicklungsfähigeren 
sind. Die Ostseite des Sees ist hierin der Westseite 
etwas voraus. Die Ursachen dafür dürften in erster 
##nie in der Verschiedenheit der diese Gebiete be- 
wohnenden Bevölkerung und ihrer Lebensweise und 
Lebensgewohnheiten liegen. Die Bevölkerung des 
Bukoba-Bezirkes, der die West= und zum Teil die 
Südwestküste des Sees umrahmt, verschmäht die sonst 
bei Negervölkern so bellebte und übliche kräftige Reis- 
nahrung und gibt den weichlichen Bananen aus- 
schließlich den Vorzug. Daher ist sie durchweg 
weniger kräftig und leistungsfähig und körperlichen 
Arbeiten, wie sie die ackerbebauende Tätigkeit ver- 
langt, sehr wenig geneigt und derselben auch gänz- 
lich unkundig. Die Erhaltung der Bananenpflanzungen 
macht verhältnismäßig nur leichte Mühe und wenig 
Arbelt. Im Muansa-Distrikt dagegen wohnen Neger- 
stämme, die in Ostafrika weit und breit als die 
krästigsten und besten Lastenträger bekannt und ge- 
schätzt sind. Zudem sind sie in der Bebauung des 
Feldes nicht unerfahren und widmen sich dieser Arbeit 
gern. Aus diesen Gründen ist der aussichtsreichste 
Bezirk am See wohl der Muansa-Bezirk; dem sich 
der Bukoba-Bezirk anschließen wird, sobald nur erst 
die dortige Bevölkerung der Arbeit und der Land= 
wirtschaft geneigter gemacht worden ist, denn in 
bezug auf Fruchtbarkeit des Bodens und gute, dem 
Ackerbau günstige klimatische und Wetterverhältnisse 
dürste der Bukoba-Bezirk dem Muansa-Bezirk kaum 
nachstehen. Der Muansa-Bezirk versorgt schon heute 
sämtliche am See liegenden deutschen und englischen 
Gebiete mit Reis. Der bisher von den Wassekuma 
dort gebaute minderwertige Eingeborenenreis darf 
nicht mehr gebaut werden; dafür wird neuerdings 
eine Reissorte gepflanzt, die den besten indischen, aus 
Rangoon ausgeführten Reissorten mindestens gleich- 
wertig ist, ja vielfach vorgezogen wird. Die Uganda- 
ahnverwaltung wird demnächst ihren ganzen Bedarf 
an Reis und Butter für das farbige Eisenbahn- 
bersonal nur noch in Muansa decken. Derselbe 
repräsentiert einen monatlichen Konsum von 400 Sack 
eis à 180 Pfund engl. und 300 Tins Samli 
à 20 Pfund. 
Die dreiwöchentliche Ausfuhr der deutschen und 
englischen Hafenplätze am See mit den Dampfern 
der Eisenbahn, also pro Rundfahrt eines Dampfers, 
beträgt gegenwärtig: 
für Muansa 70 bis 100 Tonnen à 1016 kg 
* Bukob. 15= 25 
Schirattl. 5 10 à 
Summa 90 bis 135 Tonnen 
für Juinia. 35 bis 45 Tonnen à 1016 kg 
* Minonin. 13-- 17 à 
* Entebbe. 5 = 7 à 
Summa 53 bis 69 Tonnen. 
Die englische Station Karungu, die zwischen 
Schirati und Kisumu liegt und von den englischen 
  
Dampfern ebenfalls angelaufen wird, kommt gar nicht 
in Betracht. 
Man ersieht aus dieser Aufstellung, daß Muansa 
allen andern Plätzen weit voraus ist, und daß die 
Ausfuhr der deutschen Stationen die der englischen 
erheblich übertriftt. 
Bei Muansa muß noch ein besonders wichtiger 
Faktor in Betracht gezogen werden, der die Bedeu- 
tung dieses Platzes als Hafen wesentlich hebt. Das 
ist der Umstand, daß Muansa gleichzeitig Ausfuhr= 
hafen wie Einfuhrhafen für das Hinterland unseres 
Schutzgebietes südlich und westlich des Viktoriasees 
ist. Die Länder an der Ostselte des Tanganjlka 
zwischen Ussumbura und Bismarckburg regen sich und 
suchen für ihre Waren, die hauptsächlich in Tier- 
häuten bestehen, einen Anschluß an den Viktoria- 
Njansa, well die Versrachtung derselben über den 
See mit den englischen Dampfern und dann durch 
Britisch-Ostafrika nach Mombassa mit der Uganda- 
bahn den billigsten und kürzesten Weg darstellt, um 
mit Vorteil und konkurrenzfählg den Anschluß an 
den Weltmarkt zu erlangen. Da leider bis jetzt eine 
direkte Straße zwischen dem Viktoriasee und dem 
Tanganjika nicht existiert, so nehmen zur Zelt die 
Karawanen aus jenen entfernten Tanganjika-Gebileten 
den mühsamen, weiten und zeitraubenden Weg über 
Tabora nach Muansa, wie auch große Karawanen 
mit importierten Waren von Muansa zum Tanganjika 
über Tabora marschieren. 
Diese Tatsachen reden eine deutliche Sprache für 
die dringende Notwendigkeit elner direkten Straße 
zwischen beiden großen Seen, und es kann der Ent- 
wicklung des Schutzgebletes nur zum Segen gerelchen 
und seine Einnahmen mehren, wenn der Ausbau dieser 
Straße baldigst in Angriff genommen und energisch 
durchgeführt wird. Dieselbe wird über Ussuwi nach 
Ussumbura geführt werden müssen. Es bestehen nur 
noch Meinungsverschiedenheiten über den Anschluß 
des Weges von Ussuwi nach dem Viktorlasee. Ich 
möchte noch erwähnen, daß ich sowohl in der 
Ihangiro-Bucht (von andern Kimoani-Bucht genannt) 
etwa 75 km südlich von Bukoba, wie in dem Smith- 
sund bei dem Orte Bussissi, zwel Stunden von 
Muansa, sehr geelgnete Orte für den Endpunkt der 
Straße am See gefunden habe. 
Im englischen Seegebiet spielt Jinja am Aus- 
fluß des Nil aus dem Viktoria-Rjansa die Haupt- 
rolle. Von dort wird in der Hauptsache Chillies 
(Pfeffer) in Mengen ausgeführt, und die Engländer 
machen hier große Anstrengungen, den Export des 
Landes zu heben. Der hier stationierte Sub- 
commissioner und der Collector sowie Acting Collec= 
tor sind ständig auf Bereisungen des Bezirks unter- 
wegs. Die englische Verwaltung hält es für die 
Erschließung und Ausnutzung des Landes für durch- 
aus nötig, daß die Bezirksbeamten durch fortwährende 
Bereisung ihrer Bezirke das Geblet, selne Hilfsquellen. 
und seine Bewohner kennen lernen und persönlich
	        
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