Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Argentiniens nach Paraguay exportierten Rinder 
erlagen dort zum großen Teil der Krankheit, 
während immune Rinder aus Texasfiebergebieten in 
Paraguay sehr gut gediehen. (Nach Mittellungen 
der Liebig Fleisch-Extract Co., Fray Bentos, 
Uruguay.) Was die Qualität des eventuell zu 
importierenden Biehes anlangt, so ginge mein Vor- 
schlag dahin, junge, Einviertel= bis Halbbluttiere von 
Shorthorn, Aberdeen = Angus oder Hereford zu 
nehmen, denn man hat dann schon zur Weiterzucht 
eine gute Grundlage, und außerdem ist der Preis- 
unterschied zwischen diesem Schlag und dem ge- 
wöhnlichen Criollo recht unbedeutend. 
Ehe ich zu Notierungen von Preisen usw. über- 
gehe, möchte ich noch einige Worte zur argentinischen 
Schaf= und Pferdezucht sagen. 
Argentiniens Wollproduktion beträgt zur Zeit un- 
gefähr den vierten Teil auf der ganzen Welt. Das 
einheimische Schaf — von dem im 17. Jahrhundert 
von Spanien importierten „Churra“ abstammend — 
ist seit Anfang des vorigen Jahrhunderts mit ver- 
schiedenen europäischen Wollrassen aufgekreuzt worden. 
Das Rambouillet liefert die feine Merinowolle. 
Dlese Zucht ist auf einem so hohen Grad der Voll- 
ernndung angekommen und gedeiht ohne zu degenerieren 
so gut, daß es auf lange Zeit hinaus nicht nötig 
ist, frisches Blut aus anderen Ländern zu impor- 
tieren. Das Rambouillet ist aber kein sehr wider- 
standsfähiges Tier und ist deshalb für extreme 
Temperaturunterschiede und schlechte Weideverhält- 
nisse nicht besonders geeignet. Die lange Wolle 
liefern die Lincolns (Weißköpfe) und die Hamp- 
shires, Shropshires, Southdowns usw. (Schwarz- 
köpfe). Die Wolle der Schwarzköpfe ist in Qualität 
feiner als die der Lincolns, auch wird deren Fleisch 
von den Schlachthäusern den letzteren vorgezogen, 
weil es nicht so viel Fettansatz hat. In den süd- 
lichen argentinischen Staaten soll das Lincoln näm- 
lich sehr viel Fett ansetzen, so die Menge des 
eßbaren Fleisches herabmindernd. Um beim Lincoln 
ein dichteres und schwereres Wollkleid zu erzielen, 
wird es sehr viel mit anderen Weißköpfen — 
Romney Marsh, Leicester usw. — gekreuzt. Auch 
Lincoln= und Merinokreuzungen werden zur Erzeu- 
gung einer feineren Wolle vorgenommen. 
Die Weiß= und Schwarzköpfe sind schön gebaut, 
gesund und abgehärtet und würden bei uns gewiß 
auch gedeihen. Ein Versuch sollte auf alle Fälle 
angestellt werden. Unter den Schafen tritt hin und 
wieder auch die Räude auf, aber nicht seuchenartig. 
Sie werden regelmäßig 4 bis 5 mal im Jahre in 
Tabaklauge, Coopers und anderen dips gebadet. 
Das argentinische Pferd, die einheimische Criollo= 
Rasse, ist in den letzten Jahren auch seltner geworden. 
Inl den Provinzen Santa Fé, Entre Rios, Corrientes, 
Sata findet man es noch an. Es ist von kleinem 
gedrungenen Köperbau, und man rühmt ihm große 
Ausdauer, Energie, Anspruchslosigkeit und Schnellig- 
keit nach. Mit den verschiedensten Pferderassen 
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werden Kreuzungen vorgenommen: Vollblut, Hackney, 
Percheron, Araber, Morgan, Anglo-Norman ufsw., 
so daß man von einem neuen abgeschlossenen argen- 
tinischen Pferdetyp jetzt noch nicht sprechen kann. 
England hat während des Boerenkrieges mehr als 
26000 Pferde aus Argentinien bezogen, wovon 
mindestens 15.000 der einheimischen Rasse angehörten. 
Letztere sollen sich ausgezeichnet bewährt haben, vor 
allem, nachdem ihnen eine kurze Zeit zur Akklimati- 
sation gewährt worden war. Ich bin überzeugt, 
daß der größte Teil der von uns aus der Kap- 
kolontle nach Südwestafrika importierten Pferde und 
Maulesel aus Argentinien stammt. Von Mauleseln 
ist überhaupt eine noch bedeutend größere Menge 
von England für Kapstadt während des Boerenkrieges 
in Argentinien aufgekauft worden. In Buenos- 
Aires habe ich der Verschiffung einiger Hundert so- 
genannter „leichter Kavallerlepferde“ beigewohnt, die 
nach Durban bestimmt waren — ob sie nicht nach- 
her von dort aus als echte „Südafrikaner“" gleich 
weiter zu bedeutend erhöhten Preisen nach Südwest- 
afrika verkauft worden sind? 
Der Einkauf von Vieh für Exportzwecke ist für 
mit den Landesverhältnissen nicht vertraute Personen 
sehr schwierig. Es ist solchen fast unmöglich, in 
einer bestimmten Zeit das geeignete Vieh im Lande 
selbst zusammenzukaufen; außerdem haben sie mit 
den scharfen Quarantänevorschriften zu rechnen, auch 
würde beim Bekanntwerden ihrer Mission ohne 
weiteres eine Preisstelgerung stattfinden. Ein Ein- 
kauf läßt sich ohne einen zuverlässigen mit den Ver- 
hältnissen vertrauten Vermittler oder Makler nicht 
bewerkstelligen. Es ist ja auch selbstverständlich, daß 
ein solch ausgedehnter, seit Jahrzehnten bestehender 
Exportverkehr — den zum größten Teil Buenos 
Aires in Händen hat — in ganz geregelte Bahnen 
gelenkt ist. Ja der Viehexport und Viehhandel im 
allgemeinen soll in Argentinien sogar schon sehr 
monopolisiert sein; ein Dutzend Viehgroßhändler — 
die den Viehzüchtern Vorschüsse gewähren — sollen 
das Geschäft fast ganz in den Händen haben. 
In folgender Aufstellung sind die Preise für die 
verschiedenen Vieharten verzeichnet, wie sie bei unserer 
Anwesenheit in Buenos Aires frei an Bord Schiff 
nottert wurden: Argent. 
Pesos 
junge Kühe und Fersen, gekreuztzt.. à 50 
- 2 2 - riollo 30 
Schlachtochsen 1000 bis 1800 lbs. lebend 
Gewichtt 85 bis 95 
Zugochhen - 90 
Wollschafe zur Zucht (5 lbs. Wollbetrag 
durchschnittlich. 15 bis 16 
Schlachtschafe 120 bis 150 bos. 
Reitpferde, Criollos, ohn 80 u. mehr 
- gekreuzt, . ... 100 
Pferde, ungezähmt, 8 bis 4 jährig. 50 
Manulese ... —
	        
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