wir viel Arbeit mit dem Kanu, das wir über Felsen
ziehen mußten, weil nicht genug Wasser da war,
um es flott zu machen. In Ateba sagten uns die
Eingeborenen, daß wir nur bis zwel Stunden ober-
halb Etuka fahren könnten, hier sei eine Stelle, die
wie die Nachtigal-Fälle nicht passierbar sei. Im
Laufe des folgenden Morgens kam zeitweilig ein
dichter Nebel auf, so daß wir uns, um nicht leck
zu stoßen, im Ufergebüsch festhalten mußten. Der
Urwald tritt beiderseitig an den Sanaga heran.
Nur das linke Ufer ist von Mangissas bewohnt, die
blelfach im seichten Wasser Reusen legten, oder aus
Rohr die runden Fischfallen stellten, die in West-
afrika überall gebräuchlich sind. Sie gleichen einer
lose zusammengerollten spanischen Wand, in deren
innerstem Schneckengang der Köder verborgen ist,
dem der Fisch folgt, der dann wendet und den
Ausgang nicht wiederfindet. Überall, auch an den
hohen Uferwänden waren Flußpferdewechsel sichtbar.
Es ist erstaunlich, wie steile Ufer die schwerfälligen
Tiere mit ihren kurzen Beinen zu nehmen wissen.
Die Flußpferde, die bel genügendem Wasserstande
im ganzen Sanaga zahlreich sind, hatten sich jetzt in
den tiefen Bassins herdenweise gesammelt und steckten
neugierig pustend, mit den kleinen bösen Augen
blinzelnd und lebhaft die kurzen Ohren bewegend,
die Köpfe empor, um uns zu beobachten. Die
Leute, welche ich von Ateba mitgenommen hatie,
kannten das Fahrwasser nicht mehr, denn sie sind
mit den Mangissas verfeindet, und diese suchten
jedesmal, wenn wir sie riefen, statt zu kommen, das
Weite, bis wir schließlich nach vierstündiger Fahrt
mitten zwischen Inseln waren, es rauschen hörten
und in reißende Strömung gerieten. Plötzlich griff
alles in die niederhängenden Zweige der Userbüsche,
denn wir befanden uns in der Tat unmittelbar vor
einem 20 m tliefen Fall. Wir zogen das Kanu
zurück und versuchten bei einer anderen Insel; überall
dasselbe; der Fall geht über den ganzen hier
1000 m breiten Strom. Die Fahrt war zu Ende,
oder wir mußten einen Abstieg durch die Schnellen
suchen. Von 11 bis ½2 Uhr trugen und stleßen
wir von Steinabsatz zu Steinabsatz steigend, uns
aneinander festhaltend das Kann, bis wir in ruhiges
Wasser und in kaum einer halben Stunde an die Mbam-
Mü lemen, * die Karawane bereits lagerte.
is der Mbam-Fähre hat sich eine starke Haussa-
Siedlung gebildet, diese m½ aber Edongo,
er Häuptling der Balinga Batis, hatte wieder wie
stets, wenn ein Regierungsvertreter erscheint, das
Beite mit seinen Leuten gesucht. Seitdem ich im
Johrr- 1895 seinen Bruder Balinga, der mit seinen
euten elne ganze Haussa-Karowane aufgefressen
hatte, bestraft habe, wobei der Häuptling selöft fies,
ist Edongo niemals auf der Jaunde-Station gewesen,
und auch dieses Mal mußte ich, wie gesagt, auf
seine Bekanntschaft verzichten. Da er sich sonst wuhig.
verhält und dem Handel wie dem Durchmarsch der
Jambassas keine Schwierigkeiten macht, hatte ich
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keine dringende Veranlassung auf seinem Erscheinen
zu bestehen, zumal Tschinga (Balinga hieß im Jahre
1891 der Häuptling, auf dessen Grund und Boden
die Balinga-Station von Volckammer erbaut wurde),
ein schmaler Strelfen Land am Mbam zwischen
Jambassa, Kombe und Fu, ohne jede Bedeutung ist.
Am 2. Februar lagerte die Expedition bei dem
Fu-Häuptling Siondo. Der Marsch hatte von der
Balinga-Fähre durch Tschinga= und Jambassa-Gebiet
zu dem Häuptling Assena der Jambassa Bapea und
von dort in vier Stunden in das Fu-Gebiet geführt.
Die Tschingas (Balingas) sind wie die Kombes und
Fus dem großen Sprachstamm der Batis zugehörig.
Sämtliche Batis sind den Wutes untertan gewesen,
bis wir Ngila im Jahre 1899 vernichtet haben.
Die Fus, unstreitig noch jetzt der kräftigste Bati-
Stamm, wurden bekanntlich im Jahre 1889 von
Agila und Rgute aus ihrem Felsennest Ngaundele
(Ngaumdere II der alten Karten) am Mbam ver-
trieben, wobei die Expedition Morgen helfen mußte,
um die Erlaubnis der Wutes zu dem Durchmarsch
nach Tibatl zu bekommen. Diese zersprengten Fus
siten zur Zeit als Todfeinde der Wutes unter ihrem
Häuptling Tina bei Joko, ein Teil unter Balingan-
gute im Osten der Wutes, wo der Sanaga von
Nord nach Süden strömt, und der Rest hat sich hier
wie ein Keil in die Bapeas hineingedrängt.
Das Land vom Mbam bis zu Siondo zeilgt
durchgehends den Charakter der mit Gras bestandenen
gewellten Ebene mit einzelnen Waldparzellen. Merk-
würdigerweise sehlen in der eigentlichen Mbam-
Ebene die Palmen fast ganz, während die Olpalme
dem Lande wenige Kilometer weiter nach Westen
den Stempel gibt.
Die Batis wohnen in Einzelsiedlungen, jede
Familie in mehreren aus Gras verfertigten runden
Bienenkörben für sich, das wenige Kleinvieh, das
sie besitzen, wird in eckigen, aus Baumrinde fester
gefügten Hütten gehalten, um gegen Leoparden ge-
schützt zu sein. Da die Batis häufig ihre Wohn-
site ändern, sich keiner Häuptlingsautorttät sügen
wollen und ganz anspruchslos sind, ist es schwer,
sie für die Kultur zu gewinnen. Dabei sind es
große, schöne Menschen mit offenen, sympathischen
Gesichtern. Wie arm sie sind, zeigt auch der Um-
stand, daß sie fast überall noch Pfeil und Bogen
führen, während sonst der Neger in Kamerun für
ein Gewehr und Pulver alles hergibt und wohl
auch mal, wenn er nichts einzuhandeln hat, eine
Weile arbeitet. Mitten im Bapea-Land, wo die
Leute vom weißen Mann noch nicht einmal etwas
gehört hatten, fand ich später Gewehre. Die Bapeas
haben diese auf dem Wege des Zwischenhandels oder
von Haussas erstanden. Im Bati-Lande aber haben
Haussas und Wutes längst die Elefanten ausgeschossen
und Gummi gibt es nicht. Arbeiten aber tut der
Bati, der früher bei den Wutes nichts als Arbelt
von früh bis spät kannte, unter der milden. Herr-
schaft des weißen Mannes um keinen Preis mehr.
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