Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

wir viel Arbeit mit dem Kanu, das wir über Felsen 
ziehen mußten, weil nicht genug Wasser da war, 
um es flott zu machen. In Ateba sagten uns die 
Eingeborenen, daß wir nur bis zwel Stunden ober- 
halb Etuka fahren könnten, hier sei eine Stelle, die 
wie die Nachtigal-Fälle nicht passierbar sei. Im 
Laufe des folgenden Morgens kam zeitweilig ein 
dichter Nebel auf, so daß wir uns, um nicht leck 
zu stoßen, im Ufergebüsch festhalten mußten. Der 
Urwald tritt beiderseitig an den Sanaga heran. 
Nur das linke Ufer ist von Mangissas bewohnt, die 
blelfach im seichten Wasser Reusen legten, oder aus 
Rohr die runden Fischfallen stellten, die in West- 
afrika überall gebräuchlich sind. Sie gleichen einer 
lose zusammengerollten spanischen Wand, in deren 
innerstem Schneckengang der Köder verborgen ist, 
dem der Fisch folgt, der dann wendet und den 
Ausgang nicht wiederfindet. Überall, auch an den 
hohen Uferwänden waren Flußpferdewechsel sichtbar. 
Es ist erstaunlich, wie steile Ufer die schwerfälligen 
Tiere mit ihren kurzen Beinen zu nehmen wissen. 
Die Flußpferde, die bel genügendem Wasserstande 
im ganzen Sanaga zahlreich sind, hatten sich jetzt in 
den tiefen Bassins herdenweise gesammelt und steckten 
neugierig pustend, mit den kleinen bösen Augen 
blinzelnd und lebhaft die kurzen Ohren bewegend, 
die Köpfe empor, um uns zu beobachten. Die 
Leute, welche ich von Ateba mitgenommen hatie, 
kannten das Fahrwasser nicht mehr, denn sie sind 
mit den Mangissas verfeindet, und diese suchten 
jedesmal, wenn wir sie riefen, statt zu kommen, das 
Weite, bis wir schließlich nach vierstündiger Fahrt 
mitten zwischen Inseln waren, es rauschen hörten 
und in reißende Strömung gerieten. Plötzlich griff 
alles in die niederhängenden Zweige der Userbüsche, 
denn wir befanden uns in der Tat unmittelbar vor 
einem 20 m tliefen Fall. Wir zogen das Kanu 
zurück und versuchten bei einer anderen Insel; überall 
dasselbe; der Fall geht über den ganzen hier 
1000 m breiten Strom. Die Fahrt war zu Ende, 
oder wir mußten einen Abstieg durch die Schnellen 
suchen. Von 11 bis ½2 Uhr trugen und stleßen 
wir von Steinabsatz zu Steinabsatz steigend, uns 
aneinander festhaltend das Kann, bis wir in ruhiges 
Wasser und in kaum einer halben Stunde an die Mbam- 
Mü lemen, * die Karawane bereits lagerte. 
is der Mbam-Fähre hat sich eine starke Haussa- 
Siedlung gebildet, diese m½ aber Edongo, 
er Häuptling der Balinga Batis, hatte wieder wie 
stets, wenn ein Regierungsvertreter erscheint, das 
Beite mit seinen Leuten gesucht. Seitdem ich im 
Johrr- 1895 seinen Bruder Balinga, der mit seinen 
euten elne ganze Haussa-Karowane aufgefressen 
hatte, bestraft habe, wobei der Häuptling selöft fies, 
ist Edongo niemals auf der Jaunde-Station gewesen, 
und auch dieses Mal mußte ich, wie gesagt, auf 
seine Bekanntschaft verzichten. Da er sich sonst wuhig. 
verhält und dem Handel wie dem Durchmarsch der 
Jambassas keine Schwierigkeiten macht, hatte ich 
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keine dringende Veranlassung auf seinem Erscheinen 
zu bestehen, zumal Tschinga (Balinga hieß im Jahre 
1891 der Häuptling, auf dessen Grund und Boden 
die Balinga-Station von Volckammer erbaut wurde), 
ein schmaler Strelfen Land am Mbam zwischen 
Jambassa, Kombe und Fu, ohne jede Bedeutung ist. 
Am 2. Februar lagerte die Expedition bei dem 
Fu-Häuptling Siondo. Der Marsch hatte von der 
Balinga-Fähre durch Tschinga= und Jambassa-Gebiet 
zu dem Häuptling Assena der Jambassa Bapea und 
von dort in vier Stunden in das Fu-Gebiet geführt. 
Die Tschingas (Balingas) sind wie die Kombes und 
Fus dem großen Sprachstamm der Batis zugehörig. 
Sämtliche Batis sind den Wutes untertan gewesen, 
bis wir Ngila im Jahre 1899 vernichtet haben. 
Die Fus, unstreitig noch jetzt der kräftigste Bati- 
Stamm, wurden bekanntlich im Jahre 1889 von 
Agila und Rgute aus ihrem Felsennest Ngaundele 
(Ngaumdere II der alten Karten) am Mbam ver- 
trieben, wobei die Expedition Morgen helfen mußte, 
um die Erlaubnis der Wutes zu dem Durchmarsch 
nach Tibatl zu bekommen. Diese zersprengten Fus 
siten zur Zeit als Todfeinde der Wutes unter ihrem 
Häuptling Tina bei Joko, ein Teil unter Balingan- 
gute im Osten der Wutes, wo der Sanaga von 
Nord nach Süden strömt, und der Rest hat sich hier 
wie ein Keil in die Bapeas hineingedrängt. 
Das Land vom Mbam bis zu Siondo zeilgt 
durchgehends den Charakter der mit Gras bestandenen 
gewellten Ebene mit einzelnen Waldparzellen. Merk- 
würdigerweise sehlen in der eigentlichen Mbam- 
Ebene die Palmen fast ganz, während die Olpalme 
dem Lande wenige Kilometer weiter nach Westen 
den Stempel gibt. 
Die Batis wohnen in Einzelsiedlungen, jede 
Familie in mehreren aus Gras verfertigten runden 
Bienenkörben für sich, das wenige Kleinvieh, das 
sie besitzen, wird in eckigen, aus Baumrinde fester 
gefügten Hütten gehalten, um gegen Leoparden ge- 
schützt zu sein. Da die Batis häufig ihre Wohn- 
site ändern, sich keiner Häuptlingsautorttät sügen 
wollen und ganz anspruchslos sind, ist es schwer, 
sie für die Kultur zu gewinnen. Dabei sind es 
große, schöne Menschen mit offenen, sympathischen 
Gesichtern. Wie arm sie sind, zeigt auch der Um- 
stand, daß sie fast überall noch Pfeil und Bogen 
führen, während sonst der Neger in Kamerun für 
ein Gewehr und Pulver alles hergibt und wohl 
auch mal, wenn er nichts einzuhandeln hat, eine 
Weile arbeitet. Mitten im Bapea-Land, wo die 
Leute vom weißen Mann noch nicht einmal etwas 
gehört hatten, fand ich später Gewehre. Die Bapeas 
haben diese auf dem Wege des Zwischenhandels oder 
von Haussas erstanden. Im Bati-Lande aber haben 
Haussas und Wutes längst die Elefanten ausgeschossen 
und Gummi gibt es nicht. Arbeiten aber tut der 
Bati, der früher bei den Wutes nichts als Arbelt 
von früh bis spät kannte, unter der milden. Herr- 
schaft des weißen Mannes um keinen Preis mehr. 
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