Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

So finden sie eine Erklärung für alles, ohne an der 
Richtigkeit ihrer Annahme auch nur zu zwelfeln. 
Dagegen bei den christlichen Glaubenswahrheiten ist 
es ganz anders. Da nehmen sie noch lange nicht 
alles an, was man ihnen sagt, und geben sich mit 
kurzen Erklärungen durchaus nicht zufrleden. Man 
kann ihnen alles Mögliche, für sie Unbegreifliche 
aus Europa erzählen, sie glauben es und werden 
nicht müde zuzuhören. Spricht man dagegen von 
Religion, dann gehen sie in die Verteidigungsstellung 
über; ja, es ist überhaupt das beste Mittel, sie 
wegzubringen. 
Die Neger haben hierzulande, soviel ich weiß, 
keinen eigentlichen Gottesdlenst. Die Stelle unserer 
Kirchen nehmen die heiligen Haine, bibira genannt, 
ein, ober auch hier wird meines Wissens kein öffent- 
licher Gottesdienst gehalten. Jeder hält dortselbst 
für sich allein seine Andacht. Dagegen findet man 
auf dem freien Platz vor dem Hause einen oder 
mehrere Bäume, die im Banne der Geister stehen, 
und einige kleine Strohhütten, worin den Geistern 
Opfer dargebracht werden. Genaue Erklärungen 
darüber wollen und können sie meist wohl auch nicht 
gehen. Gestern stieß ich auf einen alten Neger, der 
in diesem Punkt gesprächiger war als die meisten 
selner Stammesgenossen. Er hatte ganz nahe bei 
seinem Hause fünf kleine Hütten gebaut; vier davon 
waren gleich groß und standen nebeneinander, eine 
fünfte, kleinere, stand davor. Ich fragte ihn mit 
unbefangener Miene, was diese Hütten zu bedeuten 
hätten. Der Schwarze erwiderte darauf, das seien 
die Wohnungen für Rubunga (Kubunga = umher- 
wandern, rubunga = der Wanderer). Auf meine 
Frage, wer denn dieser Rubunga sei, erklärte er, 
das sei der Geist, der die Kaumpuli (Rinderpest) 
verbreitet hätte, die so viele Opfer verlange, und 
an der auch sein Großvater gestorben sei. Dieser 
Rubunga soll in Kisika, einer Landschaft an der 
Grenze von Uganda, wohnen und auch die hilesige 
Gegend heimsuchen. Er kommt des Abends, und 
zwar auf abgelegenen, wenlg bekannten Wegen. In 
dem genannten kleinen Hüttchen wohnt sein Sohn 
Rubembeira; der Geist geht nämlich nie allein aus, 
sondern stets in Begleitung. (Übrigens geht hier 
niemand allein auf Reisen.) „Fürchtest du den Ru- 
bunga?“ fragte ich. „Das will ich meinen,“ ant- 
wortete unser Männlein, „und darum mache ich 
täglich abends Feuer in selner Hütte an, damit es 
dem Rubunga bei mir nicht zu kalt wird, und dann 
vergesse ich auch nicht, ihm zu sagen: Rubunga, 
mein König, wisse wohl, daß ich dir ganz zu eigen 
bin; laß mir das Leben und nimm es mir nicht 
eher, als wie melnem Großvater“. Diese Mitteilungen 
über seinen Großvater hatte ihm seine Mutter ge- 
macht; diese hatte Rubunga gesehen. Wie es kam, 
daß er selbst, obwohl er Augen hatte wie seine 
Mutter, den Rubunga nie zu Gesicht bekam, konnte 
der gute Schwarze sich nicht erklären, ebenso wußte 
  
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er nicht, wie ein Feuerchen und eln Pombekrug 
einem Geiste von Nutzen sein könnten. 
Hiermit will ich für heute Abschied nehmen. 
Der Donner rollt über den Viltorla-Nyansa, ein 
feiner Regen rleselt hernieder, und dichter Nebel 
umhüllt den ganzen Hügel. Ich sitze in meiner 
Rohrhütte, die mir mit dem grasbelegten Dach 
ziemlich guten Schutz gewährt, doch sehe ich beinahe 
nichts mehr, obwohl die einzige Offnung, die Tür, 
sperrangelweit offen steht. Den Schrelbtisch ans 
Licht zu rücken ist unmöglich, denn er besteht aus 
einem einfachen Geflecht, das auf vier fest in die 
Erde eingetriebenen Pfählen befestegt ist. Im selben 
Stil ist melne Lagerstätte und der Waschtisch gemacht. 
  
Rus fremden Kolonien und 
Produhtionsgebieken. 
übber Rautschulpflanzungen in den englischen Rolonien. 
In steigendem Maße wendet sich das Kapital 
der Anlage von Kautschukplantagen in englischen 
Kolonien zu. Besonders im laufenden Jahr hat 
sich ein bedeutender Aufschwung in der Erweiterung 
und Neuanlegung von Kautschukpflanzungen in Ceylon 
und auf der malaüschen Halbinsel bemerkbar gemacht, 
und eine Reihe von Gesellschaften ist für diesen 
Zweck gegründet worden. 
Die Gründe hierfür liegen hauptsächlich in dem 
steigenden Weltbedarf an Kautschuk für Kabel, Motor- 
fahrzeuge, Fahrräder usw., dem anderseits kein 
gleiches Anwachsen der Gewinnung von wildem Kaut- 
schuk gegenübersteht, in den hierdurch bedingten hohen 
Preisen für Kautschuk und in den günstigen Er- 
fahrungen, welche mit der Anlage von Kautschuk- 
pflanzungen in einzelnen Kolonten gemacht sind. 
Der Durchschnittspreis für besten Parakautschuk 
auf dem Londoner Markt war während des Jahres 
1904 58 6 d pro Pfund. Der auf Pflanzungen 
in Ceylon und der maloilschen Halbinsel gewonnene 
Kautschuk erzlelte einen ebenso hohen und bisweilen 
selbst höheren Preis als bester Parakautschuk aus 
Südamerika. So wurden 1904 bereits bis zu 6 s 
1½ d pro Pfund für Pflanzenkautschuk von der 
malailschen Halbinsel gezahlt. Im laufenden Jahre 
sind die Preise noch weiter gestiegen; für besten Para- 
kautschuk werden jetzt 6 bis 7 s pro Pfund gezahlt. 
Bei weitem die unfangreichsten Kautschuk- 
pflanzungen befinden sich auf Ceylon und der 
malaiischen Halbinsel (in den Stralts Settlements 
und besonders in den Vereinigten malalüschen 
Staaten — Federated Malay States —). Die 
Fläche des mit Kautschukbäumen bepflanzten Areals 
wird für das laufende Jahr in Ceylon berelts auf 
40 000 Acres (etwa 16 000 ha) und auf der ma- 
laitschen Halbinsel auf 38000 Acres (etwa 15200 ha) 
geschätzt. Hauptsächlich ist Hevea brasiliensis (Para- 
kautschuk) gepflanzt, daneben in geringem Umfange
	        
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