So finden sie eine Erklärung für alles, ohne an der
Richtigkeit ihrer Annahme auch nur zu zwelfeln.
Dagegen bei den christlichen Glaubenswahrheiten ist
es ganz anders. Da nehmen sie noch lange nicht
alles an, was man ihnen sagt, und geben sich mit
kurzen Erklärungen durchaus nicht zufrleden. Man
kann ihnen alles Mögliche, für sie Unbegreifliche
aus Europa erzählen, sie glauben es und werden
nicht müde zuzuhören. Spricht man dagegen von
Religion, dann gehen sie in die Verteidigungsstellung
über; ja, es ist überhaupt das beste Mittel, sie
wegzubringen.
Die Neger haben hierzulande, soviel ich weiß,
keinen eigentlichen Gottesdlenst. Die Stelle unserer
Kirchen nehmen die heiligen Haine, bibira genannt,
ein, ober auch hier wird meines Wissens kein öffent-
licher Gottesdienst gehalten. Jeder hält dortselbst
für sich allein seine Andacht. Dagegen findet man
auf dem freien Platz vor dem Hause einen oder
mehrere Bäume, die im Banne der Geister stehen,
und einige kleine Strohhütten, worin den Geistern
Opfer dargebracht werden. Genaue Erklärungen
darüber wollen und können sie meist wohl auch nicht
gehen. Gestern stieß ich auf einen alten Neger, der
in diesem Punkt gesprächiger war als die meisten
selner Stammesgenossen. Er hatte ganz nahe bei
seinem Hause fünf kleine Hütten gebaut; vier davon
waren gleich groß und standen nebeneinander, eine
fünfte, kleinere, stand davor. Ich fragte ihn mit
unbefangener Miene, was diese Hütten zu bedeuten
hätten. Der Schwarze erwiderte darauf, das seien
die Wohnungen für Rubunga (Kubunga = umher-
wandern, rubunga = der Wanderer). Auf meine
Frage, wer denn dieser Rubunga sei, erklärte er,
das sei der Geist, der die Kaumpuli (Rinderpest)
verbreitet hätte, die so viele Opfer verlange, und
an der auch sein Großvater gestorben sei. Dieser
Rubunga soll in Kisika, einer Landschaft an der
Grenze von Uganda, wohnen und auch die hilesige
Gegend heimsuchen. Er kommt des Abends, und
zwar auf abgelegenen, wenlg bekannten Wegen. In
dem genannten kleinen Hüttchen wohnt sein Sohn
Rubembeira; der Geist geht nämlich nie allein aus,
sondern stets in Begleitung. (Übrigens geht hier
niemand allein auf Reisen.) „Fürchtest du den Ru-
bunga?“ fragte ich. „Das will ich meinen,“ ant-
wortete unser Männlein, „und darum mache ich
täglich abends Feuer in selner Hütte an, damit es
dem Rubunga bei mir nicht zu kalt wird, und dann
vergesse ich auch nicht, ihm zu sagen: Rubunga,
mein König, wisse wohl, daß ich dir ganz zu eigen
bin; laß mir das Leben und nimm es mir nicht
eher, als wie melnem Großvater“. Diese Mitteilungen
über seinen Großvater hatte ihm seine Mutter ge-
macht; diese hatte Rubunga gesehen. Wie es kam,
daß er selbst, obwohl er Augen hatte wie seine
Mutter, den Rubunga nie zu Gesicht bekam, konnte
der gute Schwarze sich nicht erklären, ebenso wußte
746
er nicht, wie ein Feuerchen und eln Pombekrug
einem Geiste von Nutzen sein könnten.
Hiermit will ich für heute Abschied nehmen.
Der Donner rollt über den Viltorla-Nyansa, ein
feiner Regen rleselt hernieder, und dichter Nebel
umhüllt den ganzen Hügel. Ich sitze in meiner
Rohrhütte, die mir mit dem grasbelegten Dach
ziemlich guten Schutz gewährt, doch sehe ich beinahe
nichts mehr, obwohl die einzige Offnung, die Tür,
sperrangelweit offen steht. Den Schrelbtisch ans
Licht zu rücken ist unmöglich, denn er besteht aus
einem einfachen Geflecht, das auf vier fest in die
Erde eingetriebenen Pfählen befestegt ist. Im selben
Stil ist melne Lagerstätte und der Waschtisch gemacht.
Rus fremden Kolonien und
Produhtionsgebieken.
übber Rautschulpflanzungen in den englischen Rolonien.
In steigendem Maße wendet sich das Kapital
der Anlage von Kautschukplantagen in englischen
Kolonien zu. Besonders im laufenden Jahr hat
sich ein bedeutender Aufschwung in der Erweiterung
und Neuanlegung von Kautschukpflanzungen in Ceylon
und auf der malaüschen Halbinsel bemerkbar gemacht,
und eine Reihe von Gesellschaften ist für diesen
Zweck gegründet worden.
Die Gründe hierfür liegen hauptsächlich in dem
steigenden Weltbedarf an Kautschuk für Kabel, Motor-
fahrzeuge, Fahrräder usw., dem anderseits kein
gleiches Anwachsen der Gewinnung von wildem Kaut-
schuk gegenübersteht, in den hierdurch bedingten hohen
Preisen für Kautschuk und in den günstigen Er-
fahrungen, welche mit der Anlage von Kautschuk-
pflanzungen in einzelnen Kolonten gemacht sind.
Der Durchschnittspreis für besten Parakautschuk
auf dem Londoner Markt war während des Jahres
1904 58 6 d pro Pfund. Der auf Pflanzungen
in Ceylon und der maloilschen Halbinsel gewonnene
Kautschuk erzlelte einen ebenso hohen und bisweilen
selbst höheren Preis als bester Parakautschuk aus
Südamerika. So wurden 1904 bereits bis zu 6 s
1½ d pro Pfund für Pflanzenkautschuk von der
malailschen Halbinsel gezahlt. Im laufenden Jahre
sind die Preise noch weiter gestiegen; für besten Para-
kautschuk werden jetzt 6 bis 7 s pro Pfund gezahlt.
Bei weitem die unfangreichsten Kautschuk-
pflanzungen befinden sich auf Ceylon und der
malaiischen Halbinsel (in den Stralts Settlements
und besonders in den Vereinigten malalüschen
Staaten — Federated Malay States —). Die
Fläche des mit Kautschukbäumen bepflanzten Areals
wird für das laufende Jahr in Ceylon berelts auf
40 000 Acres (etwa 16 000 ha) und auf der ma-
laitschen Halbinsel auf 38000 Acres (etwa 15200 ha)
geschätzt. Hauptsächlich ist Hevea brasiliensis (Para-
kautschuk) gepflanzt, daneben in geringem Umfange