Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

setzlich gezeigt hatte, hatte in Mißachtung einer Ent- 
scheidung des Landeshauptmanns in einer den Nach- 
laß des verstorbenen Oberhäuptlings Loiak betreffenden 
Landsache sich Ubergriffe zuschulden kommen lassen 
und war der Aufforderung des Landeshauptmanns, 
sich zu verantworten, nicht nachgekommen. 
Am 2. Dezember v. Is. setzte der „Condor" seine 
Reilse nach den Karolinen fort. Am 9. Januar d. Js. 
traf er in Jap ein. Der Kaiserliche Bezirksamt- 
mann Senfft benutzte die Anwesenheit des „Condor"“ 
zu einer Reise nach den Palau-Inseln, um sich dort 
der Mörder des englischen Händlers Wilson zu be- 
mächtigen. Zugleich sollte das Erscheinen des Kriegs- 
schiffes eine militärische Demonstration zur Unter- 
stützung des Ansehens der Regierungsstation bedeuten. 
Der Bezuksamtmann traf am Nachmittag des 
14. Januar d. Is. im Hafen von Malakal ein und 
ließ die Mörder durch den Stationslelter festnehmen. 
Am folgenden Morgen wurde ein Landungekorps 
nach der Insel Koror geschickt, das dort einige Ge- 
sechtsübungen vornahm. Inzwischen besichugte der 
Bezirksamtmann den Bau des Stationsgebäudes, 
das bereits unter Dach steht, den Weg durch die 
Insel und den großen Pier, der über das Riff bis 
zum tiefen Wasser geführt wird. Zu dem Wege- 
und Pierbau sind die Emgeborenen durch Vermitt- 
lung ihrer Häuptlinge herangezogen worden. Wie 
der Stationsleiter in Malakal berichtet, hat die 
entschiedene Sprache des Bezirksamtmanns in der 
Häuptlingsversammlung und die Vollziehung der 
Todesstrafe an einem Mörder im November v. Is. 
auf die Palau-Insulaner Eindruck gemacht. Es ist 
aber immer noch nötig, die Ausführung von An- 
ordnungen, besonders der Maßregeln zur Vernichtung 
der Schildläuse, scharf zu überwachen. 
Der „Condor"“ kehrte am 16. Januar von 
Malakal zurück, lief unterwegs noch die Insel Ngulu 
an und traf am folgenden Tage wieder in Jap ein. 
Am 198. Januar setzte das Kriegsschiff seine Fahrt 
über die Admtralitäts-Inseln nach Herbertshöhe fort. 
Der „Condor“ wird voraussichtlich im Auguft d. Is. 
nochmals die Palau-Inseln besuchen. 
Rus dem Brreiche der Wissionen und 
der Antisklaverei-Bewegung. 
Spracharbeiten der Norddeutschen 
Mission in Togo. 
Seit 1847, wo die Norddeutsche Mission ihre 
Tätigkeit an der Skiavenküste begann, haben die 
Sendboten dieser Gesellschoft die Ewesprache studlert 
und zur Schriftsprache erhoben. Als erste wissen- 
schaftliche Arbeit erschien im Johre 1856 eine von 
Schlegel herausgegebene Grammatik. In die Fuß- 
tapien dieses Pfadfinders ist eine Reihe welterer 
Missionare getreten, die mit zäher Energie an der 
Ausgestaltung einer Literatur für den volkreichen 
  
198 — 
Stamm arbeiteten. Als Ergebnis ihrer Bemühungen 
liegt heute eine Sammlung von etwa 25 zum Teil 
sehr umfangreichen Büchern in der Ewesprache vor, 
wobei die außer Gebrauch gesetzten Schriften nicht 
mitgezählt sind. 
Von wissenschaftlichen Spracharbeiten find 
bervorzuheben: Die Grammatik von E. Bürgi, das 
mit Beihilfe der deutschen Kolonialgesellschaft kürz- 
lich erschienene Wörterbuch von D. Westermann und 
das im Erscheinen begriffene große Werk von J. Spieth 
über Religion und Recht, Sagen und Suten der 
Eweer, das ewe und deutsch geschrieben ist. Beim 
Kolonialkongreß 1905 ward auf die hervorragende 
Bedeutung dleses Buches von sachkundiger Seite 
aufmerksam gemacht; elne Resolution des Kongresses 
befürwortete die Bereitstellung von Geldmineln zu 
seiner Drucklegung. Für den kirchlichen Gebrauch 
ist eine schon in mehreren Auflagen erschienene Aus- 
gabe des Neuen Testaments vorhanden; auch die 
meisten Bücher des Alten Testaments sind seit 
längerer Zeit übersetzt; ferner Gesangbuch, Liturgie 
und Konfirmandenbuch. Als Schulbücher wurden 
beschafft: Fibel, Lesebuch, biblische Geschichte; ferner 
eine Weltgeschichte, Lehrbücher für Geographie, Arith- 
methik und dgl. Außerdem erscheint jährlich ein 
Kalender, der guten Adsatz findet, auch ein Viertel- 
jahrsdlatt, das den Tirel: Nutisafa na mi (Fridens- 
bote) führt und christliche, patriotische und gemein- 
nützige Dinge enthält. — Das Erscheinen des oben 
erwähnten Wörterbuches vom Missionar Werstermann 
gibt diesem Anloß, in der Februarnummer des 
Monateblotts der Norddeutschen Missionsgesellschaft 
einen Uberblick über seine Emstehung zu geben. Er 
kommt da zueist auf die Vorarbeiten anderer Missio- 
nare seiner Gesellschaft zu sprechen, wobei er nament- 
lich Schlegels „Schlüssel der Ewesprache“ sowie 
Knüslis und Däubles Arbeilen am Ewe-Deutsch- 
Englischen Wörterbuch erwähnt. Donn legt er dar, 
wie er diese Vorarbeiten zum Abschluß gebracht hat. 
Er befand sich zu der Zeit, da er vom Vorstand 
seiner Gesellschaft damin betraut wurde, in Ho. 
„Man lebt dort,“ schreibt er, „wie auf keiner andern 
unserer Stationen, mitten unter dem Volk; von 
weither kommen die Leute, um Arzneien zu bolen 
und sich ihre Wunden verbinden zu lassen. Außerdem 
aber hatten wir mebr als hundert Schulknaben im 
Alter von 10 bis 25 Jahren in unserem Gehöft 
wohnen, die aus den verschiedensten Gegenden des 
Ewegebiets stammten. Von ihnen ließ sich viel 
lernen, zumal als sie erst begriffen hatten, was ich 
bei ihnen suchte. Jeden Nachmittag von 3 bis 5 Uhr, 
wenn die Schulstunden glücklich hinter ihnen lagen, 
mußten sie auf dem Stationsgelände arbeiten: Busch 
roden, Bäume fällen und Bäume pflanzen, Felder 
anlegen, Wege remigen usw. Da war ich als ihr 
Aufseber meist mitten unter ihnen und bemühte mich, 
ihre Unterhaltungen zu belauschen. Uberhaupt suchte 
ich soviel als möglich, aus ihren Gesprächen unter- 
einander das mir Fremde zu merken und nachher
	        
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