8 Ufern angelangt. In der Tlefe einer kleinen
eidenbucht liegt Muansa vor ung. Freundlich
grüßen welße Häuser zu uns herüber. Auf der
Höhe links ein kastellöhnliches Bauwerk, darunter
am Strand die Hülten der Eingeborenen; eine
Palmenallee führt in der Mitte des Bildes am
Strande entlang. Seltsam geformte Felsgruppen
rahmen das Ganze ein. Abgesehen von den Palmen
elne fast europälsche Landschaft, eine Seenbild aus
Ttrol oder der Schweiz; die Perle des Vlktorlasees.
enden wir den Blick rückwärts, so liegen welte,
durch freundliche Inseln getrennte Wasserflächen vor
uns. Ein Nachen naht. Deutsche Askarl, auf dem
glänzend roten Fez einen schmucken goldenen Adler
und in tadellos weißem Anzug, rudern ganz matrosen-
mäßig. Einer der Herren grüßt uns — Bruder
Stolz. Bald steht er neben uns an Bord. In
zehn strammen Märschen ist er von Urambo uns
entgegengeeilt; Träger von Kitunda und Urambo
warten am Lande auf uns und unsere Sachen.
Bel der nun folgenden Beschreibung des Aufent-
halts in Muansa rühmt der Visttator die mit weitem
Blick angelegte Reglerungsstatlon, die straffe Ordnung,
le strenge, aber möglichst an die Rechtsbegriffe der
Eingeborenen sich anlehnende Rechtspflege und die
guten Aussichten des am Südende des Sees liegenden
Verkehrsplatzes. Er erwähnt dabei, daß die Zölle
n Muansa von 128 Rupien im Jahre 1900 auf
10 3 Joo (. J. 1904 gestiegen sind. Da der Handels-
derkehr nach dem deutschen Seengeblet jetzt allgemeln
een alten Karawanenweg von Daressalam land-
einwärts verlassen hat, werden auch die Missio-
nare und Missionsgüter künfiig über die Uganda-
Bahn und Muansa besördert werden, bis der er-
sehnte Eisenbahnbau durch Deutsch-Ostafrika diesen
mweg wieder überflüssig macht.
Die Karawanenreise von Muansa nach
Urambo- kann auf der Barabara erfolgen. Es ist
immerhin schon ein großer Fortschritt, statt der alten
schmalen Eingeborenenwege die nach dem Süden
ührende, stellenweis sogar bereits mit Bäumen be-
bstankte „Landstraße“ zu haben. berraschend ist
de militärische Schnelligkeit und Gewandthe#t, mit
er das Lager selbst bei engstem Raum aufgeschlagen
wird, und wie schnell es in wenigen Minuten ab-
gebrochen ist. Man verriet dem Missionsdirektor
erst später, daß der Missionar Stolz auf der Relse
nach Muansa die Sache wiederholt mit den Trägern
Seübt. hatte, so daß jeder seinen Posten kannte und
ner dem anderen zur Hand ging.
d Uber den Gesamteindruck des Landes gibt
# Visitator folgendes Urtell ab: Das Innere der
giolonie macht auf mich durchaus nicht den Eindruck
mes „armen Landes"“, wie ich ihn etwa aus Drum-
aunds „Zentral-Afrika" gewonnen habe. Seine
r ia Hondelsschätze, Sklaven — glöt es glücklicher-
gtt se nicht mehr; auch die noch vorhandene Haus-
averei geht in absehbarer Zeit ihrem Ende ent-
hgegen. Alle nach dem 1. Januar 1906 geborenen
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Sklavenkinder sind frei; Elefantenzähne werden auch
immer weniger, ja eine verständige Jagdgesetzgebung
muß suchen, den Wildreichtum Afrikas vor Vernich-
tung zu bewahren. Aber die alten Schätze des
Landes waren auch sein Fluch, indem ja gerade der
Elfenbeinhandel die Sllaverei beförderte, da in
diesem Lande ohne Straßen und Zugtiere eben nur
Menschen die Träger dieser Elefantenzähne nach der
Küste sein konnten. — Dennoch ist das Land nicht
arm, die tropischen Regenzeiten führen dem in welten
Strecken sehr fruchtbaren Boden die nötige Feuchtig-
keit zu, um reiche Ernten an Hirse, Mais, Reis und
anderen Früchten zu tragen. Hätte Südafrika ähn-
liche Niederschläge, welches Paradies könnte es sein!
Freilich die große Höhenlage deß Landes, der Vik-
toria-Nyansa etwa 12 000°, der Tanganika 8000
der Nyossa-See 4000' über dem Meeresspiegel ge-
legen, läßt es trotz der Nähe des Aquators durch-
aus nicht als ein tropisches Land erscheinen, wie
wir es uns etwa nach Schilderungen aus Suriname
oder von der Moskitoküste vorstellen. Aber gerade,
daß die erschlaffende Hitze der Tropen und
die die Arbeitsfreudigkeit und den Arbeitszwang
lähmende und aufhebende Übersülle der tropischen
Vegetation fehlen, scheint mir ein Glück für das
Land und seine Bewohner. Unter solchen Um-
ständen kann sich ein tüchtiges, gesundes, arbeltsames
Volk entwickeln; und die bisher innnerhalb der
Kolonie von mir geschauten verschiedenen Volksstämme
machen durchaus den Eindruck eines einer erfreulichen
Entwicklung fähigen Menschenschlages. Auch für
die Entwicklung der Mission wird dies von Be-
deutung sein. Während unsere Brüdermission in
ihrer mehr als 170 jährigen Geschichte fast überall
zu besonders armen, wenig begabten oder sozial
unterdrückten Völkern geführt wurde, deren Zahl wie
in Grönland, Labrador oder Australien zudem eine
sehr beschränkte war, scheint mir hier eine Aufgabe
gestellt zu sein, dle eine glückliche und vielver-
sprechende Lösung ermöglicht. Hören wir von so
großen Missionserfolgen in Uganda: von einer
Christenschar von mehr als 40 000, die in der kurzen
Spanne von noch nicht 80 Jahren gewonnen wurde,
von ihrer Lernwilligkeit und -Fähigkeit, von ihrer
Mitarbeit an die Christianisierung ihres Landes, wo#
es bereits über 2000 eingeborene Lehrer und etwa
30 ordinierte Geistliche gibt, deren Unterhalt die
heidencchristlichen Gemeinden selbst tragen, so darf
man vielleicht hier bei äußerlich ähnlichen günstigen
Verhältnissen etwas Ahnliches erwarten.
Der hiesige Völkerboden ist von Gott in mannig-
facher Weise vorbereltet, um den Samen des Evan-
gellums aufzunehmen. Daß ich schon unterwegs eine
Vorstellung davon bekam, verdanke ich der mir
überaus wertvollen Reisebegleitung unsers Missionars
Stern, des Superintendenten der Unyamwesi-Mission.
Er halte mich bei meiner Ankunft mit einer kleinen
Abhandlung über die ethnographische und sprachliche
Gliederung der für unser Missionswerk in Betracht