und die bunte, vernunftlose Vogel= und übrige Tier-
welt erzählen hier allein von Gottes Macht und
Güte: doch fehlt die Krone der Schöpfung, um diese
tote Pracht zu bewundern und zu veredeln. Das
Aambungtal, die Ebenen zwischen der Mündung des
Gawit und Kap Tongllus, die Höhenzüge und engen
Talsohlen vom Kap Rakorakor bis zum Tongolie-
nakaneifluß und von da bis zu den ersten Nieder-
lassungen der Nakanei bergen mit Ausnahme ver-
einzelter Abhänge im Hintergrunde kein menschliches
Wesen. Dieselbe Erscheinung treffen wir auch an
der Ostküste von Baining. Gewisse Strecken, wie
z. B. am Weberhafen, an der Quelle des Karo, im
Kusuptal vor Kap Tongilus u. a. m., waren vor
Zeiten besiedelt. Das beweisen die dort wachsenden
Holzarten, die sonst nur in alten Pflanzungen vor-
kommen, die vielen Arekapalmen, Drazänen und Kro-
tonarten. Ferner wissen die Greise noch von Kriegen
und Epidemien zu berichten, durch welche die Ein-
geborenen dieser Gegenden ausgerottet oder zur
Auswanderung getrieben wurden. Die heutigen Ein-
wohner am Kap Tongilus saßen früher im Karo-
gebiete; da sie aber den steten Überfällen ihrer
Feinde aus dem Inneren ausgesetzt waren, so suchten
sie sich andere Wohnplätze. Das beständige Umher-
wandern von einem Platz zum anderen ist überhaupt
eine charakteristische Eigentümlichkeit des Bainingers.
Ackerbau treibende Völker sind in der Regel seßhaft.
Beim Baininger trifft das nicht zu; er hat eine
Nomadennatur. Er blelbt höchstens zwei Jahre auf
derselben Scholle; sobald aber sein Tarofeld ab-
geerntet ist, zieht er mit seiner leichten Habe eine
Strecke weiter, rodet wieder ein Stück Wald zu einer
neuen Pflanzung und baut sich eine armselige Hütte
in der Nähe derselben.
wäre nun aber irrig, zu glauben, die un-
bewohnten Gebirgszüge und Täler würden niemals
begangen. So undurchdringlich auch der Küstensaum
zu sein scheint, so trifft man doch nicht selten, meistens
in der Nähe von Flüssen, auch Pfade, die der Berg-
bewohner zu gewissen Jahreszeiten benützt, um an
die See zu kommen. Er hat eine gewisse Sehnsucht
nach dem Meere, nach Salz und Fischen.
In den Flußbetten, auf den hohen Sandbänken
an den Mündungen der Flüsse begegnet man oft.
ganzen Ansiedlungen Fischfang treibender Baininger.
Es find das melst recht leicht gebaute Hütten, worin
der Eingeborene seine Beute an Fischen röstet und
die Nächte zubringt. Nach einem reichen Fang oder,
wenn die mitgeschleppten Taros aufgezehrt sind, oder
auch, wenn schlechte Witterung eintritt, kehrt er wieder
heim in seine Berge zurück. Auf seinen Jagd-
ausflügen nach Wildschwelnen, Kängurus und Kafu-
aren durchwandert er oft wochenlang Gebirg und
Tal. Er wird sich auf diesen Kreuz= und Quer-
zügen niemols verirren; er kennt alle Schlupfwinkel,
alle Quellen und Schluchten und hat Namen für
sie. Eine Höhle, ein überhängender Fels, ja mit-
unter selbst das dichte Laubdach eines Waldbaumes
genügen ihm neben einem glimmenden Stücke Holz
als Obdach für die Nacht
Die Pfade und Wege sowohl in bewohnten als
unbewohnten Gegenden Bainings sind sehr primitiver
Art. Daß die gerade Linie die kürzeste ist, hat der
Naturmensch noch nicht begriffen. Die Wege, die
nirgends so breit sind, daß zwei Menschen darauf
nebeneinander gehen können, führen meistens im
Zickzack über Stock und Stein, bergauf und bergab,
über Zäune und gquerliegende Baumstämme. Hat
der Sturm einen Waldriesen in den Weg gebettet,
der in selnem Falle eine Menge klelnerer Bäume
mit sich gerissen hat, so fällt es niemand ein, den
Weg wieder frei zu machen. Man klettert über die
Reihe der Stämme hinweg oder umgeht sie. Mit
einigen kräftigen Fußtritten drückt er das lleine
Gebüsch nieder, reißt die größeren Sträucher aus
oder knickt sie ab und zerbelßt die Lianen mit den
Zähnen, wenn ihm kein Messer zur Hand ist. Durch
einfaches Niedertreten des Grases und der Sträucher
entstehen überhaupt alle Pfade in Baining. Eine
Pflege derselben ist unbekannt. Sind die Wege
wieder verwildert, so wird kein Mensch eine ver-
bessernde Hand anlegen. Hin und wieder tritt einer
das Gras zu beiden Seiten nieder oder säbelt es
mit dem Buschmesser etwas ab, aber nur aus Furcht
vor dem nassen, kalten Tau, der ihm beim Gehen
des Morgens um die Füße schlägt. Dank aber von
seinen Landsleuten empfängt und erwartet er auch
hierfür nicht.
Die in feindliches Gebiet führenden Wege find
durchweg schlecht ausgetreten und häufig durch Ver-
haue unterbrochen. Ein Europäer allein ohne Führer
würde sich schon nach zehn Schritten für verirrt er-
klären. Der Baininger aber, mag er auch schon
johrelang diesen Pfad nicht mehr betreten haben,
verfehlt ihn nicht leicht; ein Kerbschnitt, ein gebogener
oder zerknickter Zweig, ein auffälliger Baum, ein
Büschel abgerissener Zweiglein oder Blätter bilden
ihm zuverlässige Wegweiser; für ihn hat jedes ge-
machte Zeichen seine Bedeutung. Beim Anblick von
Fußspuren weiß er gleich, ob sie von Männern oder
Frauen herrühren. Auf seinen alljährlichen Wande-
rungen in die entfernten Flußtäler und an die See
folgt er melstens den Flußläufen oder macht Um-
wege über Gebirgszüge, zumal, wenn auch sein
Feind diese Gegenden besucht. Tiefe Sümpfe und
Ströme überbrückt er mit langen Bäumen. Wie
sicher er diese überschreitet, habe ich schon oft Ge-
legenheit gehabt zu bewundern. mußte eines
Tages auf einer Expedition über den Patongo.
Der Fluß ist an dieser Stelle kaum 90 m breit,
aber sehr tief und reißend. Meine Begleiter be-
nützten einen querüber liegenden Baum, der aber
verhältnismäßig dünn war, dazu nicht glücklich lag-
Er relchte nämlich nicht bis zum anderen Ufer. Die
Krone war weggerissen, nur zwei lange Astarme
waren übriggeblieben, von denen einer hoch im
Wasser lag und der andere kerzengerade in die Höhe