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mittels einer Muschel abgekratzt und dann an die
Sonne zum Trocknen gelegt. Dadurch werden die
noch anhaftenden Rindentellchen spröde und lassen sich
leicht entfernen, so daß sich der reine geschmeidige
Bast zu Fäden auseinander zlehen läßt, die zu
Schnüren gedreht werden. Zu diesem Zwecke werden
zwei Stränglein Bast mit einer Hand auf dem
Oberschenkel nahe anelnander gehalten, während die
andere angefeuchtete Hand darüber hin und her
streicht. Beim Hinstreichen drehen sich beide Stränge
einzeln, und beim Herstreichen verdrehen sich beide
zu einer festen Schnur. "
Bei Aufführung von Tänzen tragen die Frauen
einen langen Grasrock (a urucha), der bis unter
die Kniee hinabreicht. Das Material derselben be-
steht ebenfalls aus Baumbastfäden, welche nach ihrer
Verarbeitung an einer Schnur aufgefädelt und ge-
färbt werden.
Das schwanzförmige Kleid der Bainingerweiber
und der Südost-Baininger hat sehr. wahrscheinlich
den Uferbewohnern die Vorstellung gegeben, die
Bergbewohner wären mit Schwänzen versehen. So
leicht man diese Vorstellung den Eingeborenen ver-
zeihen kann, so unbegreiflich ist es, wenn Männer
2 Powell diese Fabel wirklich als Ernst aufzufassen
einen.
XI.
Religiöse Vorstellungen.
Nicht selten wird dem Missionar die Frage ge-
stellt, ob die Eingeborenen vor der
dem Christentum eine Religion gehabt hätten. Eine
direkte Beantwortung dieser Frage ist nicht leicht.
Verstehen wir unter Religion den Inbegriff einer
positiven Kenntnis von einem höheren Wesen und
den Pflichten demselben gegenüber, so dürsen wir
freilich die Eingebornen für religionslos erklären.
Der Wilde, dessen Denkvermögen so wenig ausge-
bildet ist und der sich niemals gern mit meta-
physischen Dingen abgibt, hat zwar eine Ahnung
von der Existenz eines mächtigen Wesens, aber keine
Vorstellung, wie dasselbe die Welt nach seinem Gut-
dünken lenkt und noch weniger von Pflichtleistungen,
welche er demselben gegenüber hat. Das geheimnis-
volle Eingreifen in das Schicksal des Menschen auf
sein Wohl und Wehe, auf den Lauf der Dinge in
der Natur ahnt er in vielen Fällen, es fehlen ihm
aber nicht nur Worte, diese Einflüsse und Einwir-
kungen auszudrücken, sondern auch die Fähigkeit, sich
einen Begriff davon zu machen. Er denkt eben nicht.
etrachten wir aber den allgemeinen im Volke
herrschenden Glauben an Geister, den Glauben an
die Fortdauer der Seele nach dem Tode, den Ver-
kehr Abgestorbener mit den Lebenden, ferner die
Ansumme von Aberglauben, welchem ein Stamm
huldigt, so drängt sick eine andere Meinung auf.
Diese Vorstellungen der Eingeborenen, ihre Geister-
furcht wird uns freilich nicht der Ausdruck einer
positiven Religion sein. Allein da diese Anschauun-
gen und die dadurch begründete Furcht das Wollen
Berührung mit
und Handeln der Eingeborenen in gewissem Grade
zu beeinflussen imstande sind, so können wir in diesem
Sinne das Vorhandensein einer Art Religion bei
den Wilden nicht ableugnen. - -
Welches sind nun speziell die religiösen An-
schauungen der Baininger?
Der Baininger hat, gleich den Eingeborenen
anderer Stämme, eine gewisse Schen, sich über die-
selben auszusprechen. Er kommt rasch in Verwirrung
und beginnt sofort ein anderes Thema, sobald man
diesen Punkt berührt. Die Ursache davon ist die,
daß er selbst das Unsichere seiner Ansichten und
unsere Überlegenhelt zu sehr fühlt. Zuweilen jedoch
sprechen sie sich unaufgefordert darüber aus, und
das ist gewiß die beste Gelegenheit, ihre ganze
Meinung zu erfahren. Die so gewonnenen Einzel-
heiten sind aber trotzdem wenig zahlreich und recht
unklar. Die spärlichen Volkssagen, die sich von
einem Geschlecht auf das andere vererben, find nicht
immer allen Gaugenossen bekannt. Eine der ver-
breitetsten ist die solgende: Eines Tages rief die
Sonne alle Wesen zusammen und fragte sie, wer
ewig leben wolle. Die Wesen kamen alle, nur der
Mensch blieb fern. Deswegen gehen die Schlange
und der Stein nicht zugrunde, während der Mensch
stirbt. Hätte der Mensch der Sonne gehorcht, so
würde er sich auch von Zeit zu Zeit häuten, wie
die Schlange und sich stets verjüngen und ewig leben.
Der Geisterglaube ist allgemein verbreitet.
Geister, a ios, d. h. Seelen von Abgeschiedenen,
sind überall anzutreffen, im Walde, in den Gehöften,
auf Pfaden, in Flüssen und Bodensenkungen. Fragt
man nun, was er sich unter einem Geiste vorstelle,
so gerät er in Verwirrung und vermag sich nicht
auszudrücken. Ein Gelst ist nach der Meinung der
Eingebornen etwas wie ein lebendiger Mensch, der
uns sieht, uns selbst aber unsichtbar bleibt. Man
wolle beachten, daß er das Wort „unsichtbar“ kennt
(sasik). Ein plötzliches Geräusch im nahen Busch
oder Grasfelde, oder sonst ein unerwarteter Vorfall,
wenn er auch nur das Produkt seiner Einbildungs-
krast ist, wird auf die Gegenwart eines ioska zurück-
geführt. In der ersten Zeit meines Hierseins ist es
oft vorgekommen, daß die Baininger Knaben, die in
der Nähe meines Hauses sich eine Schlafstätte er-
richtet hatten, plötzlich während der Nacht auf die
Veranda meines Hauses flüchteten, angeblich, weil
sich ein Geist zu ihnen gesellt, ihr Feuer angeblasen,
sich zu ihnen gesetzt oder ihnen gar befohlen hätte,
die Hütte zu räumen.
Die Beschäftigung der abgeschiedenen Seelen be-
steht in beständigem Umherschweifen und im Betrügen
der Lebenden. Meistens erscheinen sie beim Dunkel-
werden und rufen die Leute beim Namen. Sobald
man sich aber ihnen nähert, erblickt man bloß einen
Leuchtkäfer. Leuchtkäfer gelten deshalb überall als
Träger von Seelen. Die Geister bewegen sich nach
Belieben, essen und trinken nicht und leben doch.
Auf die Frage, ob sie ewig leben, erhält man eine