Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Hauptmann a. D. Richter, dem sich Stabsarzt Dr. 
Panse zur Verfügung gestellt hatte. Die unter 
Oberleutnant Klinghardt eingetroffenen Verstärkungen 
aus Bismarckburg und Neu-Langenburg hatten einen 
Posten an der Rovumabrücke, etwa 48 km westlich 
Ssongea, besetzt. Dazwischen, etwa 11 km südsüd- 
östlich Mangu, saß der Araber Raschid bin Mass'ud 
mit seinen Anhängern (etwa 300 Waffenfählgen) in 
Klkole, das gleichfalls stark befestigt war. Der Rest 
des Bezirkes Ssongea befand sich in vollem Aufruhr. 
Die Anstifter und eigentlichen Leiter des Wangonl- 
Aufstandes sind die Wangindo unter ihrem Führer 
Omari Kingalla, elnem Jumben aus der Nähe Liwales. 
Wenngleich nicht gesagt sein soll, daß den Wangoni- 
Sultanen, die sich durch die Einführung einer inten- 
siveren Verwaltung in dem Rest der ihnen verblie- 
benen Selbständigkeit bedroht glaubten, der Aufstand 
nicht sehr gelegen kam, ja schon längere Zelt vorher 
Verhandlungen dieserhalb geschwebt hatten, so kann 
doch behauptet werden, daß dieser Aufstand ohne 
äußere Veranlassung jetzt nicht zum Ausbruch ge- 
kommen wäre. 
Die Eingeborenen waren Eade Oktober vor 
Ssongea zum Angriff auf die Station versammelt. 
Während sie sich noch mit Medizinmachen beschäf- 
tigten, also nicht zum Kampfe bereit waren, wurden 
sie durch die Abtellungen Nigmann und Richter bel 
Niamabengo überrascht, so daß sie sich nach kurzem 
Maschinengewehrfeuer mit Verlust von etwa acht 
Toten zurückzogen. Im November hatten sie sich 
dann wieder an der Straße Ssongea—Wiedhafen 
gesammelt. Eln gelungener Uberfall einer kleinen 
Abteilung auf die Karawane des Sekretärs Schulz. 
der für die Aufständischen entschleden elnen großen 
Erfolg bedeutete, hatte sie dann zu heftigen Angriffen 
auf den Posten des Oberleutnants Klinghardt er- 
mutigt. Dort erfolglos, wandten sie sich gegen Klkole, 
wo Raschid in arge Bedrängnls geriet. Ende No- 
vember hatten sie sich dann plötzlich — wohl auf 
die Nachricht vom Herannahen meines Expeditions- 
korps — zerstreut. 
Von größeren Ansammlungen Ausständischer, die 
ein geschlossenes Einsetzen des Expeditlonskorps not- 
wendig gemacht hätten, war nichts mehr bekannt. 
Nach Angaben des Bezirksamtmanns war südlich der 
Linie Mahuguro—Ssongea—L#gangaposten—Wiled- 
hafen hartnäckigerer Widerstand nicht zu erwarten. 
Ich wählte daher dle angegebene Linie als Basis, 
von der aus ich mit sämtlichen zur Verfügung stehen- 
den Truppen nach Norden vorging. Wünschenswert 
war, die Südgrenze des Schutzgebiels beobachten zu 
lassen, um einen Ubertritt der Rebellen auf portu- 
giesisches Gebiet zu verhindern. Mit Rücksicht auf 
die Schwäche der mir zur Verfügung stehenden Ab- 
teilungen mußte ich von dieser Maßnahme aber vor- 
läufig Abstand nehmen. Ich teilte das Gebiet 
nördlich meiner Basis in zwel Teile, deren ungefähre 
Grenze von Ssongea an der Lumetscha bzw. Lumesse 
und nach Norden zu der Oberlauf des Rutukira 
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bildeten. Ostlich dieser Linie sollte die 13. Feld- 
kompagnie, westlich die 8. Feldkompagnie operieren. 
Zur Sicherung der Straße Mbaranganduposten — 
Ssongea —Wiedhafen sollten die 13. Feldkompagnie 
bei Rjamtumbo, die 8. Feldkompagnie in der Land- 
schaft Ruanda (etwa 50 km östlich Wiedhafen) feste 
Posten nach Art der Etappenvosten errichten. Die 
. Feldkompagnie sollte gleichzeitig den Ligangaposten 
besetzen, um die dort stationierten Leute der Kom- 
pagnie Bismarckburg frei zu machen. Oberleutnant 
Klinghardt erhielt Befehl, sofort nach Bismarckburg 
abzurücken. Das Gros der 8. und 13. Feldkompagnie 
sollte im Zentrum der ihnen zur Unterwerfung zu- 
gewlesenen Gebiete feste Lager errichten, von denen 
aus starke Patrouillen operieren konnten, und zwar 
die 8. Feldkompagnie bel Mkwera und die 13. Feld- 
kompagnie am Likuyu. . 
Ich kam zu diesen Entschließungen aus der 
Uberzeugung heraus, daß ein demonstratives Durch- 
ziehen starker Truppenabteilungen durch die aufstän- 
dischen Gegenden, das in früheren Jahren genügt 
hatte, die unruhigen Geister einzuschüchtern und zur 
Unterwerfung zu bringen, im jeßigen Aufstande des 
erwünschten Erfolges entbehrte. Bei einem derartigen 
Vorgehen weichen die Eingeborenen, die im Nach- 
richtenwesen und an Marschgeschwindigkeit der durch 
die Träger behinderten Truppe bei weltem überlegen 
sind, mit Leichtigkeit und meist ohne Verluste aus, 
um nach dem Weitermarsch der Abteilungen unge- 
schädigt in ihre Landschaften zurückzukehren. Nachdem 
bei den Aufständlschen der Glaube an die durch ihre 
Medizin verursachte Wirkungslosigkeit der Hinter- 
lader zerstört war, haben sie sich größeren Askari- 
abteilungen selten gestellt, sind diesen ausgewichen, 
um sich bei günstiger Gelegenheit auf kleinere Ab- 
teilungen zu stürzen. Der Truppe war dadurch die 
Gelegenheit genommen, sich in größeren siegreichen 
Gefechten Ruhm zu erwerben, sie war vielmehr 
darauf verwiesen, den Gegner im strapazenreichsten 
Kleinkrieg nicht zur Ruhe kommen zu lassen, ihm in 
die entlegensten Schlupfwinkel zu folgen, bis er das 
Aussichtslose seines Widerstandes einsehend, die 
Waffen streckte. 
Das Festsetzen der Truppe an bestlmmten Plätzen 
gerade in den Monaten November bis Januar er- 
schlen mir um deswillen umso aussichtsreicher, weil 
diese die Monate sind, in denen die Wangoni ihr 
Feld bestellen müssen. Sie sahen sich also vor die 
Alternative gestellt, entweder die gestellten Unter- 
werfungsbedingungen zu erfüllen, oder aber im 
nächsten Jahre Hunger leiden zu müssen. Ich kann 
wohl sagen, daß diese meine Maßnahme den ge- 
wünschten Erfolg gehabt hat. 
IAnm 30. November und 1. Dezember ließ ich die 
Kompagnien in Ssongea ruhen. Am 2. Dezember 
rückten sie nach Osten bzw. Westen ab. 
Ich selbst beschloß, den Kompagnien Zeit zu 
lassen, sich in den ihnen zugewiesenen Gebieten ein- 
zurichten und dann dle einzelnen Posten zu berelsen,
	        
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