Hauptmann a. D. Richter, dem sich Stabsarzt Dr.
Panse zur Verfügung gestellt hatte. Die unter
Oberleutnant Klinghardt eingetroffenen Verstärkungen
aus Bismarckburg und Neu-Langenburg hatten einen
Posten an der Rovumabrücke, etwa 48 km westlich
Ssongea, besetzt. Dazwischen, etwa 11 km südsüd-
östlich Mangu, saß der Araber Raschid bin Mass'ud
mit seinen Anhängern (etwa 300 Waffenfählgen) in
Klkole, das gleichfalls stark befestigt war. Der Rest
des Bezirkes Ssongea befand sich in vollem Aufruhr.
Die Anstifter und eigentlichen Leiter des Wangonl-
Aufstandes sind die Wangindo unter ihrem Führer
Omari Kingalla, elnem Jumben aus der Nähe Liwales.
Wenngleich nicht gesagt sein soll, daß den Wangoni-
Sultanen, die sich durch die Einführung einer inten-
siveren Verwaltung in dem Rest der ihnen verblie-
benen Selbständigkeit bedroht glaubten, der Aufstand
nicht sehr gelegen kam, ja schon längere Zelt vorher
Verhandlungen dieserhalb geschwebt hatten, so kann
doch behauptet werden, daß dieser Aufstand ohne
äußere Veranlassung jetzt nicht zum Ausbruch ge-
kommen wäre.
Die Eingeborenen waren Eade Oktober vor
Ssongea zum Angriff auf die Station versammelt.
Während sie sich noch mit Medizinmachen beschäf-
tigten, also nicht zum Kampfe bereit waren, wurden
sie durch die Abtellungen Nigmann und Richter bel
Niamabengo überrascht, so daß sie sich nach kurzem
Maschinengewehrfeuer mit Verlust von etwa acht
Toten zurückzogen. Im November hatten sie sich
dann wieder an der Straße Ssongea—Wiedhafen
gesammelt. Eln gelungener Uberfall einer kleinen
Abteilung auf die Karawane des Sekretärs Schulz.
der für die Aufständischen entschleden elnen großen
Erfolg bedeutete, hatte sie dann zu heftigen Angriffen
auf den Posten des Oberleutnants Klinghardt er-
mutigt. Dort erfolglos, wandten sie sich gegen Klkole,
wo Raschid in arge Bedrängnls geriet. Ende No-
vember hatten sie sich dann plötzlich — wohl auf
die Nachricht vom Herannahen meines Expeditions-
korps — zerstreut.
Von größeren Ansammlungen Ausständischer, die
ein geschlossenes Einsetzen des Expeditlonskorps not-
wendig gemacht hätten, war nichts mehr bekannt.
Nach Angaben des Bezirksamtmanns war südlich der
Linie Mahuguro—Ssongea—L#gangaposten—Wiled-
hafen hartnäckigerer Widerstand nicht zu erwarten.
Ich wählte daher dle angegebene Linie als Basis,
von der aus ich mit sämtlichen zur Verfügung stehen-
den Truppen nach Norden vorging. Wünschenswert
war, die Südgrenze des Schutzgebiels beobachten zu
lassen, um einen Ubertritt der Rebellen auf portu-
giesisches Gebiet zu verhindern. Mit Rücksicht auf
die Schwäche der mir zur Verfügung stehenden Ab-
teilungen mußte ich von dieser Maßnahme aber vor-
läufig Abstand nehmen. Ich teilte das Gebiet
nördlich meiner Basis in zwel Teile, deren ungefähre
Grenze von Ssongea an der Lumetscha bzw. Lumesse
und nach Norden zu der Oberlauf des Rutukira
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bildeten. Ostlich dieser Linie sollte die 13. Feld-
kompagnie, westlich die 8. Feldkompagnie operieren.
Zur Sicherung der Straße Mbaranganduposten —
Ssongea —Wiedhafen sollten die 13. Feldkompagnie
bei Rjamtumbo, die 8. Feldkompagnie in der Land-
schaft Ruanda (etwa 50 km östlich Wiedhafen) feste
Posten nach Art der Etappenvosten errichten. Die
. Feldkompagnie sollte gleichzeitig den Ligangaposten
besetzen, um die dort stationierten Leute der Kom-
pagnie Bismarckburg frei zu machen. Oberleutnant
Klinghardt erhielt Befehl, sofort nach Bismarckburg
abzurücken. Das Gros der 8. und 13. Feldkompagnie
sollte im Zentrum der ihnen zur Unterwerfung zu-
gewlesenen Gebiete feste Lager errichten, von denen
aus starke Patrouillen operieren konnten, und zwar
die 8. Feldkompagnie bel Mkwera und die 13. Feld-
kompagnie am Likuyu. .
Ich kam zu diesen Entschließungen aus der
Uberzeugung heraus, daß ein demonstratives Durch-
ziehen starker Truppenabteilungen durch die aufstän-
dischen Gegenden, das in früheren Jahren genügt
hatte, die unruhigen Geister einzuschüchtern und zur
Unterwerfung zu bringen, im jeßigen Aufstande des
erwünschten Erfolges entbehrte. Bei einem derartigen
Vorgehen weichen die Eingeborenen, die im Nach-
richtenwesen und an Marschgeschwindigkeit der durch
die Träger behinderten Truppe bei weltem überlegen
sind, mit Leichtigkeit und meist ohne Verluste aus,
um nach dem Weitermarsch der Abteilungen unge-
schädigt in ihre Landschaften zurückzukehren. Nachdem
bei den Aufständlschen der Glaube an die durch ihre
Medizin verursachte Wirkungslosigkeit der Hinter-
lader zerstört war, haben sie sich größeren Askari-
abteilungen selten gestellt, sind diesen ausgewichen,
um sich bei günstiger Gelegenheit auf kleinere Ab-
teilungen zu stürzen. Der Truppe war dadurch die
Gelegenheit genommen, sich in größeren siegreichen
Gefechten Ruhm zu erwerben, sie war vielmehr
darauf verwiesen, den Gegner im strapazenreichsten
Kleinkrieg nicht zur Ruhe kommen zu lassen, ihm in
die entlegensten Schlupfwinkel zu folgen, bis er das
Aussichtslose seines Widerstandes einsehend, die
Waffen streckte.
Das Festsetzen der Truppe an bestlmmten Plätzen
gerade in den Monaten November bis Januar er-
schlen mir um deswillen umso aussichtsreicher, weil
diese die Monate sind, in denen die Wangoni ihr
Feld bestellen müssen. Sie sahen sich also vor die
Alternative gestellt, entweder die gestellten Unter-
werfungsbedingungen zu erfüllen, oder aber im
nächsten Jahre Hunger leiden zu müssen. Ich kann
wohl sagen, daß diese meine Maßnahme den ge-
wünschten Erfolg gehabt hat.
IAnm 30. November und 1. Dezember ließ ich die
Kompagnien in Ssongea ruhen. Am 2. Dezember
rückten sie nach Osten bzw. Westen ab.
Ich selbst beschloß, den Kompagnien Zeit zu
lassen, sich in den ihnen zugewiesenen Gebieten ein-
zurichten und dann dle einzelnen Posten zu berelsen,