es möglich geworden, in Tübingen der Ausführung
des Plans näher zu treten. Auch von der medizi-
nischen Fakultät der Universität erwartet man für
das Unternehmen ein freundliches Entgegenkommen.
Es soll mit dem Bau des Instituts begonnen wer-
den, sobald die gesammelten und zu sammelnden
Gelder die Höhe von 100 000 Mk. erreicht haben.
In Deutschland ist dies der erste Schritt dazu,
ein allen Missionsgesellschaften dienendes Institut zu
gründen, welches, wenn es nach dem gefaßten Plan
ausgeführt wird, große Ahnlichkeit mit englischen
Einrichtungen haben wird. Die Stellung des In-
stituts soll eine ganz selbständige sein, also wohl
eine Schöpfung des Vereins für ärztliche Mission,
aber doch unter elnem eigenen Verwaltungsrat und
auch finanziell unabhängig.
Gerade dieser Punkt erscheint von großer Wich-
tigkeit für eine freie und umfassende Entfaltung des
Instituts. Man kann es nur mit Freuden begrüßen,
daß die missionsärztlichen Bestrebungen in Deutsch-
land sich immer mehr aus der Theorie in die Praxis
begeben. Es ist allerdings ein Versuch, der fast zu
groß angelegt erscheint. Manche Missionare, die
mit einer ärztlichen Ausbildung ausgerüstet werden
sollen, werden trotz dem deutschen Institut doch ihre
medizinische Ausblldung in England, z. B. dem
Livingstone College, nehmen, da das neben der Er-
lernung der Sprache ihres künftigen Arbeitsfeldes
manche sonstige Vorteile bietet. Immerhln ist die
Reihe der Missionare, die mit großem Gewinn einen
Kursus in dem Institut durchlaufen können, groß.
Es ist die Samariterschule vorläufig der weltaus
hoffnungsvollere Teil des Instituts.
Anders ist es mit dem Heim für Medizin-
studierende. Gewiß wird es manche Jünglinge
geben, denen von vornherein der Beruf und die
Berufung als Missionsarzt feststeht, aber es wird
auch immer eine ganze Reihe von Arzten geben, die
sich erst als fertige Leute dem Missionsberuf zu-
wenden. Doch abgesehen von diesem Punkt, hat die
Sammlung von Medizinstudierenden in einem Heim,
in dem sie naturgemäß während der ganzen Studien-
dauer bleiben, mancherlei Schwierigkeiten, die u. a.
in dem berechtigten Streben der deutschen Studenten,
die Universität zu wechseln, ihren Grund haben.
Ferner wird es bei den herrschenden studentischen
Anschauungen noch eher möglich sein, Mediziner in
einem ausschließlich Studenten beherbergenden Konvilt
als in einem Helm unterzubringen, das in engem
Zusammenhang mit der Samariterschule steht. Auch
sind die elnzelnen medizinischen Disziplinen nicht
immer gleichwertig auf einer Untoersität besetzt.
Vielleicht bietet das Praktikantenjahr, welches die
Mediziner nach dem Staatsexamen abzulegen haben,
eine Gelegenhelt, die angehenden Missionsärzte in
besonders für ihren Beruf nötigen Dingen zu unter-
weisen (Tropenkrankheiten).
Was endlich die Wahl des Ortes anbelangt, so
müssen sehr gewichtige Gründe für die Wahl der
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Universität Tübingen ausschlaggebend gewesen seln.
Einmal ist die Lage des Ortes nicht sehr zentral,
und dann verirrt sich auch selten ein Tropenkranker
in die dortigen Krankenhäuser. Doch alle diese Be-
denken sind theoretisch und müssen durch die Praxis
entweder wlderlegt oder bestätigt werden, jedenfolls
sind sie nicht schwerwiegend genug, um den ganzen
Plan zu verwerfen. Es wird und kann auch auf
irgend eine Weise ein modus operandi gefunden
werden. Vielleicht, wenn die Medizinstudierenden
sich doch entschließen, das ganze Studium in Tübingen
zu absolvieren, daß sie dann im Praktikantenjahr
reisen und auch das nun einmal bestehende Tropen-
hygienische Institut in Hamburg besuchen.
Wir wünschen dem Plan von Herzen ein fröh-
liches Gelingen.
Die Konferenz für Mohammedaner-Mission
#in Kalro (4. bis 9. April 1906).
Im Herzen des neuen Teils von Kairo ist ein
geräumiges, jedoch unansehnliches Haus, in dem
ehedem der ägyptische General Arabi Pascha wohnte,
dessen Empörung gegen den Khedive Tewfig im
Jahre 1882 die Engländer nach Aghypten führte.
Jetzt ist dieser alte Palast der Mittelpunkt der
Missionsarbeit an den gebildeten Klassen der Mo-
hammedaner in Kairo, und in seinen abgelegenen
großen Räumen finden oft angeregte Verhandlungen
mit jungen, nach der Wahrheit suchenden Mohamme-
danern statt. In dem Saal im Obergeschoß dieses
Hauses trat am 4. April eine internationale Konferenz
von evangelischen Missionsarbeitern zusammen, um
gemeinsam über die besonderen Aufgaben und
Schwierigkelten der Mohammedaner-Mission zu be-
raten. Es war die erste derartige Konferenz; und
es ist ein erhebender Gedanke, fünf Tage lang
Missionare aus allen Ländern des Islam in ernster
Beratung vereinigt zu sehen, um miteinander eins
zu werden, wie am besten dleser große Widersacher
durch die christliche Mission überwunden werden könne.
Die Liste der Delegierten wies 62 Namen auf.
Es waren gegen 30 Missionen vertreten, am stärksten
die von Agypten und der Türkei mit Syrien, recht
gut aber auch Arabien, Indien und Persien. Was
Nationalität und Sprache betrifft, so hatten Ameri-
koner und Engländer, wie immer in der Mission,
das Ubergewicht; doch war auch der Kontinent ver-
treten, und der Geist brüderlicher Gemelnschaft war
so stark, daß sich auch nicht ein Schatten von natio-
naler Eifersucht zeigte. Von den deutschen Missionen
waren vertreten: Basel durch den Missionssekretär
Würz, Barmen durch Pastor von Velsen aus Unna,
die deutsche Ortentmission durch Dr. Lepsius und
Pastor Avetaranian und die deutsche Sudanmission
durch Missionar Enderlin. Auch unter den Gästen
befanden sich einige Deutsche.
Es ruhte ein großer Ernst auf den Verhand-
lungen. Man stand in Feindesland, die meisten