Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

übernahme bei dem immer stärker werdenden See- 
gange sich ohne Gefahr für Menschenleben nicht be- 
werkstelligen ließ. 
Die „Kambiu“ war am 24. Mai auf ein Riff 
getrieben worden. Die ganze Mannschaft konnte sich 
retten, und es gelang auch, einen großen Tell der 
Schiffsladung und des Inventars an Land zu bringen. 
Die Eingeborenen hatten Peters, wie er besonders 
errähnte, bei der Bergung in der aufopferndsten 
Weise Hilfe geleistet. Sehr zustatten kam dem Ka- 
pitän, daß ganz in der Nähe der Unglücksstelle ein 
von dem Stationschef in Käwieng angelegtes Rast- 
haus sich befand, in dem er für sich und die gebor- 
genen Waren gute Unterkunft fand. 
Gegen 2 Uhr kamen wir wieder an Bord und 
setzten dann die Reise nach Käwieng fort. Da die 
Einfahrt in das Nusafahrwasser bei Nacht nicht 
möglich ist, wurde die Fahrt so verlangsamt, daß 
wir erst am andern Morgen (Montag den 11. Juni) 
in Käwieng elntrafen. 
Ich besuchte hier ebenfalls die Station, nahm 
eine Revision des Dilenstbetriebes vor und stattete 
dann noch der Regierungspflanzung elnen Besuch ab. 
Die Pflanzung ist in einem guten Zustande, und auch 
das Aussehen der Bäume kann im großen Ganzen 
ein recht gutes genannt werden. 
Gegen 4 Uhr nachmittags verließen wir wieder 
Käwieng, um noch bei Tageslicht durch den Albatros- 
Kanal zu kommen. Die Durchfahrt ist sehr schmal, 
doch hat sie reines, tiefes Wasser und kann bei 
einlgermaßen günstiger Beleuchtung auch von größeren 
Schiffen, wie z. B. vom Kreuzer „Condor“, benutzt 
werden. Kurz nach 6 Uhr kamen wir wieder in 
die offene See, und am Dienstag, den 12. Juni, 
ankerten wir morgens 8 Uhr 50 Minuten auf der 
Reede von Herbertshöhe. 
Das Ergebnis der Reise kann ich dahin zu- 
sammenfassen, daß die Ausdehnung des Machtbereiches 
der Regierung in Neu-Mecklenburg in stetig fort- 
schreitender Entwicklung begriffen ist, und daß Stö- 
rungen des Friedens — von einigen Landschaften 
im Süden abgesehen, die nur schwer zugänglich und 
daher weniger kontrollierbar sind, — nicht zu be- 
sürchten sind. Der Stationsleiter von Käwieng hat 
daher auch schon ohne jeden Zwischenfall über 
5000 Mark der in diesem Jahre zum ersten Male 
zur Erhebung gelangenden Kopssteuer einziehen 
können. Im Namatanai-Bezirk soll mit der Ein- 
ziehung der Steuer für dieses Jahr noch zugewartet 
werden, weil der Stationsleiter die Eingeborenen 
noch dringend zu Frohnarbeiten bei wichilgen Wege- 
anlagen braucht. 
Anläßlich einer Ende Mai d. Is. ausgeführten 
Dienstreise nach der Neu-Lauenburg-Inselgruppe hat 
der stellvertretende Gouverneur auch den Ansiedler 
Engelhardt auf Kabakon besucht, der sich in einem 
schwer leidenden Zustande befand. 
682 
  
— 
Außer ihm war nur noch der Schriftsetzer 
Bethmann auf der Insel. Ein weiterer „Sonnen- 
bruder", Namens Robson, hatte die Insel bereits 
wieder verlassen. Der stellvertretende Gouverneur 
machte einen Rundgang durch die etwa 66 ha 
große Insel. Die Pflanzung sah sehr vernachlässigt 
aus, wiewohl Engelhardt etwa 20 Arbeiter hat, 
um sie instandzuhalten. Die letztjährige Ausbeute 
an Kopra betrug 22 Tonnen. Eine ergiebige Ernte 
wird die Insel, solange sie in Engelhardts Händen 
ist, niemals aufzuweisen vermögen, und es darf als 
gänzlich ausgeschlossen erachtet werden, daß je eine 
größere Anzahl Ansiedler sich von deren Erträgnissen 
wird ernähren können. Daos Gouvernement hat 
deshalb auch von Engelhardt für weitere Zuzügler 
Sicherhelt verlangt, die er zunächst in Höhe von 
1400 Mk. durch Verpföndung von Wertpapieren 
gegeben hat. Außer ihm hat bis jetzt noch keiner 
der übrigen „Sonnenbrüder“ längere Zeit auf 
Kabakon ausgehalten. Da die Leute vielmehr meist 
sofort wieder abreisen oder nach Verlust ihres letzten 
Zehrpfennigs aus Engelhardts Kosten nach Hause 
gesandt werden mußten, so empfiehlt es sich dringend, 
vor Engelhardts Unternehmen bei etwaigen Anfragen 
mit allem Nachdruck zu warnen. Es geschieht dies 
vom Gouvernement aus, sobald eine Erkundigung 
eingezogen wird, und die Kolonialabteilung mußte 
gleichfalls etwaige Interessenten auf das eindring- 
lichste auf die Aussichtslosigkeit und die schweren 
Folgen einer Ubersiedlung nach Kabakon hinweisen. 
Daß Engelhardt noch immer eine Werbetätigkeit 
entfaltet, geht daraus hervor, daß erst vor wenigen 
Wochen wieder ein Zuzug erfolgt ist; er soll auch 
in einem Buch für sein Unternehmen Propaganda 
machen. 
Bethmann will mit dem nächsteu Dampfer Neu- 
Guinea verlaossen, da er auch eingesehen hat, daß 
Engelhardts Unternehmen keine dauernde Versorgung 
bietet. 
Der neuen Negierungsschule im Schutzgebiete Deutsch- 
Neu-Guinea, 
welche sich als zwingendes Bedürfnis für die Kinder 
von Europäern, die bisher nach Sydney oder Auck- 
land in die Schule geschickt werden mußten, heraus- 
gestellt hatte, wird nach der „Neuen polltischen 
Correspondenz“ eine Schule für Farbige, verbunden 
mit Unterweisungen im Pflanzungsgeschäft und im 
Handwerk, angegliedert werden. Es ist auch be- 
absichtigt, eine Schulgemeinde ins Leben zu rufen, 
die ihrerseits das Erziehungshaus für die Waisen- 
kinder übernehmen und zu den Schullasten einen be- 
stimmten jährlichen Beitrag an den Fiskus zahlen soll. 
Keues Bezipksamt. 
Das infolge der Angliederung der Marschall- 
Inseln an die Verwaltung der Karollnen usw. in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.