Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

variiert der Grad der Belömmlichleit des Klimas 
mit der Jahreszeit und mit den Wohnplätzen. 
Samarai, die Insel Yule, Rigo, Kokoda, die Insel 
Woodlark sind verhältmnismäßig gesund, ebenso viele 
höher gelegene Orte in den Bergen. 
Es ist vorgekommen, daß Weiße während langer 
Jahre das Klima ohne jeden Nachteil ertragen 
haben. Der südliche Teil der Kolonie soll am un- 
gesundesten sein. Die Regenzeit mit nordöstlichen 
Monsunen, die das Fieber sehr begünstigt, ist die 
gefährlichste Jahreszelt für die Weißen. Sie beginnt 
im Dezember und dauert bis Ende April, wo die 
südöstlichen Passatwinde einsetzen. Man darf aber 
mit Fug annehmen, daß mit den Fortschritten der 
Kolonisation sich auch die sanitären Verhältnisse 
bessern werden. Orkane sind unbekannt. Die ein- 
geborene Bevölkerung leidet viel an häßlichen Haut- 
krankheiten, die aber nicht ernster Natur und leicht 
zu heilen sind. 
Bevölkerung. 
Die Zahl der eingeborenen Bevölkerung von 
Neu--Guinea wlrd sehr verschieden angegeben. Die 
Schätzungen vartieren zwischen 2 ½ und 5 Millionen 
Emwohnern. Für den britischen Teil der Insel 
haben Reisende die Durchschnittszahl auf 300 000 
Einwohner angegeben, andere auf 1 Million; nach 
M. Atlee Hunt ist es unmöglich, anzugeben, welche 
von beiden Schätzungen mehr der Wahrheit ent- 
spricht. Unter Bevölkerung sind hier außer den 
Eingeborenen einige Europäer und eine kleine Anzahl 
Asiaten und Ozeaniern zu verstehen. 
Die Eingeborenen weisen unter sich bedeutende 
Verschiedenheiten sowohl in geistiger als auch in 
körperlicher Beziehung auf. Der Unterschied zwischen 
einem Eingeborenen aus dem Osten, einem aus Port- 
Moresby und einem aus dem Westen des Landes 
ist wohl ebenso groß, wie zwischen einem Neger aus 
Westafrika und einem Malyachen. 
Der Grundstock der Bevölkerung soll nach einigen 
Forschern teils malalisch, teils popuanisch sein. Der 
Malale ist klein, von brauner Hautfarbe, mit 
schlichtem Haarwuchs und einem großen meist bart- 
losen Gesicht, er ist schüchtern, friedlich, verbirgt 
seline inneren Bewegungen. Der Papuo ist schlanker, 
und seine Farbe ist dunkler als die des Malaien; er hat 
wolliges Haar, einen volleren Bart, einen dolicho- 
cephalen Schädel. Er ist kühn, erregbar und 
aggressiv. Was alle Eingeborenen charakterisiert, 
ist ihr außerordentlicher Aberglaube und ihre Unter- 
würfigkeit gegenüber dem Einfluß der Zauberer. 
Der Aberglaube ist auch die Veranlassung zu den 
meisten blutigen Kämpfen der Stämme und der von 
den einzeinen begangenen Verbrechen. 
Es ist durchaus irrig, schreibt Atlee Hunt, die 
Eingeborenen Neu-Guineas als Wilde der schlimmsten 
Art zu bemachten. Es ist ja wahr, doß Menschen- 
fresseret früher unter ihnen in hohem Maße herrschte 
und noch, wie man glaubt, unter den Stämmen 
existlert, die außerhalb des Regierungseinflusses 
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leben. Anderseits muß man aber auch die Ständig- 
keit ihrer Niederlassungen, den ausgezeichneten Bau 
ihrer Wohnungen, ihre Geschicklichkeit im Bau kleiner 
Fahrzeuge sowie in nautischen und landwirtschaft- 
lichen Dingen, den Besitz eines gerechten gründlichen 
Gesetzes über das Grundeigentum sowie das Eigen- 
tum im allgemeinen, ihr tiefes Familiengefühl, die 
Pflege, die sie den Kranken und Greisen widmen, 
ihre Enthaltsamkeit von allen starken Getränken und 
vieles andere anerkennen. 
Die Eingeborenen Neu-Guineas sind nicht wie 
die Javas und Borneos zu großen Stämmen ver- 
elnigt, die elnem gemeinsamen Herrscher unterstehen. 
Sie sind vielmehr in Dörfern verelnigt, deren Be- 
völkerung selten 1000 Einwohner überstelgt und zu- 
weilen nur ein halbes Dutzend Menschen beträgt. 
Die Dörfer sind voneinander unabhängig, und selbst 
in einem einzigen gibt es ost mehr als ein Ober- 
haupt. 
Schon vor dem Eindringen der welßen Zivilisation 
waren die Papuas auf der Kulturstufe eines acker- 
bautreibenden Volkes. Sie bedienten sich dabei der 
Steinwerkzeuge. Zu ihrer Ernährung bauten sie 
Zuckerrohr, süße Kartoffeln, Taro und Banane. Die 
Erde lockerten sie mit spitzen Stöcken auf. Dadurch, 
daß sie andauernd denselben Grund und Boden be- 
bauten, erwuchs bel ihnen das Gefühl des Besitzes 
dieses Bodens, welches die Regierung auch stets 
achtete. In einigen Regionen bildet der Sago die 
Hauptnahrung. Die Papua ziehen Hunde und 
Schweine auf, deren Fleisch sie essen, wie auch das 
des „Walloby“ (eine Art Känguruh), ouf dos sie 
Jagd machen. Sie rauchen Tabak und kauen Betel. 
Trotz des heißen Klimas haben sie stets nur reines 
Wasser als Getränk benutzt. 
Dos System des Tauschhandels ist bei ihnen 
alt. Seit undenklichen Zeiten bilden sich Gruppen 
in den Dörfern zum Zweck von Handelsexpeditionen, 
die verschiedene Spezialltäten haben. So kommen, 
wenn die Zeit dazu günstig ist, die Einwohner der 
benachbarten Inseln Kiwai und von Wabada, um 
Pirogen an den Ufern der Flüsse Fly und Bamu 
zu kaufen. Sie bezahlen mit gewissen Muscheln, 
Hundezähnen und anderen Schmuckgegenständen für 
Eingeborene, auch mit Hacken, Messern, Beinkleidern, 
Hemden, Kalikots und anderen von den Weißen ein- 
geführten Waren. Eme solche Expedition dauert 
oft mehrere Wochen und ist von großen Festlichkeiten 
begleitet. 
Der „Lakatol“ ist eine Art schwimmenden 
Pontons, das ungefähr 20 bis 40 Menschen trogen 
kann, und durch zusammengesügte Pirogen gebildet 
wird. Es ist mit zwei großen Masten versehen, 
deren jeder ein Mattensegel von bizarrer Form 
trägt. Der Stamm Motn, der schlechtes Land in 
der Umgegend von Port-Moresby bewohnt, rüstet 
alle Jahre eine Flottille von „Lakatois“ aus; er be- 
ladet dieselbe mit aus Erde gebrannten Töpfen 
eigener Fabrikation, Töpfe, deren sich die Papuaner
	        
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