Im Notizblatt des Botanischen Gartens und
Museums in Berlin 1906, S. 37, bringt, wie
erwähnt, Dr. Fendler-Berlin eingehendere Aus-
führungen über chemische Untersuchungen, die er mit
dem Milchsaft des Butterbaumes vorgenommen hat.
Das Materlal dazu war dem Direktor des Bota-
nischen Gartens durch Dr. Kersting in Togo zu-
gegangen. -
Die Analyse ergab, daß der Prozentsatz an
Kohlenwasserstoff annähernd gleich dem der echten
Gummi= und Guttaperchabäume ist.
Im übrigen wies die Untersuchung wenig Ana-
loges mit der Zusammensetzung des Milchsaftes des
echten Gummi= und Guttaperchabaumes auf. Jedoch
war es bei den Berliner Versuchen auffallend, daß
das zur Verfügung stehende Material teils mit
großer Schnelligkeit aus dem harten spröden Zustand
in einen weichen überging, teils bei Erwärmung
sehr schnell das Aussehen von Kautschuk annahm.
Dr. Fendler hält es infolgedessen für möglich, daß
das ihm übersandte Material von zwei verschiedenen
Arten des Butterbaumes herrührt, oder aber, daß
es sich um eine Verschiedenheit der Polymerisation
des Materials handele. Dr. Fendler kommt schließlich
auf Grund seiner Analysen zu dem Resultat, daß
bezüglich seiner Ausnutzung zur Gummigewinnung
der Butterbaum hinter den anderen Gummi= und
Guttaperchapflanzen zurücksteht.
Dr. Fendler hebt jedoch gleichzeitig hervor, daß
diese von ihm gefundenen negativen Resultate noch
kelneswegs als endgültige, über den Wert des
Butterbaumes als gummihaltige Pflanze entscheidende
bezeichnet werden können. Es empfehle sich im
Gegenteil, die botanischen und chemischen Studien
über diesen Gegenstand eifrig fortzusetzen. Vor allen
Dingen müßte man suchen, darüber Klarheit zu
erhalten, ob es zwei Arten des Butterbaumes gibt.
Von verschiedenen Botanikern ist diese Frage schon
bejaht worden, und eine dahingehende Meinung macht
sich neuerdings wieder bemerkbar. Träfe dies zu,
so wären genau die wesentlichen Unterschiede in der
Gattung der beiden Bäume festzustellen, denn letztere
ist nach den Ausführungen Ackermanns allein maß-
gebend für den Wert des Baumes als Gummipflanze.
Es wäre wünschenswert, auch bezüglich der
Gummigewinnung recht bald zu einem abschließenden
Urteil über diese so wichtige Nutzpflanze der Tropen
zu gelangen.
(Quinzaive Coloniale.)
Über Guayvule-Rautschur
berichtet Dr. Endlich, Mexiko, daß er, entgegen
den Veröffentlichungen in der mexikanischen und
amerikanischen Presse, das Vorkommen des Guayule-
gestrüpps in Mexiko auf etwa 75.000 qkm schätzt, von
denen etwa der zehnte Teil mit diesem Gestrüpp
722
bestanden sein mag. Bei der Annahme eines
mittleren Ertrages von ½ Tonne pro Hektar und
bei einer durchschnittlichen Ausbeute von 7 bis
10 v. H. an Kautschuk könnte das Guayulegebiet
Mexikos etwa 26 000 bis 37 000 Tonnen Guayule-
Kautschuk liefern.
Bei der Gewinnung von Kautschuk aus den
natürlichen wllden Beständen handelt es sich um
Raubbau wie in den Wäldern Zentral= und Süd-
amerlkas und Afrikas. Nach Verlauf von mehreren
Jahren müßte die Produktion von Guayule-Kautschuk
aufhören, wenn nicht für Ersotz der wilden Bestände
durch Anpflanzungen gesorgt wird. Bel Anlage von
Guayulepflanzungen würde es sich um eine forst-
mäßige Kultur handeln, ähnlich wie bei Gerber-
akazien.
Bis jetzt verfügt man in Mexiko über keine
Erfahrungen bezüglich der Zeit, die verstreichen muß,
bis eine aus den Stümpfen nachgewachsene Guayule-
pflanze von neuem abgeerntet werden kann. Nach
Ansicht vou einigen Interessenten in Mexiko sind
hierzu 8 bis 10 Jahre erforderlich, andere sprechen
gar von 12 bis 15 Jahren. Es ist aber nicht
ausgeschlossen, daß bei für die Pflanze günstigen
Bedingungen man schon nach 6 Jahren mit der
Ernte beginnen kann, sowohl belm Nachwuchs wie
auch bei einer Neukultur. Die Guayulepflanze läßt
ich anscheinend durch Samen leicht vermehren. Er-
fahrungen liegen darüber noch nicht vor, da bis
ezt noch keine Guayulepflanzungen angelegt wurden.
Auf die leichte Vermehrung der Pflanze durch
Samen kann man ober aus dem Umstande schließen,
daß um ältere Bäumchen stets zahlreiche jüngere zu
finden sind.
Die wilden Bestände von Guayule in Mexiko
dürften zwar nach erfolgter Aberntung nach einer
Reihe von Jahren von neuem Kautschuk liefern.
Da aber in diesen Beständen die einzelnen Bäumchen
nicht gedrängt wie auf einer Pflanzung vorkommen,
sondern sehr dünn gesät find, so werden die Ge-
winnungskosten des Kautschuks von wilden Beständen
bedeutend höhere sein, als in regelrecht angelegten
Pflanzungen. Nach meiner Berechnung gehören zur
Speisung einer Guayulefabrik, die täglich nur eme
Tonne Kautschuk liefert, 6000 bis 8500 ha wilde
Bestände. Bei der Annahme, daß der Nachwuchs
nach 10 Jahren abgeerntet werden kann, müßte eine
solche Fabrikanlage zu dauerndem Betriebe über eine
Fläche von 60 000 bis 85 000 ha Guayule-
Ländereien verfügen. Die Transportkosten der zu
verarbeitenden Holzmassen wären selbst bei Anlage
von Kleinbahnen noch sehr bedeutend, geschweige der
Schwierigkeit, für jede Fabrik solche Riesenfläche zu
reservieren. Zur Gewinnung der gleichen Menge
von Kautschuk in Pflanzungen genügen aber im
Jahre 900 bis 1250 ha, oder bel einem zehnjährigen
Turnus in der Aberntung 9000 bis 12 500 ba
Land. Die Vorzüge der künstlichen Anpflanzungen
vor den natürlichen Beständen sind einleuchtend.