waren-Marktes in den Vereinigten Staaten inter-
essanter und eigenartiger als in vielen früheren
Jahren. Die Preise aller Sorten von Baum-
wollenwaren standen außergewöhnlich hoch, höher
selbst als zu Zeiten der größten Spekulations=
manöver im Rohbaumwollenhandel und höher
als je seit dem Bürgerkriege. Die Spinnereien
und Webereien erfreuten sich einer noch nicht da-
gewesenen Gunst der Geschäftslage. Trot erhöhter
Löhne und des außerordentlich hohen Baumwoll-
preises zahlten sie hohe Dividenden, erzielen sie
große Überschüsse und werden ihre Aktien zu sehr
hohen Kursen verkauft. Alle Fabriken haben ihre
Produktion für so lange Zeit im voraus vergeben,
daß sie Preise und Lieferungsfristen unabhängig
vom Käufer bestimmen können; sofort lieferbare
Warec ist fast zu keinem Preise erhältlich.
Die Unruhe und Ungewißheit in Finanzkreisen,
die Lage des Geldmarktes und kleinere Arbeiter-
nuruhen erzeugten indessen eine unbestimmte, aber
doch zunehmende Neigung zur Zurückhaltung in
Kreisen der Fabrikanten sowohl als der Groß-
und Zwischenhändler. Die hierauf beruhende Ab-
neigung gegen den Einkauf größerer Mengen,
als man gerade dringend benötigt oder schnell
abzusetzen gedenkt, trägt weiter zur Verwicklung
der allgemeinen Geschäftslage für Baumwollen=
waren bei.
Berschiedentlich wurde es augenscheinlich und
auch offen festgestellt, daß die Großzwischenhändler
in letzter Zeit mit den Produzenten in der Steige-
rung der Preise nicht Schritt hielten, sondern den
Kleinhändlern ihren Gewinn aus den großen Ein-
käufen während der verschiedenen Perioden der
Preissteigerung zum Teil hatten zugute kommen
lassen; und diese Preispolitik ist bereits bis zu
einem gefährlichen Punkte gediehen. Die Fa-
briken sind nunmehr mit den Lieferungen ohne
Aussicht auf baldige Erleichterung der Arbeitslast
im Rückstande, und die Zwischenhändler bekommen
die Waren nur mit großen Verzögerungen, wes-
halb letztere fürchten, im Falle neuer wesentlicher
Preissteigerungen der Fabriken, ihre Preissätze
auf einmal derartig erhöhen zu müssen, daß die
Absatzmöglichkeit der Waren eine ernstliche Be-
schränkung erfährt. Viele Warensorten werden
jetzt nur at value, das heißt zu dem am
ieferungstage geltenden Tagespreise verkauft.
Daß früher oder später Preiserhöhungen eintreten
müßten, erschien sicher, aber noch waren die Fa-
brikanten mit ihrem Verdienst zufrieden, und sie
waren nicht geneigt, den Verkauf ihrer Waren zu
beschleunigen, sondern sie wollten gern warten,
bis sie genau übersehen könnten, welchen Preis
sie für die Baumwolle der neuen Ernte anlegen
müßten. Die bisherigen Anzeichen ließen darauf
rechnen, daß bei der diesjährigen Ernte die
Baumwolle kurzstapeliger ausfallen würde als seit
verschiedenen Jahren, und deshalb wurden für
gut zum Verspinnen geeignete Ware die Preise
auf 13,25 Cents für das Pfund middling upland
in New Vork hochgehalten.
Die Ungewißheit über den künftigen Baum-
wollpreis und die für lange Zeit im voraus ge-
sicherte Beschäftigung der Fabriken hatte die
bemerkenswerte Erscheinung zur Folge, daß ver-
schiedene Fabrikanten sich weigerten, weitere Be-
stellungen vorläufig anzunehmen. Die Webereien
haben zum Teil mit Rücksicht auf die im Laufe
des Jahres eingetretenen erheblichen Akkordlohn=
erhöhungen die pro-Kopf-Produktion ihrer Anlagen
herabgesetzt, was die Schwierigkeit der zeitigen
Erfüllung vorliegender Aufträge noch erhöht und
ein Grund mehr ist, weitere Bestellungen vor-
läufig zurückzuweisen.
Gebleichte Baumwollenzeuge spielten bei der
Versteifung des Marktes eine wichtige Rolle;
weitere Preisaufschläge hierfür wurden in der
zweiten Augusthälfte zu verschiedenen Malen an-
gekündigt und wieder verschoben; man erwartete
aber, daß für diese Ware die erste neue Preis-
erhöhung eintreten würde. Die Vorräte sind sehr
klein, die Webereien haben für lange Zeit im
voraus verkauft, und Lieferungen sind selbst auf
Grund alter Abschlüsse schwer zu erhalten. Die
Händler zeigten wenig Neigung, neue Käufe bei
den hohen Preisen, die seit 1. August um ¼ bis
½ Cent für 1 ard hinaufgingen, abzuschließen.
— Der Preis für Zeuge zum Bedrucken war mit
5¼ Cents für Normalware sehr fest, und er war
nur nominell, da Ware nicht zur Verfügung stand
und höchstens in ganz kleinen Posten von zweiter
Hand zu kanfen war. Einige Verkäufe für die
Zeit nach dem 1. Januar 1908 kamen vor; für
den Rest des laufenden Jahres hatten die We-
bereien ihr Produkt völlig verkauft. Die Fabriken
im Osten weigerten sich überhaupt, Bestellungen,
auch mit Lieferfrist im nächsten Jahr, anzu-
nehmen.
Die Marktlage für bedruckte Kattune war
äußerst fest und wurde weiter verstärkt durch die
Arbeitseinstellung verschiedener der bedentendsten
Druckereien wegen des Mangels an Rohzeugen.
Alle Rabatte wurden abgeschafft und ein weiterer
Preisaufschlag wurde bald erwartet. Kein Drucker
drängte sich nach Verkäufen, da alle mit ihren
Lieferungen im Rückstand und mit Aufträgen für
lange Zeit versorgt waren.
Die Gingham-Webereien waren noch nicht
imstande, die von den Zwischenhändlern bei der
letzten Geschäftshochflut gekauften Mengen zu
liefern und hielten sich infolgedessen von neuen
Geschäftsabschlüssen zurück; anscheinend warten sie
auf ein weiteres Vorgehen der tonangebenden