Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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In seinem persönlichen Verhältnis zu den 
übrigen Eingeborenen Südafrikas nimmt der 
Buschmann die tiefste Stelle ein. Die Busch- 
männer sind wohl von allen südafrikanischen 
Menschenrassen dem Hottentotten am ältesten 
verbunden. Aber wann und wie sie seine Sklaven 
wurden, wissen wir nicht. Sie werden mit Ver- 
achtung und äußerster Strenge behandelt. Vieh- 
diebstahl, den sie, als besitzlos, nicht mit Eigen- 
tumsstrafen büßen können, verwirkt meist den 
Tod. Das nomadisierende Jägerleben der kläg- 
lichen Buschmannsreste im Namaland läßt einen 
Anschluß ihrer Familien an die ihrer Herren meist 
nicht zu und läßt das Abhängigkeitsverhältnis 
lockerer erscheinen, als man gewöhnlich mit dem 
Begriff des Sklaventums verbindet. Es ist 
weniger auf Zwang begründet als auf freiwilliger 
Unterordnung des Schwächeren, in der Erwartung 
kleiner Vorteile im Lebensunterhalt, wenn auch 
mit dem Bewußtsein völliger Rechtlosigkeit im 
Hintergrunde. 
Enger sind die Bergdamara oder „Klipp- 
kaffern“ der Hottentottenfamilie angegliedert. 
Auf den rätselhaften Ursprung und die ethno- 
logischen Merkmale dieser tiefschwarzen, gedrun- 
genen, mittelgroßen Menschen gehen wir ebenso- 
wenig wie auf die der Buschmänner ein; auch 
hier interessiert uns nur die Stellungnahme der 
Hottentotten. Die erste Berührung der Hotten- 
totten mit den Bergdamara reicht über die Zeit 
zurück, aus der uns geschichtliche Daten überliefert 
sind. Denn schon Pieter Brand, der Begleiter 
des entdeckungsfreudigen Willem van Reenen, 
der im September 1791 eine Expedition in das 
Groß-Namaland führte, fand bei den Bergdamara 
die Sprache der Hottentotten im Gebrauch; die 
eigene Muttersprache schien damals schon wie 
heute vergessen gewesen zu sein. Obwohl die 
Bergdamara unter deutscher Schutzherrschaft ihre 
Freiheit erhalten haben und wie vom Joch der 
Herero, so auch von dem der Hottentotten befreit 
sind, sind sie doch bei den letzteren, wie die Busch- 
männer, vielfach in freiwilliger Abhängigkeit als 
Hausgesinde geblieben. Obwohl allgemein als 
gutartig und anleitsam bekannt und dement- 
sprechend vom Weißen geschätzt, ist dem Berg- 
damara der geringschätzige Name, den seine 
Unterdrücker ihm gegeben haben, doch geblieben. 
Der Hottentott neunt die Bergdamara „Sch. 
kaffern“, ich hörte auch, wie sie als „Mistmenschen“ 
bezeichnet wurden. 
Von den Stämmen, die man auf Grund 
ihres gemeinsamen Sprachbaues als Bantu zu- 
sammenfaßt, können wir die Ovambo und die 
Betschuanen, als nur gelegentlich mit den Hotten- 
totten in Berührung gekommen, übergehen. Nur 
mit einem Bantustamm haben die Hottentotten 
  
in Jahrhunderte alter Feindschaft ihre Kräfte ge- 
messen, mit den Ovaherero, die vor etwa hundert 
Jahren von Nordosten in die Länder südlich des 
Kunene eindrangen. Vom Hottentottenstamm der 
„Roten Nation“ und dem Anhang Jonker 
Afrikaaners wurde um die Mitte des vorigen 
Jahrhunderts die Macht der andrängenden 
Herero gebrochen. Von Anfang der sechziger 
Jahre ab wandte sich aber das Blatt, und nach 
blutigen Kämpfen unterlagen die Hottentotten 
endgültig. Zu einem Abhängigkeitsverhältnis der 
Sieger und Besiegten, ähnlich dem der Hotten- 
totten und Bergdamara, ist es nicht gekommen. 
Der reiche Viehbesitz, um den sich die ganzen 
Kämpfe drehten, hat dem Herero den Namen 
„Rinderkaffer“ gegeben. Eine andere spöttische 
Bezeichnung für die Herero ist „die Menschen- 
kinder mit Fellschuhen, die sich nicht umsehen: 
Der verschlagene Hottentott, der nie einen Platz 
verlassen wird, ohne zurückzusehen, um sich zu 
orientieren, was hinter seinem Rücken vorgeht, 
gibt der Achtlosigkeit seines Gegners mit diesem 
Spitznamen Ausdruck. 
  
Die erste Berührung der Hottentotten 
mit dem weißen Mann fällt in das Ende des 
15. Jahrhunderts, in die Glanzzeit der Portu- 
giesen. Neugierde und Wissensdurst auf der 
einen, Furcht auf der anderen Seite waren die 
begreiflicherweise vorherrschenden Empfindungen 
bei der ersten Begegnung. So mußten Vasco 
da Gamas Leute die Eingeborenen, die sie im 
November 1497 am Fuße eines Hügels in der 
St. Helenabai entdeckten, umzingeln und wie ein 
Stück Wild einfangen, um überhaupt mit ihnen 
Fühlung zu gewinnen. Die gute Behandlung 
des einen glücklich Gegriffenen und reich beschenkt 
wieder Entlassenen lockte andere seines Stammes 
zäum Schiff; auch sie kamen auf ihre Rechnung, 
und so war man beiderseits im besten Ein- 
vernehmen. 
Mißtrauen, in der Unmöglichkeit begründet, 
sich ausreichend zu verständigen, zerriß bald das 
eben geknüpfte Band. Der Soldat Fernäo Veloso 
war auf dem Weg, die Eingeborenen zu ihrem 
Dorfe zu begleiten, als er Verdacht an ihrer 
rechtlichen Gesinnung schöpfte und eilig zum Schiff 
sich zurückwandte. Die Hottentotten folgten ihm 
— wie es schien, nicht in feindlicher Absicht, denn 
es wäre ihnen leicht gewesen, ihn niederzumachen; 
die Mannschaft an Bord wurde mobil gemacht, 
Bewaffnete an Land gesetzt, und mit blutigen 
Köpfen trennten sich die Parteien, ohne offenbar 
zu wissen, was denn der Grund des ganzen Auf- 
tritts gewesen war. Mißtrauen scheint auch die 
Ursache einer Plänkelei gewesen zu sein, die um 
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