Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

W 1123 20 
Das neue Schulgesetz für Transvaal. 
Die Transvaal Government Gazette vom 
26. August d. Is. veröffentlicht ein neues 
Schulgesetz für Transvaal, das nach einem 
Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Johannes- 
burg dort allgemein sehr günstig ausgenommen 
worden ist und den ungeteilten Beifall des Par- 
laments gefunden hat. Die Grundzüge des Ge- 
setzes sind kurz: Obligatorischer Schulunterricht 
für alle weißen Kinder der Kolonie, Erziehung 
auf christlicher Grundlage ohne Anlehnung an 
irgend eine Konfession. Unterricht bis zur dritten 
Klasse in der Muttersprache des Kindes, von der 
4. Klasse an in Englisch. Freier Unterricht in 
den Volksschulen. Ausschluß der eingeborenen 
Kinder vom Besuche der in dem Gesetze für 
weiße Kinder vorgesehenen Regierungsschulen. 
Das Gesetz ist zusammengesetzt aus 12 Ka- 
piteln mit im ganzen 91 Paragraphen. 
Die ersten beiden Kapitel geben einen Über— 
blick über die Behörden, denen die Schulen in 
Transvaal unterstellt werden, und bezeichnen 
deren Wirkungskreis. Danach wird das gesamte 
Unterrichtswesen von dem unter Leitung des 
Director of Education stehenden Educational 
Department überwacht. Daneben soll ein Coun- 
cil of Education bestehen, dessen Funktionen ledig- 
lich beratender Natur sind. 
Kapitel 3 bis 5 geben die verschiedenen 
Arten von öffentlichen Schulen an, für deren 
Einrichtung und Erhaltung die Regierung Sorge 
tragen will. Die Schulen werden im allgemeinen 
eingeteilt in Primary Schools (das sind etwa 
unsere Volksschulen), in Secundary Schools (das 
sind Schulen, die zu höheren Berufen vorbereiten) 
und in Schulen für Eingeborene. Als Fort- 
setzung der Secundary Schools sollen Fort- 
bildungsschulen oder -Klassen allgemeiner oder 
besonderer Art, je nach Bedarf vom Minister 
eingerichtet werden dürfen. Der Schulzwang soll 
für jedes weiße Kind mit der Vollendung des 
siebenten Lebensjahres beginnen und bis zur 
Vollendung des vierzehnten Lebensjahres fort- 
bestehen. Gewisse Ausnahmen sind zugelassen, 
insbesondere auch für solche Kinder, welche mehr 
als drei englische Meilen vom Schulort entfernt 
wohnen. Eltern oder Prinzipale, die ihrer Pflicht, 
die Kinder zum Schulbesuch anznhalten, nicht 
nachkommen, werden mit Geld= und Freiheits- 
strafen bedroht. 
Kapitel 6 enthält nähere Bestimmungen über 
die Unterrichtsfächer. Kenntnisse und Fortschritte 
in der englischen Sprache sollen Bedingung der 
Beförderung in höhere Klassen bei den öffent- 
lichen Schulen sein. In diesen Schulen soll auch 
für den Unterricht im Holländischen Vorsorge ge- 
troffen werden, doch soll die Festsetzung des Be- 
  
ginns des holländischen Unterrichts bei Kindern, 
die es nicht als Muttersprache sprechen, dem 
Direktor des Educational Department vorbehalten 
bleiben. In ähnlicher Weise, wie für die hol- 
ländischen, ist für diejenigen Kinder Vorsorge ge- 
troffen, deren Muttersprache weder Englisch noch 
Holländisch ist. 
Nach Kapitel 7 beginnt jeder Schultag mit 
Gebet und Lesen einer Bibelstelle, sodann folgt 
in der ersten halben Stunde täglich Unterricht in 
der Biblischen Geschichte, doch sind im Fall der 
Anwesenheit von Kindern nichtchristlicher Eltern 
Ausnahmen vorgesehen. Besondere Dogmen ein- 
zelner Konfessionen usw. dürfen in den öffent- 
lichen Schulen nicht gelehrt, auch darf der Unter- 
richt in Biblischer Geschichte nur von den ordent- 
lichen Lehrern der Schulen erteilt werden. 
Kapitel 8 gibt besondere Ordnungsvorschriften 
für Privatschulen und unterwirft sie bis zu 
einem gewissen Grade dem Educational Depart- 
ment. Bei letzterer Behörde sind alle Privat= 
schulen anzumelden und zu registrieren, sie haben 
periodisch über die angestellten Lehrer und den 
Schulbesuch der Kinder eingehende Berichte zu 
erstatten. Ferner unterliegen die Privatschulen 
zeitweisen Visitationen des Direktors des Edu- 
cational Department oder der von ihm beauf- 
tragten Inspektoren und können bei vorhandenen 
Mißständen von dem Direktor zu bestimmten 
Maßnahmen hinsichtlich des Schulbetriebs ge- 
zwungen, eventuell auch ganz geschlossen werden. 
Für Ubertretungsfälle sind strenge Strafen vor- 
gesehen. 
Kapitel 9 sieht eine Mitwirkung der Be- 
wohner eines jeden Schuldistrikts bei Uberwachung 
der darin bestehenden Schulen vor. Zu diesem 
Zwecke soll in jedem der 26 Schuldistrikte ein 
sogenanuter Schoolboard errichtet werden, der 
je nach der Bestimmung des Gouverneurs aus 
6, 9 oder 12 Mitgliedern besteht. Von den 
Mitgliedern soll ein Drittel vom Minister ernannt 
werden, der Rest aber aus allgemeinen Wahlen 
hervorgehen. Der Aufsicht der Schoolboards 
sollen nur die öffentlichen Schulen und auch diese 
nur insoweit unterstehen, als sie nicht vom Gesetz 
selbst oder durch Verfügungen des Gouverneurs 
ausgenommen sind. 
Als besondere Obliegenheiten der School- 
boards werden im Gesetz ihre Mitwirkung bei 
der Ausstattung der Schulen sowie bei der Er- 
haltung der Schulgebäude und Inventarien auf- 
geführt. Auch wird ihnen die Rolle einer 
Zwischeninstanz zwischen den Schulkomitees und 
dem Educational Department bei Eingaben der 
Schulen an letztere Behörde zugewiesen. 
Die neben den Boards bestehenden, ihnen 
gewissermaßen unterstellten Schulkomitees sind
	        
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